Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace

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kannst alles kaufen bis zu fünfzig Cent«, sagte er.
    Sie hatte überhaupt kein Geld. Möglicherweise konnte sie etwas für ihre Armbanduhr bekommen, aber auch nicht viel.
    »Ach du mein Gott!«
    Sie sah in der Richtung, in die er mit dem Ausdruck größten Erstaunens blickte. Er hatte sich umgewandt. Vom Hügel übersah man den ganzen Weg, den sie gekommen waren: Große Rauchwolken stiegen vom Atelier auf … Rote und gelbe Flammen flackerten auf und verschwanden.
    »Es brennt … Er hat es getan - der Alte!«
    Sie erriet, daß er von ›Kahlköpfchen‹ sprach. Dann verdüsterte sich sein Gesicht.
    »Das wird die Polizei der ganzen Gegend alarmieren«, sagte er, »und sie werden ›O‹ finden - beide Teile von ihm.«
    Ohne weiteres zog er Rock und Hemd aus, darunter kam die Wäsche zum Vorschein, die ihm solches Behagen bereitet hatte. Er rollte die Kleidungsstücke zu einem Paket zusammen und schob sie unter einen der hinteren Sitze.
    »Wir fahren im Leerlauf«, sagte er.
    Der Wagen rollte glatt den Hügel hinunter.
    Er hätte den Motor vielleicht noch zu einer letzten Anspannung bringen können, aber dies wollte er, wenn möglich, für die Ebene aufsparen.
    »Du frierst ja - nimm doch die Decke um deine Schultern«, sagte Oktober, aber obwohl er zitterte, lehnte er das Angebot ab.
    Ein kleines Städtchen lag vor ihnen. Das unvermeidliche Gemüseauto erschien auf der Straße. Robin machte ein Zeichen, und der Fahrer, ein schläfriger, schlecht gelaunter Jüngling, hielt an.
    »Natürlich hab’ ich Benzin …«
    Robin handelte und log. Er hatte eine Art an sich, die Überlegenheit und gute Laune zu vereinen schien. Er suchte nach einer Schwäche des jungen Mannes und fand sie.
    »Diese junge Dame ist meine Tochter - sie hat es sehr eilig, den Zug um sechs Uhr fünfzehn zu erwischen. Ekliges Pech, daß ich meine Brieftasche vergessen habe - schauen Sie!«
    Die fünfzig Cent auf seiner Handfläche sahen nicht nach sehr viel aus.
    »Das genügt nicht für eine Kanne«, meinte der junge Mann mit einem Auge auf Oktober. »Das würde mich meine Stellung kosten - jawohl, Sir. Immerhin …«
    Er hatte eine Kanne, die beinahe voll war. Der Handel kam zustande.
    »Wo sind Sie her? Doch nicht aus Littleberg? Wissen Sie, daß sie den Kerl da gestern nacht gefangen und erschossen haben? Jawohl, Sir. Er hat einen Herrn vergiftet, dann seine Frau geraubt … Nein, die ist ja tot.«
    »Ach, du meine Güte! Das muß ich meiner Tochter erzählen!«
    Ein paar Meilen weiter schaukelte in einer Staubwolke ein Feuerwehrauto an ihnen vorbei.
    »Wir nähern uns sichtlich der Zivilisation«, sagte Robin. »Hier müssen wir sehr vorsichtig sein.«
    Kaum hatte er ausgesprochen, als er das Heulen einer Autohupe hinter sich hörte. Er glaubte, es sei die Feuerwehr, und achtete nicht darauf. Das wütende Hupen wiederholte sich. Er blickte zurück, sah ein Auto, fuhr rechts an die Straßenseite und winkte dem Wagen, vorbeizufahren.
    »So früh schon solch ein Verkehr bemerkte er, dann kam der Wagen auf sie zu, fuhr einen Augenblick langsamer und raste dann weiter. Der Mann am Steuer hatte ein schmales Gesicht und trug ein Monokel. Aus dem Berg von Pelzen an seiner Seite erschien das totenblasse Gesicht einer Dame mit einer großen, spitzen Nase. Eine Sekunde lang begegneten sich ihre Augen … sie sprach mit dem Mann neben ihr, der seinen Kopf halb zu ihm hinüberdrehte, ihn aber rasch wieder nach vorn wandte und vor dem kleinen Auto einbog.
    »Das nenne ich aber eine Frechheit«, sagte Robin Leslie Beausere.
    Die ganze Geschichte hatte knapp zwei Sekunden gedauert: der Austausch der Blicke, das Vorbeifahren. Der vordere Wagen fuhr schneller und verschwand bald zwischen Staubwolken.
    »Elfriede!« sagte Oktober.
    »Und Gustl. Also haben sie den Wagen wiedergefunden. Das freut mich. Würde mir sehr leid tun, ihn zu verlieren.«
    Sie sah ihn verständnislos an.
    »Aber es ist doch nicht dein Wagen?«
    »Gewissermaßen und zur Zeit vielleicht nicht«, sagte er vorsichtig, »aber es wird doch mein Wagen werden.«
    Bei der nächsten Wegkreuzung machte er halt und untersuchte die Radspuren. Die Reifen mit dem viereckigen. Muster waren geradeaus nach Norden gefahren. Er schlug den Weg nach Westen ein, was ihm sehr bald leid tat, denn er führte sie direkt in die belebten Vororte einer großen Stadt. Autos und Menschen waren auf der Straße - Leute, die sich sichtlich für einen Mann interessierten, der eine Smokingjacke und ein seidenes Unterhemd