Nachhilfe in Erster Liebe
ich sie für völlig überflüssiges labbriges Gemüse gehalten, aber Jans Risotto schmeckt himmlisch.
Als wir fertig sind mit essen und Lars wieder in seinem Zimmer verschwunden ist, fragt mich Jan, ob es mir nicht geschmeckt hat.
»Doch doch, war super.«
»Weil du gar nichts gesagt hast.«
»Ich wusste nicht, dass du kochen kannst«, gebe ich zu.
Jan lächelt mich total süß an. Dann streicht er sich seine Haare aus dem Gesicht und erklärt, dass er eigentlich auch
noch das Geschirr spülen müsste, bevor seine Mutter kommt. Eine Spülmaschine haben die Fanturs nämlich nicht.
»Können wir ja zusammen machen«, sage ich so nebensächlich wie möglich, damit es Jan nicht verdächtig vorkommt, dass ich nur deshalb mit ihm abspülen will, um noch mehr Zeit mit ihm zu verbringen.
Jan freut sich über mein Angebot. Ich freue mich sonst nie, wenn ich zu Hause spülen oder abtrocknen soll, aber da ist ja auch nie ein Jan dabei. Heute freue ich mich sehr.
Während er spült und ich abtrockne, erzählt er mir, dass er schon vor einigen Jahren kochen lernen musste, weil seine Mutter wegen der Arbeit so wenig Zeit hat.
»Am Anfang hab ich’s nicht so draufgehabt. Mein Gulasch sah aus wie Holzkohle«, lacht Jan unbekümmert, und ich kann gar nicht fassen, wie wenig es ihm ausmacht, einen Fehler zuzugeben. »Wahrscheinlich findest du’s komisch, dass einer wie ich kocht«, glaubt Jan.
»Ich find’s voll cool«, sage ich. »Ich kann’s gar nicht. Im Vergleich zum Kochen bin ich im Waveboardfahren sogar brillant«, gebe ich zu, weil Jan ja auch gerade vorher einen Fehler zugegeben hat.
Jan grinst: »Dann wird’s Zeit, es dir beizubringen.« Ich starre ihn verwirrt an. Meint er sich damit?
»Zusammen kochen macht auch viel mehr Spaß«, fügt er hinzu. Mit Jan bestimmt.
»So wie zusammen Geschirr spülen«, nicke ich und finde es richtig schade, dass wir jetzt schon damit fertig sind.
»Und wie zusammen lernen«, meint Jan. Ich schaue ihn überrascht an.
»Ich hätte nie gedacht, dass mir Französisch mal gefallen würde«, erklärt er, »aber mit dir macht’s zum ersten Mal Spaß.«
Ich weiß nun wirklich überhaupt nicht mehr, was ich sagen soll, und starre Jan immer verblüffter an.
»Ich hab da noch eine Überraschung für dich«, fasst mich Jan an den Armen, »rühr dich nicht vom Fleck.«
Dann verschwindet er im Flur, und ich könnte mich auch gar nicht vom Fleck rühren, weil ich wie gelähmt bin von dem vielen Glück in so kurzer Zeit. Obwohl eigentlich gar nichts passiert ist. Jan hat nur gekocht, wir haben mit seinem Bruder zusammen gegessen und dann zu zweit abgespült.
Trotzdem habe ich so ein schönes Essen noch nie erlebt.
Dann kommt Jan zurück und drückt mir ein Heft in die Hand.
»Lies«, fordert er breit grinsend. Es sind seine Französischarbeiten: eine Vier, eine Fünf, eine Vier minus. Das war im ersten Halbjahr. Ich blättere weiter im Heft und mir leuchtet eine »Drei plus« entgegen.
»Haben wir heute zurückbekommen«, strahlt mich Jan an. »So gut war ich noch nie. Das hab ich nur dir zu verdanken.«
Ich weiß vor Verlegenheit heute zum wiederholten Mal nicht, was ich sagen soll. Immerhin weiß Jan, was er will: »améliorer mon français avec toi, Katja.«
»Eigentlich wäre heute aber Mathe und kein Französisch dran«, trete ich mal wieder auf die Spaßbremse, bevor ich nachgedacht habe. Denn im Grunde ist es mir völlig egal, was wir machen, solange wir es zusammen machen. Kann ich
natürlich unmöglich sagen, dass ich auf alles mit ihm Lust habe.
Jan grinst: »Mais c’est ne pas mieux, faire des choses avec plaisir?«
Und bevor ich jetzt schon wieder den Spaß bremse, nicke ich nur lächelnd, denn eigentlich müsste ich an Jans Satz einiges verbessern. Andererseits ist es mir aber egal, weil ich ja verstehe, was er meint und weil ich eigentlich auch – so wie Jan gerade gesagt hat – am liebsten die Sachen mache, auf die ich Lust habe.
Und wenn Jan jetzt Lust auf Französisch hat – pourquoi pas? Hauptsache, ich kann viel Zeit mit ihm verbringen.
Als wir anfangen wollen mit seinen Aufgaben, hakt Jan aber selbst noch einmal nach und will wissen, ob sein französischer Satz eben korrekt war. So direkt darauf angesprochen, kann ich unmöglich lügen, ohne mich sofort zu verraten. Also gestehe ich schließlich, dass er schon ein paar Fehler gemacht hat, und erkläre ihm, welche. Entweder hätte er in einer Frage die Inversion benutzen müssen, also
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