Nachrichten an Paul
und eine echte Spezialität ist. Der Käse ist weich. Man schneidet ihn oben auf, nimmt die Schale ab wie einen Deckel und holt den Käse mit Dessertlöffeln raus. Wir machen in Seia Pause und laufen durch die kleine Stadt. Paul ist beeindruckt. Die alten Häuser. Die alte Kirche. Der viele Naturstein. Es gefällt ihm. So viel alte Kultur. Das hat er in Kanada natürlich nicht.
Wir trinken in einem lauten Café unseren Galão und kaufen Broa , das traditionelle Maisbrot, das sogar sehr gut schmeckt, wenn es schön frisch ist.
Am Abend sind wir wieder zu Hause. Wir sitzen auf der Terrasse und blicken über die Weinfelder. An den Weinstöcken hängen schon Trauben, es sieht ganz nach einer guten Ernte aus. Eine Grille zirpt laut. Vom Weinhof unten hört man das Rufen der Unken, es klingt wie eine quietschende Gartenpforte. Wir essen Maisbrot, löffeln dazu den Käse und trinken Rotwein.
Am Sonntag gehe ich mit Paul in mein Lieblingscafé in den Thermen. Irina grüßt und freut sich, dass ich in Begleitung bin. Ich frage mich, ob sie sich fragt, ob der Mann an meiner Seite nicht ein bisschen zu jung für mich ist. Mir wird klar: Das werde ich mich immer fragen, wenn ich mit Paul unterwegs bin. Und mir wird auch klar: Das möchte ich nicht.
„Schön ist es hier“, sagt Paul.
Ja, das Café ist klasse. Gemütlich eingerichtet und mit Blick auf den Fluss. Paul liest eine Computerzeitschrift, die er noch vom Flug hat und ich lese den Público . In der Beilage vom Samstag ist wie immer ein Ausflugstipp für Wochenende. Dieses Mal ist es ein langer Bericht über ein Restaurant bei Águeda. Irgendwo hinter Águeda in den Bergen, ein ganzes Stück weg, in einem alten Granitdorf. Da haben sie eine leerstehende Zwergschule in ein Restaurant umgewandelt. Das Essen soll klasse sein, das Ambiente was ganz Besonderes. Ich denke: das ist doch ein guter Ort, um mit Paul hinzufahren.
Also fahren wir zum Abendessen nach Macieira, denn so heißt der kleine Ort bei Águeda in den Bergen. Der Ort ist wirklich abgelegen. Also richtig abgelegen. Dreizehn Kilometer Stichstraße mit unzähligen Kurven. Ab und zu ein weiter Blick über eine unbesiedelte Landschaft. Macieira ist ein ziemlich kleiner Ort und in der Tat sind alle Häuser aus Granit. Es sieht im Grunde wirklich noch so aus wie vor hundert oder zweihundert oder was weiß ich wie viel hundert Jahren. Wir parken auf dem Dorfplatz und laufen zum Restaurant. Die Straßen sehen ziemlich eng aus, wer weiß, ob man da überhaupt fahren kann, da laufen wir lieber.
Die Schule ist wirklich stilvoll renoviert. Im Flur ist die Rezeption und im ehemaligen Klassenzimmer das Restaurant. Es hängen sogar noch die alten Landkarten an der Wand. Auch die alte Schultafel hängt noch an der Wand und wird sogar benutzt, da sind jetzt mit Kreide die Tagesgerichte angeschrieben. Der Raum ist voll besetzt, wir haben Glück, dass wir überhaupt noch einen Tisch bekommen.
Wir sind nicht die Einzigen, die den Artikel im Público gelesen haben, sagt die Besitzerin. Es sind nur noch zwei Tische frei und einer davon ist schon reserviert. Wir bestellen Chanfana – Ziegenfleisch in schwarzen Tontöpfen stundenlang im Holzofen geschmort – und fangen schon mal mit den Vorspeisen an.
Es ist schön mit Paul und es fühlt sich gut an, so als Paar. Es gibt viel zu erzählen, ganz besonders, weil ich ja jetzt die Prinzessin kenne. Und weil die Zeit mit Lena so schön war und weil sie mir richtig fehlt, höre ich gerne Geschichten über sie, das bringt sie mir wieder ein bisschen näher. Als Nachspeise gibt es Frischkäse mit hausgemachtem Kürbispüree und Leite Creme . Wir nehmen beide den Frischkäse. Es schmeckt einfach wunderbar, diese Kombination aus leicht salzigem Käse und süßem Kürbispüree. Und als wir beim Kaffee sind, satt und zufrieden, kommt Miguel ins Restaurant. Mit Helena.
Die Besitzerin bringt sie an den reservierten Tisch. Miguel hat also auch den Público gelesen, na ja das tut er natürlich immer, das ist ja seine tägliche Lektüre. Aber dass er dann auch gleich ausgerechnet heute hier auftauchen muss! So weit weg von Porto. Aber ich bin ja auch gleich heute hier aufgetaucht. So weit weg von zu Hause.
Helena sieht mich und sagt etwas zu Miguel. Miguel guckt zu uns rüber. Wir nicken uns alle zu. Ich bin froh, dass wir schon mit dem Essen fertig sind und gleich gehen können. Miguels Anwesenheit hier irritiert mich irgendwie. Eigentlich müsste ich da jetzt hingehen und Miguel
Weitere Kostenlose Bücher