Nach der Hölle links (German Edition)
Hause hatte, waren nun Vergangenheit.
Trotzdem tat es weh, Nils verloren zu haben. Das ergab keinen Sinn. Aber wenn Sascha eines in seinem bisherigen Studium gelernt hatte, dann, dass Gefühle widersprüchlich sein konnten, und dass es dauerte, bis Wunden sich schlossen.
Eine spezielle Wunde in ihm wollte sich allerdings gar nicht schließen. Unabhängig davon, was er vor wenigen Minuten zu Nils gesagt hatte, spürte Sascha, dass er alles gegeben hätte, um jetzt und hier zum Telefon greifen und den Andreas von vor drei Jahren anrufen zu können. Den Jungen, der gewusst hatte, wann er schweigen musste und wann Sascha reden wollte. Dass es diesen Andreas nicht mehr gab, war schmerzhafter als die Trennung von Nils.
Kapitel 11
»Ist nicht wahr?«
»Doch, ist absolut wahr.«
»Nein.«
»Doch!«
»Oh Mann, das ist ja großartig.«
Ein breites Grinsen kroch über Andreas’ Gesicht, während er im Schneidersitz auf der Couch saß und mit mäßigem Erfolg Krabben pulte. Mandy hatte die widerborstigen Tierchen vom Fischmarkt mitgebracht und darauf bestanden, sich zusammen mit ihm darüber herzumachen. Der Krabbengeruch erinnerte ihn an den Hafen.
Es wurde Zeit, dass er sich wieder einmal einen Spaziergang an den Landungsbrücken gönnte. Der Anblick der Schiffe nährte sein Fernweh, aber auch die Bereitschaft, hart zu arbeiten, um eines Tages in See stechen zu können. Fürs Erste wollte er sich mit einem kurzen Ausflug begnügen. Vielleicht konnte er auf einer der Nordseeinseln Urlaub machen. Oder sollte er einen Sprung nach Dänemark wagen? Vielleicht sogar nach Großbritannien? Nein, nicht beim ersten Mal. Nur nicht übertreiben.
»Ich bin sowas von selig«, freute Mandy sich. »Sie hat ideale Haltungsbedingungen für ihn. Eine wunderschöne Voliere ganz für ihn allein, aber im selben Raum mit einem zweiten Käfig für ihre anderen beiden Graupapageien. Das ist perfekt für ihn.«
»Warum will sie ihn nehmen, wenn er sich offensichtlich nicht mit ihren anderen Tieren vertragen wird?«, hakte Andreas interessiert nach. Er freute sich über die guten Nachrichten. Sie hatten die Hoffnung auf Vermittlung von Sir Paul fast aufgegeben.
»Mitleid, denke ich mal«, erwiderte die Freundin zufrieden. »Außerdem hat sie sich auf Anhieb mit ihm verstanden. Er war ganz zutraulich. Und glaub mal: Die hat richtig Ahnung. Wer weiß? Vielleicht freundet er sich ja doch noch mit ihren Papageien an, wenn sie nur lange genug in einem Raum wohnen.«
Zweifelnd wiegte Andreas den Kopf. »Glaube ich kaum. Ich kenne den Dicken. Aber immerhin hat er seine Artgenossen dann auf Sicht- und Hörweite, und das ist ja auch schon mal etwas wert.«
Eine Krabbe verlor ihren Schwanz und verschwand in Mandys Mund. »Es ist immer wieder schön, wenn solche Sachen klappen. Da hast du ein Tier, bei dem du sicher bist, dass es bis zu seinem Lebensende im Tierheim bleiben wird und zack, auf einmal steht genau der richtige Mensch vor der Tür.«
»Muss auch mal sein.«
»Ja, da hast du wohl recht.«
Mandy wischte sich beinahe die Hände an ihrer Hose ab, bevor ihr einfiel, dass sie heute nicht ihre speckige Arbeitshose trug. Es war ihr freier Samstag. Eigentlich hatten sie einen Grillabend geplant, doch eine dichte Regenfront stand über Hamburg und machte einen Aufenthalt auf der Terrasse unmöglich. Andreas war froh, dass sie trotzdem gekommen war. In diesen Tagen war er nur ungern mit seinen Gedanken allein. Zu oft wanderten sie in Richtungen ab, in denen sie nichts verloren hatten. Schlimm genug, dass er nachts wirres Zeug träumte. Tagsüber wünschte er sich Ruhe hinter seiner Stirn. Was vorbei war, musste vorbei bleiben.
Mandy sprang auf und verschwand in der Küche. Kurze Zeit später tauchte sie mit einem Tuch in der Hand wieder auf. Während sie sich die Finger reinigte, warf sie Andreas einen vielsagenden Blick zu: »Wo wir gerade beim Thema sind: Da wäre noch ein Tierheimbewohner, der dankbar für ein neues Zuhause wäre.«
»Mandy …«, verbarg Andreas das Gesicht in den gar nicht sauberen Händen. »Nicht schon wieder.«
Doch die Kollegin war nicht zu bremsen: »Mal im Ernst. Ich verstehe nicht, warum du dich quer stellst. Ihr beide passt so gut zusammen. Und Triton vertraut dir.« Sie ließ sich wieder auf ihren Platz fallen. »Schau dich hier doch mal um. Du hast eine riesige Terrasse. In deinem Wohnzimmer kann man einen Tanzkurs abhalten. Der Arbeitsbereich schreit nur so danach, dass Triton sein Nickerchen zwischen den
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