Nach dir die Sintflut
saß, startete Lisa sieben Angriffe, ohne einen einzigen Treffer zu landen. Beim achten Versuch dribbelte sie sich auf den linken Fuß, so dass der Ball in die hinterste Ecke des Feldes sprang. Lewis musste lachen. Lisa wurde aufmerksam. Sie holte sich den Ball zurück, blieb in der Ecke stehen und betrachtete Lewis, während sie sich den orangefarbigen Basketball langsam durch die Hände rollen ließ.
Lewis hob andeutungsweise eine Hand, um zu winken.
»Wie wär’s mit einem Spiel?«, fragte Lisa.
»Klar«, sagte Lewis. Er erhob sich von der Bank. Er lief um den Zaun herum auf das Feld. Er streckte die Arme nach dem Ball aus.
»Wir spielen einfach bis einundzwanzig«, sagte Lisa. Sie warf Lewis den Ball zu, er fing ihn und stellte sich an die Freiwurflinie.
»Wer hat gesagt, dass du den Anfang machst?«, fragte sie.
»Ich bin einfach davon ausgegangen.«
»Tja, das geht nicht.«
»Na gut, dann fängst du an.«
»Auf jeden Fall«, sagte Lisa. Ihre Zehenspitzen ragten knapp über die Linie. Sie dribbelte dreimal. Sie nahm den Ball fest in die Hände. Sie hob die Arme. Ein Ausdruck höchster Konzentration huschte über ihr Gesicht, und dann warf sie. Der Ball segelte durch die Luft und über das Brett, um auf der anderen Seite des Zauns im Gras zu landen.
Lewis lachte.
»Was ist?«
»Nichts. Ich hol ihn.«
Lewis joggte los und brachte den Ball zurück. Er warf ihn Lisa zu. Sie dribbelte wieder. Sie hob den Ball. Sie warf. Der Ball flog über das Brett, ohne es zu berühren.
Wieder lachte Lewis.
»Was ist?«
»Ach nichts.«
»Was ist?«
»Ich dachte, Gott würde sich beim Körbewerfen ein bisschen geschickter anstellen«, sagte Lewis. Obwohl Lisa ihn böse anfunkelte, konnte er sich das Lächeln nicht verkneifen. »Ich gebe dir zehn Punkte Vorsprung, wenn du mir eine einfache Frage beantwortest.«
»Schieß los.«
»Wohin gehen wir, wenn wir sterben?«
»Hol den Ball«, sagte Lisa und stemmte die Hände in die Hüften. Lewis nickte, lief zum Grasstreifen hinter dem Zaun
und kam mit dem Ball zurück. Er warf ihn Lisa zu, sie dribbelte drei Mal.
»Ich habe keine Ahnung«, sagte sie. »Ich bin noch nie gestorben, und ich werde es nie tun. Sterblichkeit ist was für dich, nicht für mich.« Sie hob den Ball und warf. Der Ball sprang gegen den Korbrand und hüpfte wieder aufs Gras.
»Diesmal hole ich ihn nicht«, sagte Lewis.
Lisa setzte sich in Bewegung und holte den Ball, ohne zu protestieren. Sie passte ihn Lewis zu, der an der Freiwurflinie stand. Er hob den Ball und warf. Der Ball segelte durch den Ring.
Lisa fing ihn und warf ihn Lewis zu, der seinen Platz an der Linie nicht verlassen hatte. Er zielte. Er warf. Wieder traf der Ball den Korb.
Lisa holte ihn zurück. Lewis warf noch einmal. Wieder traf er. Auch der nächste Wurf war ein Treffer, aber beim übernächsten prallte der Ball vom Ring ab. Lisa sprang unter den Korb und schnappte sich den Ball. Sie hob ihn in die Luft. Sie zielte. Sie nahm den Ball wieder herunter und klemmte ihn sich auf die Hüfte.
»Ich habe eine Idee«, sagte sie. Sie bückte sich, um ihren rechten Schnürsenkel festzubinden. Durch den T-Shirt-Ausschnitt konnte Lewis ihre Brüste sehen. »Wenn ich jetzt treffe, habe ich das Spiel gewonnen.«
»Warum sollte ich mich darauf einlassen?«
»Weil ich dir, falls ich verliere, den Sinn des Lebens verrate.«
»Lisa, ehrlich gesagt halte ich dich nicht für Gott.«
»Das ist schon okay. Ich halte dich, ehrlich gesagt, auch nicht für einen Popstar.«
»Na schön«, sagte Lewis. »Schieß.«
Lisa wendete den Ball zwischen den Händen. Sie hob die Arme. Sie warf. Der Ball segelte durch die Luft und verpasste
sowohl den Korb als auch das Brett. Zusammen schauten sie zu, wie der Ball im Gras landete, und dann warf Lewis Lisa einen erwartungsvollen Blick zu.
»Du Idiot«, sagte sie.
Sie hielt inne. Sie schnappte nach Luft.
»Du kannst etwas erfinden. Du kannst einen Sinn konstruieren. Du kannst dafür sorgen, dass der Topf einen Deckel findet und der Kreis sich schließt. Du kannst dir einreden, Leid führe zur Erlösung.« An dieser Stelle unterbrach sie sich. Sie schaute Lewis direkt in die Augen, reckte einen Zeigefinger vor und ging auf ihn zu. Sie drang in seine persönliche Distanzzone ein.
»Aber weißt du was?« Sie tippte ihm mit dem Zeigefinger auf die Brust. »Weißt du, was ich tue? Das ganze Leid bringt nichts als Verbitterung. Am Ende wirst du verbittert sein, egal, wie sehr du ans Paradies glaubst
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