Nach zwei Tagen Regen folgt Montag
Mai 2008, bei dem 80.000 Menschen starben und Hunderttausende schwer verletzt wurden, ist vermutlich von einem künstlichen Stausee verursacht worden. Die Ingenieure hatten beim Bau ignoriert, dass in der Nähe eine spannungsgeladene Gesteinsnaht den Untergrund durchzieht; ein Gewicht von 320 Millionen Tonnen lastete auf dem fragilen Untergrund. Die Spannung im Untergrund habe sich 25-mal so stark erhöht wie normalerweise, berichtet Christian Klose.
Erschütterungen wie bei dem Beben in Südchina sind bei der Gewinnung von Erdwärme zwar nicht zu erwarten. Gleichwohl schockten Beben an einer Erdwärmeanlage die Bevölkerung von Basel. Bis Dezember 2006 presste die Geopower Basel AG durch eine Bohrung Wasser fünf Kilometer tief in den felsigen Untergrund. Es sollte, von der Wärme der Erde erhitzt, wieder aufsteigen und Dampfturbinen antreiben. Doch die potenzielle Energiequelle für Tausende Haushalte erwies sich als gefährlich: Der Wasserdruck hatte den Untergrund derart unter Spannung gesetzt, dass er mehrmals mit lautem Knall barst. Zwar gab es kaum Schäden, das Risiko weiterer Beben schien aber groß. Das Projekt wurde gestoppt. Auch in Australien, Frankreich und Kalifornien haben ähnliche Anlagen in der Vergangenheit erhebliche Erschütterungen verursacht. Im französischen Soultz-sous-Forêts am Oberrheingraben, wo seit 1993 ein Erdwärmeprojekt betrieben wird, beschwerten sich 2003 nach einem leichten Beben der Stärke 2,9 die Anwohner. Sie hatten Sorge um ihre Häuser. Die Betreiber drosselten daraufhin den Wasserdruck im Bohrloch erheblich. Erdbeben gab es seither nicht mehr. Doch die Anlage produziert nun weitaus weniger Energie. Um die Gefahr zu verringern, schlagen Geophysiker gleichwohl vor, mehrere kurze Bohrungen zu machen statt einer tiefen, da oberhalb von vier Kilometern eingepumptes Wasser bislang noch nie ein spürbares Beben ausgelöst habe.
Die Erkenntnisse über menschengemachte Beben könnten die sogenannte CCS -Technologie in Verruf bringen, mit der Forscher die Klimaerwärmung abschwächen möchten. Dabei soll das Treibhausgas Kohlendioxid ( CO 2 ) in großen Mengen in den Boden gepumpt werden. Doch der Druck in einem CO 2 -Lager würde sich zwangsläufig erhöhen. Zwar erwartet niemand in bislang erdbebenfreien Gegenden Starkbeben wie etwa in Kalifornien. In Regionen aber, die von geologischen Verwerfungen durchzogen sind, seien immerhin Beben der Stärke 4,5 möglich, haben Seismologen errechnet. Der gegenwärtige Wissensstand über die Erdbebengefahr durch CO 2 -Einpressung sei aber »bei Weitem nicht ausreichend«, resümierte die Bundesregierung in einem Sachstandsbericht. Gleichwohl haben selbst Umweltverbände wie Greenpeace oder der WWF die CCS -Technologie bereits als Mittel einkalkuliert, mit dem die Klimaerwärmung gebremst werden könnte. Angesichts der zahlreichen Bohr- und Bergbauprojekte spricht Seismologe Klose in Anspielung auf den Treibhauseffekt allerdings plakativ von »geomechanischer Verschmutzung«. Während die Erwärmung der Erde jedoch weltweit von Bedeutung ist, betreffen geomechanische Projekte nur bestimmte Regionen.
Das vielleicht schlimmste Beispiel einer menschenverursachten Katastrophe schildert das nächste Kapitel: Mitten in Europa hat ein Staudammprojekt einen Tsunami aus Schlamm und Wasser ausgelöst, der beinahe 2000 Menschen tötete. Ingenieure hatten alle Warnungen ignoriert, Kritiker wurden zum Schweigen gebracht.
24 Als der Berg in den See fiel
Es war eine der schlimmsten Naturkatastrophen, die sich je in Europa ereignet haben. Am 9. Oktober 1963 löste sich in den italienischen Alpen eine 270 Millionen Tonnen schwere Flanke von dem Berg Monte Toc; sie stürzte in den Vajont-Stausee. 25 Millionen Tonnen Wasser schwappten über den Staudamm, eine 160 Meter hohe Flutwelle vernichtete fünf Dörfer im Tal. Fast 2000 Menschen starben. Der Bergrutsch löste einen der größten politischen Skandale der italienischen Geschichte aus. Jahrelang hatten Geschäftsleute, Politiker und Wissenschaftler Alarmsignale am Berg ignoriert. Mit aller Kraft sollte der Bau eines riesigen Wasserkraftwerks vorangetrieben werden. Warnungen einzelner Experten blieben unbeachtet. Noch bis 1997 stritten Angehörige der Opfer und Menschen, die ihre Häuser verloren hatten, mit dem italienischen Staat vor Gericht um Entschädigungszahlungen. Abertausende Beweisstücke wurden zusammengetragen: Dokumente, Zeugenaussagen und Untersuchungsergebnisse.
Die Katastrophe von
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