Nach der Hölle links (German Edition)
inzwischen eingestellt hatte. »Na du? Hast du dich beruhigt?« Er streckte ihm die offene Hand hin. »Einmal schnüffeln gefällig?«
Der Kuvasz schien zwiegespalten, und Andreas biss sich auf die Lippen, um ihm nicht fester ins Halsband zu greifen. Dann glitt in schwachen Bewegungen eine weiße Rute über das Gras, und er atmete erleichtert auf. Nicht, dass Triton sich entspannt hätte, aber er machte zumindest nicht mehr den Eindruck, als wolle er Sascha anfallen. Mutig geworden ließ Andreas das Halsband los.
Triton streckte sich und roch prüfend an der angebotenen Hand. Sein Schwanz peitschte etwas schneller. Er sah zu Andreas auf, der ihm zunickte: »Lauf.«
Die Rute des Hundes blieb in Bewegung, als er Sascha umrundete und dessen Hosenbeine in Augen- oder viel mehr Nasenschein nahm. Als er sich anschließend demonstrativ an Andreas’ Seite stellte, war das Eis nicht gebrochen, aber er hatte Sascha fürs Erste akzeptiert.
»Herzlichen Glückwunsch«, lächelte Andreas schwach. Fragend sah Sascha ihn an. »Für Tritons Verhältnisse war das eine ausgesprochen freundliche Begrüßung. Da habe ich ihn schon ganz anders erlebt.«
»Er spürt halt, dass ich dir nicht schaden will«, sagte Sascha viel zu ernst für Andreas’ Geschmack. Er merkte es offenbar selbst, denn er wechselte schnell die Spur: »Gehört er dir?«
Die Frage kam Andreas unsinnig vor. Sascha war doch bei ihm gewesen. Aber er ahnte, dass hinter der Frage das Bemühen stand, ein Gespräch in Gang zu halten: »Nein. Er ist einer der Bewohner des Tierheims. Kategorie: hoffnungsloser Fall.«
»Verstehe«, nickte Sascha und warf Triton einen langen Blick zu, bevor er trocken fragte: »Weiß er auch, dass er dir nicht gehört?«
Andreas musste lachen. »Sagen wir, er hat seinen eigenen Kopf. Ich kümmere mich meistens um ihn. Unter anderen Umständen hätte ich ihn längst zu mir geholt.«
Sascha fragte nicht nach den besagten Umständen. Stattdessen rieb er sich eine Spur zu geschäftig die Hände. »Können wir los? Ich habe einen Bärenhunger.«
Ein eingerosteter Sensor in Andreas’ Innerem erwachte zum Leben. Stirnrunzelnd betrachtete er das einst so vertraute, mittlerweile deutlich männlichere Gesicht des Freundes. Eine ungesunde Blässe zeigte sich auf Saschas Wangen. War er aufgeregt? Oder ging es ihm nicht gut? Die zweite Vorstellung versetzte Andreas einen Stich, den er lieber nicht ergründen wollte.
»Gib mir fünf Minuten. Ich treffe dich am Haupteingang.«
Als sie nicht viel später einmal mehr im Wagen von Tanja saßen, warf Sascha Andreas einen entschuldigenden Blick zu. »Ist es für dich okay, wenn wir nur eine Kleinigkeit auf die Hand holen und uns irgendwo in die Sonne setzen? Mir ist heute Morgen etwas dazwischen kommen. Ich habe nicht so wahnsinnig viel Zeit.«
Andreas war damit mehr als einverstanden. Draußen zu essen war für ihn deutlich entspannter, als an einem Tisch im Restaurant zu sitzen. Von sich aus hätte er diese Alternative im Sinne der Therapie nicht vorgeschlagen. Aber da Sascha den Vorschlag anbrachte, war es in Ordnung, darauf einzugehen.
Neugierig wollte er fragen, was vorgefallen war, verbiss es sich jedoch, als ihm bewusst wurde, dass es ihn nichts anging. Oder ging es ihn etwas an? Er war nicht sicher, wo die Grenzen ihrer erneuerten Bekanntschaft verliefen.
Stattdessen schlug er vor: » Burger King ?«
»Ja, gute Idee. Danach ist mir auch gerade«, seufzte Sascha und fädelte sich in den Hamburger Stadtverkehr ein.
Andreas überließ es ihm, die nächste Filiale ausfindig zu machen. Er konzentrierte sich auf sein Herzklopfen und die Frage, ob es ihn stolz machen sollte, dass er mit einem Freund zum Essen ging. Köninger war die aufrichtige Freude über ihr Freundschafts-Arrangement anzumerken gewesen, als Andreas ihm davon berichtete. Er hatte ihn gelobt und ihm versprochen, dass jeder Ausflug ins soziale Leben ihn maßgeblich weiterbringen würde. Endlich sollte er die Früchte seiner harten Arbeit ernten und ein Stück Normalität genießen.
Saschas Finger glitten in unruhigem Takt über das Lenkrad. Sein häufiger Blick zur Uhr konnte einem unhöflich vorkommen. Fast glaubte Andreas, dass Sascha gar nicht hier sein wollte. Seine Nervosität nahm zu.
Die Schlange im gut besuchten Burger King stellte Andreas vor eine kleine Herausforderung. Er überwand sie meisterlich, aber er war dankbar, als sie draußen einen freien Tisch fanden und sich unter dem ausladenden Sonnenschirm setzen
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