Nach dir die Sintflut
einen Blick aufs Armaturenbrett. Sie ließ die Finger an der Lenksäule hinuntergleiten, bis sie das Zündschloss fand. Sie steckte den Schlüssel hinein. Sie drehte ihn nach links, bis ihr einfiel, dass man den Schlüssel vom Körper wegdrehen sollte. Sie versuchte es ein zweites Mal, und der Motor sprang an.
Sie hatte sich den Unterschied zwischen den Symbolen »D« und »R« eingeprägt und legte erfolgreich den Rückwärtsgang ein. Sie rollte fünf Zentimeter zurück und trat auf die Bremse. Sie schälte sich aus dem Auto und wankte zum Kofferraum, um nachzusehen, ob alles in Ordnung wäre. Alles war in Ordnung. Sie ging zum Fahrersitz zurück, schlängelte sich hinters Lenkrad und rollte fünf weitere Zentimeter zurück. Sie stieg aus dem Auto, um nachzusehen, ob sie irgendetwas gerammt hätte. Hatte sie nicht. Sie klemmte sich hinters Steuer und wiederholte den Vorgang, bis sie siebzehn Minuten später unfallfrei aus der Parklücke herausgefahren war.
Aby stellte die Schaltung von »R« auf »D«, drehte das Lenkrad so weit es ging nach rechts, rollte einige Zentimeter vorwärts, stieg aus und überprüfte die vordere Stoßstange. Es war zu keiner Kollision gekommen. So verfuhr sie viele Male, und sie gewann zunehmend an Selbstvertrauen, während sie den Schildern mit der Aufschrift »Ausfahrt« folgte. Trotzdem kam sie nur langsam voran. Auf der Abwärtsrampe gab es keine Autos,
die sie hätte rammen können, deswegen legte sie hier keine Stopps ein. Auf der Ebene »P 0« gelang es ihr, die sieben Meter zum Schalter ohne Unterbrechungen zurückzulegen.
Am Schalter war Aby so konzentriert darauf, Gas- und Bremspedal nicht zu verwechseln, dass sie beinahe vergaß, ihre Kiemen zu bedecken. Dabei war das zwingend, Pabbi hatte sie immer wieder und mit Nachdruck darauf hingewiesen. Aby sah sich um, konnte aber nichts Geeignetes entdecken; so begnügte sie sich damit, sich das T-Shirt über Mund und Nase zu ziehen. An ihrer grünen Haut könnte sie ohnehin nichts ändern. Vorne links auf dem Armaturenbrett lag ein rechteckiges Stück Papier, das, so hatte Pabbi es ihr erklärt, Parkschein genannt wurde. Aby kurbelte das Fenster herunter und hielt den Parkschein nach draußen. Sie senkte den Blick, was aber nicht nötig gewesen wäre, da der Kassierer nicht einmal den Kopf hob.
Aby reichte ihm einen der Geldscheine, die sie von Pabbi bekommen hatte. Der Kassierer gab ihr andere Scheine und auch einige Münzen zurück. Vor ihr ging eine lange, dünne Latte in die Luft, und aufgeregt blinzelnd trat Aby aufs Gaspedal. Sie hatte nur fünfundsiebzig Minuten gebraucht, um aus dem Parkhaus zu kommen.
Alles, was Aberystwyth über Entwässerung wusste, hatte sie vor sechs Wochen von ihrem Vater Pabbi gelernt. Er lebte im dreizehnten Stock eines Wohnhauses in einem Stadtteil, den Aby nur selten besuchte. Eines späten Abends war Aby völlig unangekündigt zu seiner Tür geschwommen und hatte angeklopft. Sie fühlte sich in dem langen Flur nicht wohl. Sie klopfte noch einmal. Die Tür wurde so plötzlich und mit solcher Kraft aufgerissen, dass Aby sich am Türrahmen festklammern musste, um nicht mitgesogen zu werden.
Pabbi war nachlässig gekleidet. Er hatte zugenommen seit ihrer letzten Begegnung. Sekunden verstrichen, ohne dass Vater oder Tochter ein Wort sprachen.
»Ich brauche deine Hilfe«, sagte Aby schließlich.
»Okay.«
»Ich werde sie holen.«
Pabbi brauchte keine langen Erklärungen, um zu verstehen, wer mit »sie« gemeint war. »Oh, Aby«, sagte er. »Das ist … das ist groß.«
»Ich weiß.«
»Bist du immer noch Aquatikerin?«
»Ja.«
»Mit Leib und Seele?«
»Ja.«
»Und du willst sie zurückholen?«
»Ja.«
»Oh, Aby«, sagte er.
Pabbi bewegte sich nicht aus dem Türrahmen. Er starrte auf die Stelle, an der der rote Bodenbelag seines Apartments an den grauen Bodenbelag des Flurs stieß. Im Wohnzimmer stand ein Fenster offen, so dass sich ihre Körper im Einklang wiegten. Die Kiemen an Pabbis Hals klappten auf, und er stieß einen Wasserschwall aus. Er ließ den Türrahmen los und schwebte in sein Apartment zurück.
»Komm lieber rein«, sagte er.
Mit einer schnellen Armbewegung schwamm Aby hinein. Pabbi machte sich daran, ein Styrim zu kochen, und keiner der beiden sprach ein Wort, bis es fertig war. Später dümpelten sie um den abgeräumten Küchentisch herum.
»Warum kommst du nicht öfter vorbei?«
»Versuche ich doch.«
»Nicht wirklich.«
»Wirst du mir helfen?«
»Am besten
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