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Nach der Hölle links (German Edition)

Nach der Hölle links (German Edition)

Titel: Nach der Hölle links (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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falsch an. Er wollte das alles nicht. Diesen Kontakt, den Monitor, mit seinen Eltern Essen gehen, während sie sich fragten, ob er jeden Moment die Flucht ergreifen würde. Sie verstanden so wenig und wussten nicht, wer er war.
    Trotzdem gab es etwas in ihm, das sich ihnen nach wie vor beweisen wollte. Etwas, das um ihre Anerkennung kämpfte. Wann immer Andreas seine Kinderseele in sich aufbegehren spürte, schlug er sie nieder.
    Die irrealen Erwartungen seiner Familie hatten ihn an den Punkt gebracht, an dem er heute war. Sie hatten ihn in Ketten gelegt. Das konnte und wollte er nicht vergessen. Es war schlimm genug, dass er es lange Jahre erfolgreich verdrängt hatte.
    »Ich denke, wir verabschieden uns dann«, sagte Margarete schwungvoll, aber mit grauer Miene. »Nicht, dass wir zu spät kommen und sie unsere Reservierung auflösen.«
    »Das will ich doch nicht hoffen«, polterte Richard. »Was glauben die wohl, wer wir sind? Nein nein, darum musst du dir keine Gedanken machen. Ich habe bereits mit der Geschäftsleitung gesprochen und ihnen die Veranstaltung mit den Aktionären in Aussicht gestellt. Unser Tisch wird bis zum Morgengrauen frei bleiben, wenn wir es wünschen.«
    Herr von Winterfeld war wieder ganz in seinem Element.
    Gut, dass in der Geschäftswelt alles nach deiner Pfeife tanzt, nicht wahr, Papa?, dachte Andreas still für sich.
    Jetzt, wo er selbst arbeitete – im Kleinen, aber immerhin –, wusste er besser denn je, dass der Konzern nicht seine Zukunft war. Er wollte etwas ausrichten, Dinge bewegen und daran teilhaben, wenn sie sich zum Guten wendeten. Seine berufliche Zukunft war unklar, aber er würde weder Quark noch kandierte Veilchenblätter in den Handel bringen.
    »Guten Appetit euch beiden«, nickte Andreas, fand sich höflich und zu kühl. Halbherzig fügte er hinzu: »Haltet euch von den Froschschenkeln fern.«
    Die Eltern lachten – Margarete sehr schrill, Richard dankbar. Andreas ließ sich einen Kuss auf die Wange gefallen, bevor er die beiden zur Tür geleitete. Er bedankte sich ein zweites Mal für den Monitor. Als er die Tür schloss, war er beinahe zufrieden mit seiner Reaktion. Immerhin war niemand in Tränen ausgebrochen, und sie hatten sich wie zivilisierte Menschen benommen.
    Mit hängenden Schultern kehrte er ins Wohnzimmer zurück. Fast erschrak er angesichts der Freundin auf der Couch. Vor lauter Anspannung hatte er Mandy ganz vergessen. Ob sie das Gespräch mit angehört hatte?
    Mit einem schiefen Grinsen, das nicht über den eigenartigen Ausdruck in ihren Augen hinwegtäuschen konnte, hielt sie ihm die volle Hand entgegen. »Krabbe?«
    * * *
    Das Wasser rann über den verzierten Metalllöffel und verfärbte den Absinth im Glas. Fasziniert sah Sascha zu. Das Getränk der Künstler; verboten, verrufen, wieder legalisiert. Grüner Smaragd hinter durchsichtigen Wällen.

    Oh grüne Fee, schenke mir einen Traum, trage mich weit fort von hier und lass mich in die Nacht stürzen, auf dass sie mich auf bittersüßen Schwingen in den achten Kreis der Hölle trägt. Lass mich dort liegen; ein Spielball der Verführung, grünes Blut in meinen Adern, grüner Dampf um meinen Verstand. Der Kuss der Hure riecht nach Fäulnis, um die Hand des Schnitters windet sich dein Angesicht.

    »Sascha?«, unterbrach eine Stimme seine poetische Sinnkrise. »Du sollst den Absinth trinken, nicht niederstarren.«
    Das Gelächter, das um ihn aufbrandete, war zu freudig für seinen Geschmack. Sascha war kein bisschen fröhlich, und er war nicht ansatzweise so betrunken, wie er sein wollte.
    Gute Freunde umgaben ihn. Brain und Miri und Sven und Maxi und natürlich Isa. Isa, die ihm bei den Ereignissen kurz vorm Abitur beigestanden hatte. Zu ihr war er gegangen, wenn er es nicht mehr ausgehalten hatte. Seitdem verband Isa und ihn eine enge Freundschaft. Er hatte ihr zur Seite gestanden, als ihr Bruder verunglückte und ein paar schwarze Tage lang unklar war, ob er überleben würde. Sie war bei ihm gewesen, als er vor Angst um Andreas rasend war. So etwas schweißte zusammen.
    Sie saßen in Isas Wohnung im Haus ihrer Eltern, feierten den Abend und redeten dummes Zeug. Sascha nahm kaum Anteil. Weder konnte er vergessen, dass Svenja und Nils nicht bei ihnen waren, noch fand er sein inneres Gleichgewicht. Er fühlte sich seitlastig, aus dem Takt geraten.
    Die letzten Tage waren die Hölle auf Erden gewesen. Es war fürchterlich, den Ex-Freund im Zimmer nebenan unruhig auf- und abgehen und nachts weinen zu

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