Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Nach dem Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Farris Smith
Vom Netzwerk:
Nacht heulte etwas, lang anhaltend und nervtötend, als wäre es ein letztes Lebenszeichen.
    Er legte wieder an und schaute durchs Zielrohr. Jetzt war jemand bei Aggie, kniete vor ihm und bewegte die Arme hin und her. Es konnte nur Ava sein, die mit einem Messer die Fesseln durchschnitt. Miststück, murmelte Cohen vor sich hin und beruhigte sich wieder. Ein Arm war bereits frei, und nun bewegte sie sich zur anderen Seite, und Cohen hatte keine Zeit mehr, länger darüber nachzudenken. Er schoss, und Ava prallte zurück, wurde nach hinten geschleudert und fiel über Aggies Beine. Aggie streckte die Hand nach dem Messer aus, das ihr entfallen war, aber er fing nicht an, die Fesseln durchzuschneiden, er behielt das Messer nur in der Hand. Er schaute zu Cohen herüber, und es war schwer zu sagen, aber es sah so aus, als ob er lächelte.
    Cohen schoss erneut, und Aggie zuckte, als hätte er einen schweren Stromschlag erhalten. Cohen schoss wieder, und einige Sekunden später war Aggie ganz ruhig.
    Die anderen kamen aus den Wohnwagen und versammelten sich, während Cohen aus der Dunkelheit auf sie zuging. Angeekelt warf er die Waffe zu Boden. Sie brauchten nicht lange, um herauszufinden, was passiert war. Der Regen peitschte gegen ihre Gesichter, und sie hoben schützend die Hände vor die Augen und schauten Cohen an. Dann forderte Nadine sie auf, loszugehen, um nachzusehen, was passiert war.
    »Du bleibst hier«, sagte Evan zu Brisco.
    »Warum?«
    »Geh da rüber, und setz dich hin.«
    Evan, Nadine und Kris gingen zu Aggie. Mariposa hob das Gewehr auf, ging zu Cohens Trailer und legte es hinein.
    »Ich werde nass«, sagte Brisco und rannte zurück in seinen Wohnwagen.
    Mariposa trat zu Cohen, der den Kopf hängen ließ.
    »Willst du es dir nicht ansehen?«, fragte er, ohne sie anzusehen.
    »Ist er tot?«, fragte sie.
    »Er und sie. Sie wollte ihn losbinden.«
    »Ava?«
    Er nickte.
    Sie hörte, wie Nadine und Kris aufschrien, als sie Aggies Leiche gefunden hatten. Und dann, als sie die tote Ava angesehen hatten. Du verdammte Lügnerin, schrie Nadine die tote Frau an. Ihre Stimme überschlug sich vor Zorn. Cohen stand auf und ging zu ihnen. Kris und Nadine traten mit den Füßen gegen die leblosen Körper und schrien: Scheißkerle, fahrt zur Hölle. Die Leichen nahmen die Tritte gleichmütig hin wie alte Matratzen und lagen schwer und unbeweglich auf dem nassen Boden. Die Stimmen der Frauen waren hasserfüllt, klangen geradezu feierlich und wurden vom Wind übers Land getragen. Evan stand einfach nur da. Kris mit ihrem runden Bauch und den kurzen Beinen trat nur schwach zu, aber Nadine holte weit aus und zertrat mit ihren schweren Stiefeln Rippen und Wangenknochen. Cohen blieb ein Stück weit entfernt im Dunkeln stehen und verschränkte die Arme. Mariposa tauchte lautlos hinter ihm auf, legte einen Arm um seinen, und als er sich zu ihr umdrehte, zog sie ihn an sich und küsste ihn auf den Mund. Sie drückte ihre Hand gegen seinen nassen Bart, und er ließ sich gehen, beugte sich zu ihr und spürte ihren feuchten Mund und ihre nasse Nase. Die Frauen traten gegen die Leichen, tanzten und schrien und fluchten, und Cohen ließ sich gehen.
    Aber nur für einen kurzen Moment. Dann zog er sich, so schnell, wie er sich ihr genähert hatte, wieder zurück. Er starrte sie an, aber es war viel zu dunkel, um in den Gesichtern zu lesen. Sie ließ ihn los. Fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Dann drehte sie sich um, ging zu den Leichen und trat wie Nadine und Kris auf sie ein.
    »Los, komm, Evan. Worauf wartest du?«, sagte Nadine. Sie beugte sich vor und stützte die Hände auf den Knien ab, um wieder zu Atem zu kommen.
    »Er ist doch schon tot«, sagte Evan.
    »Und hätte was viel Schlimmeres verdient«, sagte Nadine und trat erneut zu.
    »Sie hat versucht, ihn loszubinden. Falls das jemanden interessiert«, sagte Cohen.
    Kris stemmte die Hände in die Hüften und war völlig außer Atem. Sie trat zurück und überließ Nadine und Mariposa ihren Platz. Evan fasste sie am Arm und sagte, sie solle sich beruhigen, bevor sie noch aufplatzt.
    Aber sie richtete sich auf und sagte: »Mit mir ist alles in Ordnung.«
    »Ja, genau«, rief Nadine ihr zu. »Los, komm her und mach weiter.«
    Kris gesellte sich wieder zu den anderen und trat und trat. Nadine stampfte mit ihren Absätzen auf Aggies Kopf. Mariposa war völlig erschöpft und zog sich zurück.
    Evan ging schweigend zum Feuer zurück.
    Irgendwas zerbrach knackend unter Nadines Absatz,

Weitere Kostenlose Bücher