Nachrichten aus Mittelerde
Blick zu schützen: Bei dem ›Verschleierung‹ genannten Vorgang ließen sich gewisse Gegenstände oder Bereiche im Stein nur als ein Schatten oder dichter Nebel erkennen. Auf welche Weise dies bewerkstelligt wurde (von jenen, die Kenntnis von den Steinen und der Möglichkeit hatten, von ihnen beobachtet zu werden), ist eines der verlorenen Geheimnisse der
palantíri
. 18
Ein Betrachter konnte durch seinen Willen das ›Gesicht‹ des Steins dazu veranlassen, sich auf einen bestimmten Punkt in oder nahe seiner direkten Linie zu konzentrieren. 19 Die ungelenkten ›Gesichte‹ waren klein, besonders die der geringerenSteine, obgleich sie im Auge eines Zuschauers viel größer waren, der sich in einiger Entfernung (am besten etwa drei Fuß) von der Oberfläche des
palantír
aufstellte. Doch vom Willen eines geschickten und starken Betrachters beherrscht, konnten entfernte Dinge vergrößert, näher gebracht und verdeutlicht werden, während ihr Hintergrund beinahe verdrängt wurde. So war ein Mensch, der sich in beträchtlicher Entfernung befand, gewöhnlich als eine winzige Gestalt wahrzunehmen (nicht größer als einen halben Zoll), die schwer aus einer Landschaft oder einer Ansammlung anderer Menschen hervorzuheben war; doch Konzentration konnte das Bild vergrößern und erhellen, bis der Mensch, von Einzelheiten abgesehen, etwa ein Fuß groß und deutlich wie auf einem Gemälde zu sehen und zu erkennen war, falls er dem Betrachter bekannt war. Große Konzentration konnte sogar Einzelheiten vergrößern, an denen der Betrachter interessiert war, so dass (zum Beispiel) zu erkennen war, ob der Mensch einen Ring an der Hand trug.
Doch diese ›Konzentration‹ war sehr ermüdend und konnte zur Erschöpfung führen. Folglich nahm man sie nur auf sich, wenn Aufschlüsse dringend benötigt wurden und der Zufall (möglicherweise durch andere Kenntnisse unterstützt) es dem Betrachter möglich machte, aus dem Durcheinander der ›Gesichte‹ des Steins Einzelheiten herauszufinden (die für ihn und seine unmittelbaren Zwecke von Bedeutung waren). Ein Beispiel: Denethor, der, um Rohan besorgt, vor dem Anor-Stein saß und entscheiden musste, ob er sofort den Befehl geben sollte, die Leuchtfeuer anzuzünden und den ›Pfeil‹ auszusenden oder nicht, konnte sich so hinsetzen, dass er in direkter Linie nordwestlich bis westlich durch Rohan, dicht an Edoras entlang und in Richtung auf die Furten des Isen blickte. Zu dieser Zeit hätten entlang dieser Linie Bewegungen von Menschen sichtbar werden können. Wenn dem so war, konnte er sich (sagen wir) auf eine Gruppe von Reitern konzentrieren undschließlich eine Gestalt entdecken, die er kannte: Gandalf, zum Beispiel, der mit den Verstärkungen zu Helms Klamm ritt, plötzlich seitlich ausbrach und nach Norden eilte. 20
Die
palantíri
konnten weder versehentlich noch gegen ihren Willen Einblick in die Gedanken der Menschen nehmen; denn die Übertragung von Gedanken beruhte auf dem Willen der Benutzer auf beiden Seiten, und Gedanken (aufgenommen als Sprache) 21 waren nur von einem Stein auf einen anderen übertragbar, wenn diese im Einklang waren.
Anmerkungen
1
Ohne Zweifel wurden sie während der Verhandlungen zwischen Arnor und Gondor im Jahr 1944 betreffend die Thronnachfolge benutzt. Die ›Botschaften‹, die Gondor im Jahr 1973 erhielt, die von der äußersten Not des Nördlichen Königreiches berichteten, entsprangen möglicherweise ihrer letzten Benutzung vor dem Ausbruch des Krieges um den Ring. [Anmerkung des Autors]
2
Mit Arvedui gingen die Steine von Annúminas und Amon Sûl (Wetterspitze) verloren. Der dritte
palantír
des Nordens war der im Turm Elostirion auf Emyn Beraid, der besondere Eigenschaften besaß (siehe Anmerkung 16).
3
Der Stein von Osgiliath war in den Fluten des Anduin im Verlauf des Bürgerkrieges des Sippenstreits 1437 verlorengegangen.
4
Über die Zerstörbarkeit der
palantíri
siehe Seite 532. Im Eintrag für das Jahr 2002 in der »Aufzählung der Jahre« und auch in Anhang A, I, 4 des
Herrn der Ringe
wird als Tatsache verzeichnet, dass der
palantír
beim Fall von Minas Ithil geraubt wurde; doch mein Vater bemerkte dazu, dass diese Annalen nach dem Krieg um den Ring angefertigt seien und dass diese Feststellung, wie gesichert auch immer, eine Folgerung sei. Der Ithil-Stein wurde nie wiedergefunden, und vermutlich wurde er beim Untergang von Barad-dûr vernichtet. Vgl. auch Seite 637f.
5
Von sich aus konnten die Steine nur
sehen
: Szenen
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