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Nachrichten an Paul

Nachrichten an Paul

Titel: Nachrichten an Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Heinold
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ich.
    „Lass erst mal hören“, sagt Miguel.
    „Wenn du in Vancouver bist“, sage ich. „Versprich mir, dass du mit keiner Frau namens Nicki schläfst.“
    Denn Vancouver ist zwar groß, aber die Welt ist schließlich klein, nicht wahr.
    „Anninha“, sagt Miguel. „ Prometo . Versprochen.”
     
    Nicki skypt mich an, sie hat von ihrer Schülerin gehört, dass ich krank bin, und wünscht mir gute Besserung. Wir vertragen uns wieder, irgendwie, ohne da jetzt groß drüber zu reden. Einfach Schwamm drüber und fertig.
    Paul skypt mich an und wir flachsen ein bisschen hin und her, unsere normalen Skypes eben.
    Nicki schickt täglich per Skype Blumen und Sonnen und Daumen nach oben Symbole und per Normalpost einen Kalender mit den Vancouver Fire Fighters. Ich blättere den Kalender durch, die Typen sind zwar nicht gerade meine Typen, aber ich weiß, Nicki hat es gut gemeint.
    Paul schickt täglich per Skype ein besser dich und werd xund und per Normalpost eine Schneekugel mit einer Schneekönigin vor der Skyline Vancouvers.
    Ich schüttel die Schneekugel ein bisschen und ich blätter doch noch mal die Kalenderblätter von meinen Feuerwehrmännern und ihrem Equipment durch und schlafe ein. Als ich wieder aufwache, steht Hans-Dieter in meinem Schlafzimmer.
    Ich hätte nie gedacht, dass es mal einen Tag gibt, an dem Hans-Dieter in meinem Schlafzimmer steht, und ich hoffe inständig und wünsche mir von ganzem Herzen, dass so ein Tag auch nie wieder vorkommt.
    „Hab gehört, du bist krank“, sagt Hans-Dieter.
    „Ja“, sage ich. „Sieht ganz so aus.“
    „Sieht´s so aus oder bist du´s wirklich?“, sagt Hans-Dieter.
    „Ganz in echt“, sage ich. „Richtig krank mit Medikamente nehmen und nicht aufstehen dürfen, die ganze Palette.“
    „Dann muss ich mir das Wasser für meinen Tee wohl selber machen“, sagt Hans-Dieter und zieht einen Teebeutel aus der Jackentasche.
    „Der Wasserkessel ist in der Küche“, sage ich, weil ich einfach nicht widerstehen kann.
    Und Hans-Dieter steht doch wirklich auf und geht in die Küche. Jetzt ist der Mann nicht nur in meinem Schlafzimmer, sondern auch noch in meiner Küche. Nach einer Weile kommt er mit einem Becher Tee zurück.
    „Wusste nicht, ob du auch Tee willst“, sagt Hans-Dieter. „Deswegen habe ich dir vorsichtshalber keinen gemacht.“
    „Du bist ja so richtig umsichtig“, sage ich.
    „Meinst du, du bist noch lange krank?“, sagt Hans-Dieter.
    „Weiß nicht“, sage ich.
    „Ich wollte nämlich noch mal mit dir reden“, sagt Hans-Dieter. „Wegen meinem Angebot.“
    Angebot, was für ein Angebot? Ich überlege, aber mir fällt nichts ein.
    „Du weißt schon“, sagt Hans-Dieter. „Dass es vernünftig wäre, wenn wir uns zusammentun. Dein Hof ist irgendwie schöner, und du hast auch Strom, wir könnten ja hier wohnen, das wäre okay für mich.“
    Jetzt schlägt´s doch schon wieder dreizehn. Wie sagt der kleine Philosoph so treffend auf You Tube? Ist das das wirkliche Leben?? Und vor allen Dingen: Warum ich??? Ich überlege in der Tat, ob das nicht ein Fall für die 112 ist, für die nationale Notfallnummer. Denn das ist doch ein Notfall. Jemand soll kommen und Hans-Dieter aus meinem Schlafzimmer entfernen. Die Polizei oder die Feuerwehr vielleicht. Von mir aus auch die Vancouver Fire Fighters. Hauptsache jemand entfernt ihn.
    „Was ist mit der Russin?“, sage ich. „Ich denke, du bist ein verheirateter Mann.“
    „Mit der Russin ist nichts“, sagt Hans-Dieter. „Ich will die Ehe annullieren lassen. Ich habe schon die Botschaft angerufen.“
    „Und?“, sage ich.
    „Die sind irgendwie nicht zuständig“, sagt Hans-Dieter. „Wenn man sie schon mal braucht, ich meine, ich bin schließlich Deutscher, nicht wahr.“
    Hans-Dieter schlürft seinen Tee aus und stellt den Becher auf meinen Nachttisch.
    „Ich muss mal wieder“, sagt er. „Das Land ruft. Ist ja viel Arbeit. Ganz besonders so ohne Strom. Das wäre hier natürlich einfacher.“
    Mir hat´s jetzt wirklich die Sprache verschlagen. Ich bin jetzt wirklich kurz davor die 112 anzurufen, aber da steht Hans-Dieter auf und geht. Freiwillig. Ich weiß gar nicht, was ich als Abschied sagen soll. Auf Wiedersehen passt hier auf keinen Fall, denn Wiedersehen möchte ich ihn lieber nicht.
    „Machs gut“, sage ich. Das ist das Maximum, zu dem ich mich durchringen kann. Soll ihm ruhig gutgehen. Hauptsache, er ist dabei möglichst weit weg.
    Hans-Dieter geht endlich. Und im Grunde hat er mir einen

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