Nach dir die Sintflut
seine neue Frisur in die Schule. Die Feindseligkeit der Jungen wurde von der Aufmerksamkeit, die die Mädchen ihm schenkten, mehr als aufgewogen. Donna Walters, die ihn komplett ignoriert hatte, obwohl sich ihr Spind genau neben dem seinen befand, verbrachte die Pause zwischen der dritten und vierten Stunde damit, sich mit ihm zu unterhalten. Sie rührte sich nicht einmal, als es klingelte. Auch Lewis blieb stehen. Der Flur füllte sich mit Schülern. Donna sah ihn unentwegt an. Er lehnte sich unentwegt an seinen Spind. Der Flur leerte sich wieder. Die Klingel läutete die vierte Stunde ein.
»Musst du nicht zum Unterricht?«, fragte sie.
»Schweißtechnik.«
Donna trat zwei Schritte zurück, drehte sich um und ging. Lewis wartete, und schon vier Schritte später wurde er belohnt; Donna warf ihm über die Schulter ein Lächeln zu. Lewis erwiderte das Lächeln knapp, um dann in seine Schweißtechnik-Klasse zu gehen. Angesichts der Tatsache, dass er den ersten erfolgreichen Flirt seines Lebens hingelegt hatte, schienen fünf Minuten Verspätung im Werkunterricht tolerabel. Das Problem war nur, dass sich, als Lewis endlich hereinkam, alle schon einen Arbeitspartner gesucht hatten und der einzig freie Platz der neben Lisa Reynolds war.
Lisa Reynolds war unbeliebt. Sie hatte schwarzes schulterlanges dünnes Haar, und das zu einer Zeit, als alle Mädchen das Haar kurz und blondiert trugen. Auf ihren T-Shirts standen
Bandnamen, die höchstens ihre Väter noch kannten. Sie schien ständig zu lächeln, aber ihre Zähne standen schief und zu weit auseinander. Niemals hatte sie ein Buch, einen Ordner oder eine Federmappe dabei, dennoch wusste sie die Antwort, wann immer ein Lehrer ihr eine Frage stellte - der wichtigste Grund für die anderen, sie uncool zu finden. Noch schlimmer als all diese Verstöße war jedoch ihre Entscheidung, den Kurs in Schweißtechnik zu belegen. Die Schule hatte an die eintausend Schüler, aber sie war das einzige Mädchen, das an diesem Kurs teilnahm.
Lewis setzte sich neben sie. Lisa wartete darauf, dass er sich ihr vorstellte. Sie wartete vergebens. Die beiden wechselten kein Wort. Als die Stunde sich dem Ende neigte, sagte Lisa das einzig Mögliche, um Lewis’ ganze Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie wollte sich nicht einschmeicheln. Sie wollte ihn nicht manipulieren. Wie immer sagte sie einfach, was sie dachte.
»Wir sollten eine Band gründen«, sagte sie. »Mit dir als Sänger.«
Im Laufe des verbleibenden Schuljahres wurde wenig Metall geschweißt. Stattdessen nutzten Lisa und Lewis die vierte Stunde, um ihre Band zu erschaffen. Sie kauften keine Instrumente, und sie nahmen auch keinen Musikunterricht. Sie konzentrierten sich darauf zu überlegen, wie die Band heißen könnte und welche Klamotten sie auf der Bühne tragen würden. Vom siebten bis zum zehnten Januar favorisierten sie einhellig den Namen The Stranger Things. The Stranger Things war als große Combo angelegt, inklusive einer männlich besetzten Bläsersektion in braunen Smokings mit hellblauen Rüschenhemden. Die Backgroundsängerinnen würden enge, knielange Röcke und weiße Seidenblusen tragen. Die Band würde Soul spielen, aber die beiden Keyboarder mit der New-Wave-Frisur würden dem Ganzen einen zeitgenössischen Touch verleihen.
Dann verbrachte Lisa einen Nachmittag mit einem Schulbuch über griechische Sagen, das ihrer Schwester Rebecca gehörte, und fortan hieß die Band Myth of Sisyphus . Bei den Auftritten dieser Band würde Lewis mitten auf der Bühne im blauen Scheinwerferlicht stehen und unverständliche Texte singen. Zu seiner Rechten würden die sehr formell gekleideten Cellospieler sitzen. Lisa würde sich frei über die Bühne bewegen und dabei so verschiedene Instrumente wie Gitarre, Banjo, Xylophon und ein Spielzeugklavier spielen.
In der nächsten Woche hießen sie Unwashed Teen Punk Band , was sie kurze Zeit später auf Teen Punk Band verkürzten. Letzteres stellte einen bedeutenden, irreversiblen Entwicklungsschritt dar. Als Punkmusiker würden sie kein Talent brauchen - endlich hatten sie eine Band erfunden, die sie tatsächlich gründen konnten. Obwohl sich der Name täglich aufs Neue änderte, blieb die Band für die nächsten sieben Wochen eine Punkband. Mitte Februar waren sie kurz davor, Gitarren zu kaufen, als Lisa gestand, nur ungern in einer Punkband mitspielen zu wollen. Lewis musste zugeben, dass es ihm ähnlich ging. Keiner der beiden war wirklich böse.
Siebzehn Tage lang blieb die
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