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Nachrichten an Paul

Nachrichten an Paul

Titel: Nachrichten an Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Heinold
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ja“, sagt Clara. „Du bist dabei, unser ganzes Leben zu verändern.“
    „Ja, weil du es so wolltest“, sagt Rui.
    „Ja schon“, sagt Clara. „Einerseits schon.“
    „Und andererseits?“, fragt Rui.
    „Andererseits weiß ich nicht“, sagt Clara.
    „Versteh einer die Frauen“, sagt Rui.
    „Spielst du noch mal das Lied?“, fragt die Prinzessin.
    Rui nimmt sein Saxophon und spielt noch mal diese wunderbare Melodie. Vielleicht eine der schönsten der Welt. Clara, die Prinzessin und ich hören einfach nur zu. Da klingelt es an der Tür. Ich gehe hin und mache auf.
    „Jetzt ist aber mal Schluss“, sagt der Mann, der uns erst mit der Faust gedroht und dann einen Vogel gezeigt hat. „Es ist Samstag. Ich will schlafen.“
    Und ganz ehrlich, das möchte ich jetzt auch. Und die Prinzessin gehört auch ins Bett. Schon längst. Eigentlich. Ich gebe der Prinzessin ein Zeichen und wir verabschieden uns von Clara.
    „Kann ich noch bleiben?“, fragt Rui.
    „Nein lieber nicht“, sagt Clara. „Ich muss nachdenken.“
     
    *
     
    Zu Hause fallen wir einfach nur noch ins Bett. Ich schlafe wie ein Stein. Als ich aufwache, wird es draußen gerade wieder dunkel. Ich gehe nach vorne in die Küche. Da ist eine schokoladenverschmierte Prinzessin mit Schürze und denkt den Tisch.
    „Ich habe gekocht“, sagt die Prinzessin.
    „Und was gibt´s?“, frage ich.
    „Schoko-Pommes“, sagt die Prinzessin. „Wollte ich schon immer mal ausprobieren. Die Nachbarin hat Kartoffeln gebracht. Und die Schokolade habe ich im Schrank gefunden.“
    Sie hat sogar den Tisch gedeckt, und die Schokoladen-Fondue in Gang gesetzt. Ich setze mich hin und die Prinzessin serviert. Wir stippen die Pommes in die Schokosoße, aber so ganz das Richtige ist es nicht, das gibt auch die Prinzessin zu. Und es wird auch nicht besser, wenn man es noch mit Zimt oder Zucker oder Pfeffer bestreut.
    „Ich bin trotzdem froh, dass wir es mal ausprobiert haben“, sage ich zur Prinzessin.
    „Ich auch“, sagt Lena.
     
    Am Montag fliegt Lena wieder nach Hause und ich bin richtig traurig. Clara bringt uns in aller Frühe zum Flughafen nach Porto, da müssen wir nicht mit dem Bus fahren.
    „Wirst du mit Rui zusammenziehen?“, fragt Lena.
    „Ich weiß nicht“, sagt Clara. „Das kam jetzt irgendwie so überraschend.“
    „Nach sechs Jahren?“, sage ich. „Was ist denn da überraschend?“
    „Hast du gedacht, dass Rui je seine Frau verlässt?“, fragt Clara.
    „Na ja“, sage ich. „Eher nicht.“
    „Siehste“, sagt Clara.
    „Sehe ich was?“, frage ich.
    „Dass er sich trennt“, sagt Clara. „Dass er sich überhaupt trennt. Ich hatte irgendwie nicht mehr damit gerechnet.“
    „Er spielt richtig cool Saxophon“, sagt die Prinzessin.
    „Oja, das tut er“, sagt Clara. „In jeder Beziehung.“
    Und ich hoffe, dass sie das jetzt nicht weiter ausführt, denn schließlich haben wir die Prinzessin im Auto und die ist erst dreizehn.
     
    Lena wird eingecheckt und abgegeben. Sie ist in guten Händen, ich weiß das, Kinder gehen nicht verloren auf Flügen, da passen die Stewardessen auf, die Flugbegleiterinnen, wie sie ja jetzt heißen. Aber ich mache mir doch Sorgen, es ist ein weiter Weg, ich hoffe, dass alles gut geht. Ich hoffe, das Kind kommt gut an. Ich bin mir sicher, sie wird auf dem Flug eine Cola nach der anderen trinken.
    „Und dass du dich sofort meldest, wenn du zurück bist“, ermahne ich die Prinzessin. Und dann ist sie weg aus meinem Leben.
     
    *
     
    Da ist ja jetzt schon einiges an Arbeit liegen geblieben über die letzten Tage und ich stürze mich in meine Übersetzungen. Ich kann mich nicht so recht entscheiden zwischen Elektro-Bodenhacke und Elektrischem Fondue. Oder vielleicht zuerst das Bad-Radio. Was ist bloß ein Bad-Radio? Ich werfe einen Blick in die Gebrauchsanleitung und verstehe: Ein Bad-Radio ist dazu da, dass man in der Dusche Radio hören kann. Und zwar während man duscht. Ich frage mich: Muss das sein? Und kann man eigentlich überhaupt was hören, wenn doch das Wasser um einen herumrauscht? Da macht eine Bodenhacke schon mehr Sinn. Mit einer Elektro-Bodenhacke lockert man den Boden in seinem Garten auf. Das Teil sieht aus, als ob man sehr kräftige Arme braucht, um damit zu hacken. So ein Gerät werde ich vermutlich nie benutzen. Ich meine, hoffentlich werde ich so ein Gerät nie benutzen. Nicht, wenn ich es irgendwie vermeiden kann, jedenfalls. Ich bin nämlich nicht so der Gartentyp, jetzt mal ganz ehrlich.

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