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Nachricht von dir

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Titel: Nachricht von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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Es war logisch, und teilweise bewunderte er Francescas Kaltblütigkeit, die unausweichliche Logik ihres Handelns und ihre Intelligenz, die es ihr ermöglicht hatten, ihre Familie zu schützen. Wäre er in der Lage gewesen, ein solches Szenario zu erfinden? Wahrscheinlich nicht. Er hätte sicher wie ein Schuldiger reagiert, sich von seinen Gefühlen überwältigen lassen …
    Mit einem Schlag waren die Absurdität und das Chaos, die ihre Trennung ausgelöst hatten, verschwunden. Was geschehen war, hatte jetzt einen Sinn. Aber im selben Augenblick wurde Jonathan bewusst, dass Francesca für ihn eine Fremde geworden war. Er empfand nichts mehr für sie, so als hätte eine unsichtbare Barriere sie definitiv getrennt.


    Kapitel 29
    Ein Engel in der Hölle
    Luctor et emergo
    Kämpfen und nach oben streben

Devise der niederländischen Provinz Zeeland
     
     
     
     
    Lagerhalle in Coney Island
    5 Uhr morgens
     
    In dem feuchtkalten Verlies herrschten Dunkelheit und ein übler Modergeruch.
    Alice, deren Hände an die Wasserleitung gekettet waren, zerrte, in der Hoffnung, die rostigen Rohre würden nachgeben, mit aller Kraft an ihren Fesseln. Aber sie hielten stand, und das junge Mädchen brach erschöpft auf dem feuchten Boden zusammen.
    Ein verzweifeltes Schluchzen stieg in ihrer Kehle auf, wurde aber durch das Klebeband erstickt.
    Nicht weinen!
    Ihr Körper wurde von heftigem Zittern geschüttelt. Die Kälte kroch in all ihre Glieder und drang tief in die Knochen vor. Die Handschellen schnitten in ihre Gelenke und lösten einen stechenden Schmerz aus, der bis in ihren Nacken ausstrahlte.
    Denk nach …
    Aber Kälte und Stress ließen sie keinen klaren Gedanken fassen. Ein Gefühl von Angst und Ohnmacht lastete auf ihrer Brust. Hinter dem schmutzigen Waschbecken wurde ein Quieken laut. Als Alice den Kopf hob, sah sie eine Ratte, die so groß war wie eine kleine Katze. Und wieder erstarb ein Aufschrei in ihrer Kehle. Ebenso verängstigt wie sie, huschte das Riesentier an der Wand entlang und versteckte sich unter dem Feldbett.
    Bleib ganz ruhig …
    Sie schluckte ihre Tränen hinunter und versuchte, den Mund zu öffnen, doch das Klebeband auf ihren Lippen hinderte sie daran. Dennoch gelang es ihr, die Zunge unter den Rand zu schieben und dann mit den Schneidezähnen einen Teil des Bandes zu zerbeißen und ihre Unterlippe zu befreien. Gierig sog sie die Luft ein. Sie konnte jetzt besser atmen, spürte aber, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte.
    Meine Medikamente!
    Plötzlich wurde ihr bewusst, dass ihr Leben in Gefahr war! Seit ihrer Herztransplantation war ihre Handtasche die reinste Apotheke. Sie konnte fast ein normales Leben führen, allerdings unter der Bedingung, dass sie regelmäßig einen Cocktail aus Arzneimitteln schluckte: Tabletten, um eine Abstoßung zu verhindern, Blutdrucksenker und Antiarhythmika.
    Der Arzt hatte sie oft genug gewarnt: Wenn sie ihre Medikamente nicht nahm, würden innerhalb weniger Tage ihre Nieren geschädigt werden! Das könnte vor allem auch bei Flüssigkeitsmangel eintreten.
    Und ihre Kehle war trocken und brannte. Sie musste trinken, damit die Filterwirkung der Nieren nicht beeinträchtigt wurde. Auf allen vieren gelang es ihr, mit angeketteten Händen und gefesselten Füßen an der Leitung entlang bis zum Waschbecken zu kriechen. Aber der Wasserhahn lag zu hoch. Mit neuem Elan spannte sie ihre Muskeln an und versuchte, noch einmal das Rohr loszureißen. Doch schnell musste sie aufgeben, denn bei jedem Kraftakt schnitten ihr die eisernen Handschellen tief ins Fleisch.
    Also gab sie den Kampf auf und ließ sich auf den Boden sinken. Sie lag da und fühlte sich wie ein angekettetes Tier, das ganz dem Willen seines Herrn ausgeliefert ist. In ihrer Verzweiflung entschloss sie sich, das faulige Wasser aus den Pfützen am Boden zu trinken.
    Auf der anderen Seite des Raums hockte die Ratte und beobachtete sie.
     
     
     
     
    TriBeCa
    8 Uhr morgens
     
    Die Sonne war an dem kristallklaren Himmel aufgegangen.
    Als Jonathan das Excelsior verließ, stand er noch ganz unter dem Schock von Francescas Geständnis. Er lief zu Claires Smart, setzte sich ans Steuer und fuhr Richtung East Village, wo er sich mit Madeline verabredet hatte. Er wollte sie schon anrufen, um zu fragen, ob sie seine Nachricht gelesen hätte, sagte sich dann aber, dass sie vielleicht noch schlief.
    Als er an einer Ampel halten musste, sah er automatisch in den Rückspiegel und entdeckte zu seiner großen Verwunderung

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