Nachhilfe in Erster Liebe
weiß jetzt zumindest, dass meine Vermutung stimmt und es wirklich mit der Nachhilfe zu tun hat.
So gesehen war der Tipp meiner Oma gut. Aber geklärt hat das Gespräch trotzdem nichts. Wobei es eigentlich nicht einmal ein Gespräch war.
Aber sprechen muss ich jetzt doch noch mit jemandem.
Ich gehe zur Haustür der Fanturs zurück und drücke auf die Klingel. Natürlich öffnet niemand. Seine Mutter ist arbeiten
und sein kleiner Bruder kann ja dann nicht allein zu Hause bleiben, logisch. Aber ich kann deshalb auch keinen von beiden fragen, ob sie etwas wegen der Nachhilfe ausgeplaudert haben.
Noch einen solchen Tag wie heute in der Schule stehe ich auf keinen Fall durch. Und bis zum Abendessen zu warten, um meine Eltern zu fragen, halte ich auch nicht aus. Ich setze mich wieder auf die Treppenstufen und zücke mein Handy.
»Reisebüro Gärtner, Gärtner am Apparat, was kann ich für Sie tun?« Meine Mutter kann so zuckersüß flöten, dass man sich ganz klebrig fühlt und sofort das Bedürfnis hat zu duschen.
»Mama, ich bin’s. Du, ich …«
»Schätzchen, ich habe leider gaaaaar keine Zeit.«
»Ein Kundengespräch«, sagen wir beide gleichzeitig, denn die Nummer kenne ich seit Jahren. Diesmal mit dem Unterschied, dass ich mich nicht abwimmeln lasse.
»Ich kann auch vorbeikommen, wenn dir das lieber ist«, drohe ich.
»Hat das nicht Zeit bis heute Abend«, höre ich meine Mutter seufzen.
»Ich will nur wissen, ob du irgendjemandem erzählt hast, dass ich Jan Nachhilfe gebe.«
»Woher soll ich das jetzt noch wissen? Das ist doch nicht wichtig.«
»Für mich schon. Also?«
Wieder höre ich ihr Seufzen. »Vielleicht dem einen oder anderen Kunden, das kann schon sein.«
»Oh Mama!«, stöhne ich auf. »Dann weiß es die halbe Stadt.«
»Ich bin doch so stolz auf dich, weil du so gut bist, Katja. Das darf ich doch erzählen?«
»Schon gut, tschüss.« Was soll ich sonst noch sagen?
Meinen Vater rufe ich gar nicht mehr an.
Aber ich bin so in Fahrt nach den Gesprächen mit meiner Oma, mit Jan und mit meiner Mutter, dass ich nicht einfach aufgeben, sondern jetzt alles wissen will.
Also zu Patricia gehen und mich entschuldigen, so wie sie heute früh von mir verlangt hat? Aber ohne dass ich genau weiß wofür, will ich mich nicht entschuldigen. Ich finde es ungerecht von ihr, dass sie so etwas von mir verlangt, ohne mir vorher zu erzählen, was letzte Woche alles passiert ist und was sie mir vorwirft. Da bin ich jetzt auch zu bockig.
Aber zu Marie würde ich gehen, merke ich auf einmal. Und je mehr ich darüber nachdenke, umso perfekter scheint mir das: Marie ist die Verbindung zwischen Jan und mir. Sie gehört zu meinen Freundinnen, oder besser ich mal zu ihren, und sie ist genauso mit Jan befreundet. Und hat nicht Jan selbst mal gesagt, er verstehe nicht, warum nicht Marie und ich beste Freundinnen seien? Und als es um die Gerüchte und ihren Geburtstag ging, war sie auch viel toleranter als die anderen. Und hätte mir eine Beziehung zu Jan sogar gegönnt. Trotz Siri.
Siri?
Es wäre Horror, wenn sie auch gerade bei Marie wäre, fällt mir ein, während ich, zwar nur mit Pfirsichen gedopt, aber trotzdem in olympischer Laufform zu Maries Elternhaus
sprinte. Dort angekommen muss ich sowieso erst einmal tief Luft holen. Das gibt mir immerhin Zeit festzustellen, dass weder Siris noch Patricias Rad dastehen, aber das von Marie. Dann ist sie allein zu Hause. Ich habe ja mal richtig Glück, denke ich und drücke auf die Klingel.
25. Kapitel
G lück, ah ja: Was war das noch mal? In Jans hellblaue Augen zu sehen und von ihm berührt zu werden?
Dann ist heute wirklich mein absoluter Glückstag! Denn als ich bei Marie klingle, macht sie mir zwar selbst auf, aber hinter ihr steht Jan im Flur. Damit habe ich nun überhaupt nicht gerechnet, und genauso sehe ich wahrscheinlich auch aus. Jan hat mit mir ebenso wenig gerechnet und Marie hat mit mir noch weniger gerechnet. Wir starren uns alle eine gefühlte Ewigkeit lang an, und Jans hellblaue Augen sind so frostig, dass ich eine Gänsehaut bekomme.
»War das Absicht?«, faucht er Marie an.
»Ich hatte keine Ahnung, dass Katja hier auftaucht«, wehrt sie sich.
»Ich muss eh los«, sagt er nur, bevor er sich mit seinem Waveboard unterm Arm an Marie und mir vorbeizwängt.
Er berührt mich dabei und er hat mich vorher mit seinen hellblauen Augen angesehen. Aber ein größeres Gegenteil von Glück kann es trotzdem nicht geben. Ich fühle mich so furchtbar, dass
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