Nachricht von dir
seinen Kuss.
Zur selben Zeit in San Francisco
Die Flughafenuhr zeigte auf 12. Jonathan schloss seinen Sohn in die Arme und stellte ihn dann wieder auf den Boden. Das Flugticket in der Hand, sah er Marcus eindringlich an.
»Also, ich vertraue dir Charly für zwei Tage an. Alessandra bleibt während der Ferien in der Stadt, sie kann dir helfen. Was das Restaurant betrifft, so habe ich alle Reservierungen bis Ende der Woche annulliert.«
»Bist du sicher, dass du diesen Flug nehmen willst?«
»Ganz sicher.«
»Ich verstehe nicht, was du in London willst.«
»Eigentlich fahre ich nach Manchester. Ich muss dort jemanden treffen und ein paar Sachen überprüfen.«
»Und das kann nicht warten?«
»Nein.«
»Willst du es mir nicht erklären?«
Jonathan antwortete ausweichend:
»Ich habe eine Schuld zu begleichen, ein paar Phantome zu vertreiben und dunkle Zonen zu erhellen …«
»Hat das mit dieser Frau, dieser Madeline Greene, zu tun?«
»Das erzähle ich dir, wenn ich etwas klarer sehe. Einstweilen kümmer dich gut um Charly.«
»Natürlich.«
»Für dich bedeutet das, keinen Tropfen Alkohol, keine Mädchen im Haus, kein Gras, kein …«
»Ich glaube, ich habe verstanden.«
»Und für ihn bedeutet das morgens, mittags und abends Zähneputzen, keine Gewaltfilme, keine Reality-Shows im Fernsehen, wenig Süßigkeiten, fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag, und um acht Uhr Schlafanzug an und ab ins Bett.«
»Alles klar.«
»Wirklich?«
»Klar wie Kloßbrühe«, antwortete Marcus, was Charly zum Kichern brachte.
Nacheinander schloss Jonathan die beiden noch einmal in die Arme und begab sich in den Eincheckbereich.
Der Flug British Airways nach London hob um ein Uhr ab. Als Jonathan durch das Fenster auf die Startbahn sah, zog sich sein Herz zusammen.
War die Entscheidung, seinen Sohn, den er ohnehin so selten sah, mitten in den Weihnachtsferien im Stich zu lassen, wirklich richtig? Bestimmt nicht. Doch er zwang sich, seine Zweifel zu vertreiben. Jetzt konnte er ohnehin nicht mehr zurück. Er musste verstehen, musste diesem Mysterium auf den Grund gehen – durfte sich nicht mit Erinnerungen und möglichen Verwechslungen zufriedengeben. Nach Madeline war er jetzt an der Reihe, sich mit dem Phantom von Alice Dixon auseinanderzusetzen.
Paris
George ließ Madeline als Erste in den winzigen Lift einsteigen, drückte auf den Knopf zum fünften Stock und schob seine Zunge in den Mund der jungen Frau. Er legte eine Hand auf ihre Brust, während er mit der anderen versuchte, ihren Rock hochzuschieben.
Madeline spürte Übelkeit in sich aufsteigen, konnte aber den Ekel ignorieren. Sie war im Dienst.
Im Dienst.
Georges Maisonette-Wohnung befand sich in den beiden oberen Etagen des Gebäudes. Das Loft war modern, die Einrichtung minimalistisch, mit einer Note von Industrie-Design. Eine futuristische Metalltreppe verband die beiden Ebenen.
George nahm seinem Gast den Mantel ab und berührte einen Glasschalter, der Musik in Gang setzte.
»Gefällt dir das? Das ist Progressive Trance, gemixt von einem Dänen: Carl Karl, der König der Berliner Szene. Für mich ist er der neue Mozart.«
Und du bist ein saublöder Idiot , dachte Madeline, während sie ihm ihr schönstes Lächeln schenkte.
Jetzt, da sie allein waren, fühlte sie sich zunehmend unwohl, und ihr Herz begann heftig zu schlagen. Sie fürchtete sich ein wenig vor dem, was folgen würde. Einerseits wünschte sie sich, anderswo zu sein, bei Raphael in seiner behaglichen Wohnung. Andererseits aber verspürte sie angesichts der Gefahr eine fiebrige Erregung.
»Soll ich dir einen Pink Pussy Cat mixen?«, schlug sie vor und trat hinter die Bar.
Bei dem Wort Pussy stöhnte Georges genießerisch auf. Er stellte sich hinter seine Eroberung, legte die Hände auf ihre Hüften und ließ sie hinauf zu ihrer Brust gleiten.
»Warte, Liebling, sonst verschütte ich alles!«, sagte sie.
Sie nahm zwei Gläser und füllte sie mit Eiswürfeln.
»Ich habe ein Geschenk für dich«, erklärte er und zog zwei rosafarbene Tabletten, die jeweils mit einem Stern versehen waren, aus der Tasche.
Ecstasy …
Sie nahm eine der beiden und zwinkerte ihm verschwörerisch zu.
»Könntest du nicht das Licht etwas dämpfen?«, fragte sie und tat so, als würde sie das Amphetamin schlucken.
Dieser Trottel wird meinen Plan zerstören.
Schnell schenkte sie Wodka in die beiden Cocktailgläser, goss mit Grapefruitsaft auf und gab ein
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