Nachricht von dir
Mal ist sie in meiner Gegenwart ohnmächtig geworden. Ich habe sie zum Primary Care Trust geschickt. Der Arzt hat ein Herzrauschen festgestellt, aber keine weitere Anomalie. Um ganz sicher zu sein, bat ich einen Kardiologen, sie zu untersuchen. Er hat eine dilatative Kardiomyopathie diagnostiziert; Alice litt an einer Herzinsuffizienz. Die Krankheit war bereits im fortgeschrittenen Stadium und konnte jeder Zeit tödlich ausgehen.«
»Und der Arzt war einverstanden, sie unter falschem Namen zu behandeln?«
»Jeder Mensch ist käuflich, Madeline.«
»Und hatte der Eingriff Erfolg?«
»In den ersten Monaten hat Alice gut auf die Medikamente angesprochen.«
Allmählich konnte Madeline die Chronologie der Ereignisse nachvollziehen, doch es gab noch viele offene Fragen.
»Wusste Alice wirklich über deine Geschäfte Bescheid?«
»Ja, ich habe ihr nie etwas vorgemacht.«
»Und sie hatte kein Problem damit?«
»Sagen wir, sie war intelligent genug, um kein vorschnelles Urteil zu fällen.«
Madeline fasste diese Bemerkung als Vorwurf gegen ihre eigene Haltung auf, enthielt sich aber jeglichen Kommentars.
»Hast du nie daran gedacht, aufzuhören?«
»Natürlich! Aber glaubst du, das wäre so einfach gewesen? Meinst du, ein Fingerschnippen hätte ausgereicht? Ich steckte in einer Sackgasse: Die Polizei war hinter mir her, rivalisierende Gangs wollten meinen Kopf, und selbst meine eigenen Leuten hätten mich bei der erstbesten Gelegenheit verraten.«
»War Alice das klar?«
»Mehr, als ich dachte, denn letztlich hat sie die Lösung gefunden.«
»Wie meinst du das?«
»Eines Abends kam sie mit einem dicken Aktenordner an, der Dutzende von Artikeln enthielt, die sie aus dem Internet heruntergeladen hatte. Juristische Texte und Fallstudien, eine richtige Anwaltsarbeit. Sie behauptete, die magische Formel gefunden zu haben, die uns beiden die Möglichkeit geben würde, ein neues Leben anzufangen.«
»Und was war die magische Formel?«
» WITSEC : das Zeugenschutzprogramm der amerikanischen Regierung.«
‹
Kapitel 33
Die Zeugen
Der Generalstaatsanwalt kann eine Umsiedlung oder eine andere Schutzmaßnahme für einen Zeugen oder potenziellen Zeugen in einem Prozess hinsichtlich eines organisierten Verbrechens erwirken, wenn zu befürchten ist, dass der Zeuge Opfer einer Gewalttat oder von Einschüchterungsmethoden werden könnte.
U. S. CODE
TITLE
18, § 3521
Nachdem sie eine Weile auf der Bank gesessen hatten, froren Madeline und Danny und setzten ihren Spaziergang fort. Trotz der kühlen Temperaturen war das Ufer des East River keineswegs verwaist. Mit Netzen, Plastikeimern und Angelruten bewaffnet, freute sich eine Gruppe älterer Herren darüber, direkt gegenüber der Skyline von Manhattan eine fischreiche Ecke gefunden zu haben. Die Sonntagsangler, die Polnisch, Russisch und Spanisch sprachen, zogen Seebarsche, Seezungen und kleine Heilbutte aus dem Wasser … Der Melting Pot von seiner besten Seite.
»Zu Anfang«, erklärte Danny, »habe ich Alice gesagt, ihre Idee mit dem Zeugenschutzprogramm sei naiv und nicht realisierbar. Ich hatte nichts anzubieten, keine Trümpfe in der Hand. Aber sie hat darauf beharrt: ›Ich bin sicher, dass du dich derer bedienen kannst, die dir das Leben schwer machen.‹ Und diese Worte haben mich zum Nachdenken gebracht. In den USA standen die Präsidentschaftswahlen vor der Tür, und der Kampf gegen Drogen war eines der Hauptthemen der Kampagne. Alle Kandidaten sprachen von Mexiko, wo der Krieg der rivalisierenden Kartelle schon Zehntausende von Toten gefordert hatte. Angesichts der steigenden Unsicherheit im Grenzgebiet waren die Amerikaner äußerst beunruhigt. Die Wahl von Obama brachte eine Wende, nachdem er die Verantwortung seines Landes – als einen der größten Rauschgiftkonsumenten – beim Drogenschmuggel anerkannte. Noch vor seiner Amtseinführung hat er sich mit seinem mexikanischen Kollegen getroffen, und die beiden haben ihre Absicht bekräftigt, einen bedingungslosen Kampf gegen die Drogenmafia zu führen. Das war eines der heißesten Themen seines Mandats: Washington wollte keinen Drogenstaat auf der anderen Seite der Grenze.«
»Was hat das mit dir zu tun?«, fragte Madeline. »Mit deinem Sinneswandel?«
»Als ich vor fünfzehn Jahren in Kalifornien an der UCLA studiert habe, war Jezebel Cortes meine Kommilitonin.«
»Die Tochter des Kartell-Chefs? Ihr Name ist wegen des Prozesses in allen Zeitungen zu lesen.«
»Wir sind immer in
Weitere Kostenlose Bücher