Nachhilfe in Erster Liebe
»n’est-ce pas mieux« statt »c’est ne pas mieux«, oder er hätte mir sagen können: »mais je trouve que c’est mieux de faire des choses qui font plaisir«.
Erst versteht Jan nur Bahnhof, beziehungsweise »gare«.
Als er dann aber kapiert hat, wieso es so heißen muss, ist er so begierig, das richtig anzuwenden, dass wir am Ende sogar viel länger Französisch lernen als vereinbart, wenn auch nur in der Küche, weil sein Zimmer zu klein ist, wie er sagt.
Tja, so gut kennen wir uns also doch nicht, dass er mir sein Zimmer zeigen würde. Seine Freundin würde er garantiert
sofort dorthin mitnehmen. Schon allein, um vor seinem Bruder ungestört zu sein. Aber warum sollte er auch mit mir ungestört sein wollen?
Trotzdem geht die Zeit dann viel zu schnell vorbei. Dabei bin ich durch das Essen und Abspülen schon viel länger bei ihm als geplant. Das merken wir aber erst, als seine Mutter von der Arbeit kommt und Jan einfällt, dass er dann dringend zum Fußballtraining muss.
»Und wenn ich das noch mal verpasse, wird Marie wieder misstrauisch. Dann belästigen uns deine Freundinnen erst recht.«
Ich finde es zwar schade, dass er gehen muss, aber ich habe selbst auch keine Lust, dass Patricia, Siri und Marie schon wieder mit Fragen zu Jan und mir unser Haus stürmen.
Als wir uns verabschieden, fragt Jan, ob ich zur nächsten Nachhilfestunde früher kommen kann.
»Dann ist aber Mathe dran. Bist du so scharf drauf?«
»Nein, aber wir wollten doch zusammen kochen.«
Das hat er ernst gemeint, das hat er ernst gemeint! Ich springe innerlich bis zur Decke. Und damit ich nicht später vor Scham im Boden versinken muss, wenn das Kochen schiefgehen wird, betone ich noch mal, dass ich es aber wirklich nicht kann. »Nur Wasser kochen«.
Jan lacht. »Dafür hast du ja mich. Wär schon mal okay, wenn ich dir auch was beibringen könnte, nicht nur umgekehrt. «
Ich nicke, freue mich und bin jetzt schon aufgeregt, wenn ich nur daran denke.
Am Abend verabschiede ich mich ziemlich früh von meinen Eltern, um ins Bett zu gehen.
»Bist du krank, Katja?«, fragt meine Mutter natürlich.
»Mir geht’s prima«, schüttle ich den Kopf.
»Du hast aber beim Abendessen kaum was gegessen.« Mütter müssen nicht alles wissen. Schon gar nicht, dass das am Pilzrisotto liegt. An Jans Pilzrisotto. Also an Jan.
»Irgendetwas stimmt doch nicht?«, hakt sie nach.
»Wenn du Probleme hast, wir können über alles reden«, schlägt mir mein Vater jetzt auch noch vor.
Oh Mann. Erst machen Eltern Terror, dass man nicht so spät ins Bett gehen soll, und wenn man es dann freiwillig tut, ist es auch wieder verkehrt.
»Das einzige Problem seid ihr gerade«, gebe ich zurück, »weil ich nicht tun darf, was ich sonst immer tun soll.«
»Das ist ja das Verdächtige«, kombiniert meine Mutter ziemlich gut. Aber ich will ihr auf keinen Fall erzählen, dass ich vom Kochen träumen will. Dann würde sie mich wahrscheinlich gleich ins Krankenhaus fahren, so verdächtig wäre das.
Endlich lassen sie mich gehen und ich liege im Bett.
Und denke an Jan. Jan, der sich um seinen kleinen Bruder kümmert, ohne davon genervt zu sein. Jan, der gerne kocht. Jan, mit dem ich Geschirr gespült und abgetrocknet und dabei total gut geredet habe. Jan, der mit mir zusammen kochen will. Jan, dem das Lernen mit mir Spaß macht und der sich in Französisch wegen mir super verbessert hat. Jan, mit dem ich ein Loch gegraben und seine Katze beerdigt habe. Jan, der weint. Jan, mit dem ich auf einmal so viele Geheimnisse habe.
Mir gefällt, was ich denke. Und dann fällt mir auf, dass ich bei alldem gar nicht an den Jan denke, der allen gefällt. Jan, der hellblaue Augen hat. Jan, der sich die halblangen Haare immer so lässig aus dem Gesicht streicht. Jan, dessen Lächeln mehr strahlt als ein Atomkraftwerk beim Super-GAU. Jan, der so eine coole Stimme hat. Jan, der auf dem Fußballplatz und mit seinem Waveboard eine total gute Figur macht. Jan, der einfach wahnsinnig toll aussieht. Der Jan, den ich bisher so angehimmelt habe wie alle anderen Mädchen auch.
Aber den neuen Jan, den kann außer mir gar keine anhimmeln, weil ihn keine kennt. Nur ich. Und auf einmal merke ich, dass mir nicht nur das besser gefällt, sondern dass mir dieser Jan auch viel besser gefällt. Der Jan, der gar nicht immer cool ist, aber dafür echt. Und das ist echt cool, finde ich und schlafe echt glücklich ein.
13. Kapitel
T rotz meiner Frühlingsgefühle ist noch immer eisigster
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