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Nach der Hölle links (German Edition)

Nach der Hölle links (German Edition)

Titel: Nach der Hölle links (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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Ereignisse der letzten 24 Stunden zu verarbeiten. Es wollte nicht gelingen, denn nun kamen die Zweifel.
    Nachts um zwei Uhr überfiel ihn der Gedanke, was Sascha damit gemeint hatte, als er behauptete, ihn gesucht zu haben. Vielleicht hätte er ihn danach fragen sollen, bevor er ihn vor die Tür setzte. Unter Umständen hätte es gut getan zu erfahren, dass Sascha sich um ihn bemüht hatte; als Freund, nicht als Partner und Gefährte. Dieses Bild passte viel eher zu dem Sascha, den Andreas zu kennen geglaubt hatte, als zu dem, der ihn von einem Tag auf den anderen verlassen hatte.
    Nein, am Ergebnis änderte sich nichts. Was vergangen war, musste vergangen bleiben.
    Was hatte Sascha behauptet? Dass die Eltern die Kontaktaufnahme verhindert hatten? Das war durchaus denkbar, aber vorbei, vergessen und irrelevant.
    Andreas fühlte sich mürbe und klein, als er rittlings auf dem Schreibtischstuhl saß und den schwarzen Monitor seines Computers anstarrte. Gewisse Dinge änderten sich nie. Dazu gehörte, dass er sich allein fühlte; allein und verloren mit den Fragen in seinem Kopf und all dem »Hätte-wäre-wenn«.
    Was, wenn Sascha und er sich nicht getrennt hätten? Wäre er dann in die Klinik gegangen? Vermutlich ja, aber deutlich später. Die Situation bei ihm zu Hause war unhaltbar gewesen. Diese stummen Mauern, die ihn umgaben und kein Echo zurückwarfen, wie laut er auch schrie.
    Das Desinteresse seiner Eltern, ihr Mangel an Zeit, der ihm wie Rasierklingen ins Fleisch schnitt. Der wachsende Wahn seiner Mutter, die sich Stück für Stück zerstörte und aggressiv wurde, wenn ihre Familie darauf reagierte. Sein Vater, der zum ersten Mal solange Andreas zurückdenken konnte, schwach wirkte.
    Vielleicht wäre er mit Sascha im Rücken einen anderen Weg gegangen. Ein Partner an seiner Seite hätte ihm unter Umständen die Psychiatrie erspart und stattdessen eine ambulante Therapie möglich gemacht. Eventuell hätte er es sogar ohne die Konfrontationstherapie in Münster geschafft. Am wichtigsten war jedoch, dass er mit einem Freund an der Seite nicht allein gekämpft, sondern sich nachts an Saschas Brust ausgeweint hätte.
    Es war eine dieser Nächte, in denen er sich wünschte, sein Leben wäre eine Festplatte, die man neu formatieren konnte. Er wollte alles auf Anfang setzen und von vorn anfangen, Dinge besser machen und sich früher wehren.
    Aber wie viel Macht hatte ein Kind? Ab wann war ein Kind alt genug, um zum Arzt oder Lehrer zu laufen und zu sagen: »Mit mir stimmt etwas nicht, und meine Eltern helfen mir nicht.«
    Lächerlich.

    Als der Morgen kam, fühlte Andreas sich zerschlagen.
    »Eine neue Woche«, erklärte er seinem frisch geduschten Spiegelbild, als er mit dem Rasierapparat hantierte und versuchte, der morgendlichen Routine zu folgen. Die Arbeitskleidung wartete auf ihn. Wenn er sich nicht irrte, war im Kühlschrank noch eine Flasche von dem Joghurtdrink, den er anstelle eines festen Frühstücks zu sich nehmen konnte. Er würde sich nicht aus der Bahn werfen lassen. Triton und seine Kollegen warteten auf ihn.
    Andreas reckte das Kinn. Er war erwachsen und hatte zu tun. Es war seine Aufgabe, sich selbst gerecht zu werden, an sich zu arbeiten und nebenbei etwas Gutes tun. Dumm nur, dass ihm ein Schauer nach dem anderen über die Schultern rann und ihn daran erinnerte, was für ein chaotisches Wochenende hinter ihm lag.
    Andreas hatte ein Konzept, auf das er sich verlassen durfte und musste. Trotzdem war ihm mulmig zumute, als er nicht viel später die Wohnungstür hinter sich zuzog. Die Stufen erschienen ihm an diesem Morgen instabil. Das Treppenhaus schnarrte und stöhnte unter seinen Schritten. Er sah es vor seinem inneren Auge bereits wie ein Kartenhaus im Orkan zusammenfallen.
    Auf seinem Grabstein würde stehen: »Ich habe immer gewusst, dass die Welt hinter meiner Haustür mich töten wird.« Kein guter Zeitpunkt für Galgenhumor.
    Seine Atmung war zu schnell, als er aus dem Haus trat. Andreas ballte die Fäuste. Nicht einmal die Unterstützung eines sonnigen Tags wurde ihm gegönnt. Er wusste nicht, warum, aber bei gutem Wetter fiel es ihm leichter, vorwärtszugehen und sich durch den Alltag zu kämpfen. War es trüb und regnerisch, kostete es ihn ungleich mehr Kraft, sich anzutreiben.
    An diesem Tag hingen grau-schwarze Wolken tief über der Stadt und kratzten sich an den Spitzen der Kirchtürme. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich die schwüle Wärme in einem Gewitter entlud. Die hohe

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