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Nachrichten an Paul

Nachrichten an Paul

Titel: Nachrichten an Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Heinold
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Und mit einem elektrischen Fondue kann man Schokolade schmelzen und Schoko-Pommes machen. Ach Prinzessin, ich vermisse dich jetzt schon.
    Ich drücke auf Agathes Knöpfchen am Po und sehe die Puppe an.
    „Geht alles gut?“, frage ich. „Kommt die Lena gut an?“
    Agathe nickt zweimal kräftig mit dem Kopf und ich bin etwas beruhigter.
    „Sehen Sie“, sagt Dona Ermelinda, die plötzlich hier bei mir im Arbeitszimmer steht. „Kaum ist das Kind weg, reden Sie wieder mit der Puppe.“
    Ich sage nichts.
    „Ist nicht gut dieses Alleinsein“, sagt Dona Ermelinda. „Ist nicht gut.“
    Sie erzählt noch ein bisschen von ihrer Tante aus Águeda, die jetzt in Porto wohnt, fragt, ob ich mal wieder in Porto gewesen bin, obwohl sie ja weiß, dass ich das nicht war, nicht wahr, es ist nämlich mehr sowas wie eine Miguel-Moreira-Erinnerungsfrage, und geht dann.
    Und ich fange mit meinen Übersetzungen an. Endlich. Wurde jetzt aber auch Zeit. Vielleicht sollte ich mit dem elektrischen Fonduegerät anfangen. Ich überfliege die Anleitung. Da sind sogar Rezepte drin. Und zwar ziemlich leckere Rezepte. Und schon lese ich mich in diesen Rezepten fest, statt zu übersetzen. Fondue Bourguignonne ist so richtig was für die Fleischesser. Besteht aus Fleisch und Pickles. Na ja Pickles sind natürlich auch eine Art Gemüse, irgendwie, wenn man´s ganz genau nimmt. Ein Rezept für eine Käsefondue mit zwei Sorten Käse, Weißwein und Kirschwasser. Ein Rezept, das lecker klingt, aber schon schwer im Magen liegt, wenn man nur die Zutatenliste liest. Obwohl andererseits natürlich das Kirschwasser den Käse ja wieder auflöst, und das Rezept im Grunde ausgewogener ist als es auf den ersten Blick aussieht. Und ein chinesisches Fondue. Zuerst gart man Gemüse in einer Brühe und verfeinert das Ganze mit Sherry. Dann schneidet man Hähnchenbrustfilet, Schweinefilet und Kalbsfilet in hauchdünne Scheibchen. Dann werden die Fleischstückchen in der Brühe gegart und mit Sojasoße gegessen.
    Das klingt so richtig gut, das würde ich ja gerne mal essen. Das hätte ich schön mit der Prinzessin machen können. Den Sherry hätten wir dann natürlich weggelassen.
     
    Und plötzlich ein Videocall. Ich nehme ab. Da lacht die Prinzessin aus meinem Bildschirm, sie ist also glücklich gelandet, na Gott sei Dank. Morgen fährt sie zu ihrer Mutter, aber heute ist sie noch bei Paul. Die Prinzessin wirft mir einen Kuss zu und schneidet Faxen. Hinter ihr steht Paul. Es ist Wochen her, seit ich Paul gesehen habe, wir haben meist nur gechattet, fast immer ohne Kamera. Er sieht ganz fremd aus. Er hat die Haare jetzt ganz kurz, also so richtig millimeterkurz. Er schiebt die Prinzessin zur Seite und sagt: jetzt lass mich mal.
    „Vielen Dank, dass du so toll auf Lena aufgepasst hast“, sagt Paul.
    „Ja“, sage ich.
    „Es hat ihr richtig gut gefallen“, sagt Paul.
    „Mir auch“, sage ich.
    „Sie sagt, bei dir ist es viel schöner als bei der Oma“, sagt Paul.
    Na das will ich aber auch hoffen.
    „Danke“, sage ich.
    „Sie ist ganz begeistert von deiner Freundin, dieser Clara, die die Bücher schreibt“, sagt Paul.
    „Ja“, sage ich.
    „Und ihr habt ja richtig viel erlebt“, sagt Paul.
    „Ja“, sage ich.
    „Ist was?“, sagt Paul.
    „Nein“, sage ich. Was soll sein?
    „Du bist so einsilbig“, sagt Paul.
    „Nein“, sage ich.
    Aber bin ich irgendwie doch. Ich glaube, es ist der Schreck plötzlich Paul wieder zu sehen, nachdem ich ihn so lange nicht gesehen habe, das hat mir irgendwie die Sprache verschlagen.
    „Doch“, sagt Paul. „Du bist einsilbig. Ist alles in Ordnung?“
    „Alles in Ordnung“, sage ich. Das sind ja immerhin schon drei Worte.
    „Jetzt komm“, sagt die Prinzessin zu Paul. „Ich hab Hunger.“
    „Ich muss“, sagt Paul. „Ich muss mich um die Prinzessin kümmern. Wir skypen, okay?“
    „Okay“, sage ich.
    Wir verabschieden uns und Paul und die Prinzessin sind weg. War ja auch komisch, ihn da jetzt wiederzusehen. So fremd. Mit diesen ganz kurzen Haaren. Ich hatte ihm eigentlich sagen wollen, dass seine Tochter ein ganz wunderbares Kind ist. Aber das kann ich ja noch tun. Ich werde ihm eine Nachricht schicken. In seine Facebook-Fangbox. Ich mache Facebook auf und schreibe.
    Lieber Paul. Die Prinzessin ist ein ganz wunderbares Kind. Das hast du wirklich gut hingekriegt. Beijinhos Anna
    Und weg ist Paul aus meinem Leben. Er skypt nicht, obwohl er das versprochen hat, aber das kenne ich ja schon. Er schickt keine

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