Nachrichten aus Mittelerde
sagte Húrin.
»Du wirst es sehen und du wirst es eingestehen, dass ich nicht lüge«, sagte Morgoth. Er brachte Húrin nach Angband zurück, setzte ihn auf einen steinernen Sessel hoch oben auf den Thangorodrim, von wo aus er in der Ferne das Land Hithlum im Westen und die Länder Beleriands im Süden einsehen konnte. Dort blieb er durch Morgoths Macht an seinen Platz gefesselt, und dieser stand neben ihm, verfluchte ihn erneut und belegte ihn mit einem Bann, so dass er sich weder fortbewegen noch sterben konnte, bevor Morgoth ihn nicht erlöste. »Hier bleibe nun«, sagte Morgoth, »und schaue über die Länder, in denen Elend und Verzweiflung über alle kommen wird, die du mir ausgeliefert hast. Denn du hast es gewagt, mich zu verspotten und die Allmacht Melkors anzuzweifeln, der Herr über Ardas Geschicke ist. Deshalb sollst du mit meinen Augen sehen, mit meinen Ohren hören, und nichts soll dir verborgen bleiben.«
Túrins Abreise
Nur drei Männer fanden am Ende den Weg durch den schrecklichen Taur-nu-Fuin zurück nach Brethil, und als Glóredhel, Hadors Tochter, erfuhr, dass Haldir gefallen war, brach ihr der Kummer das Herz.
Nach Dor-lómin drangen keine Nachrichten. Rían, Huors Gemahlin, floh in ihrer Verzweiflung in die Wildnis, doch Grau-Elben aus den Bergen von Mithrim standen ihr bei, und als ihr Sohn Tuor geboren wurde, zogen sie ihn auf. Rían jedoch begab sich zum Haudh-en-Nirnaeth, legte sich nieder und starb.
Morwen Eledhwen blieb in Hithlum in stummem Schmerz. Ihr Sohn Túrin war erst neun Jahre alt, und sie war erneutschwanger. Sie erlebte schlimme Zeiten. Die Ostlinge kamen in großer Zahl ins Land, sie verfuhren grausam mit dem Volk Hadors, raubten ihm seinen Besitz und versklavten es. Alle Bewohner der Heimatländer Húrins, die arbeiten konnten oder zu irgendetwas nütze waren, schleppten sie fort, sogar junge Mädchen und Knaben; die Alten töteten sie oder ließen sie in der Wildnis Hungers sterben. Aber sie wagten es nicht, Hand an die Herrin von Dor-lómin zu legen oder siae aus ihrem Haus zu stoßen, denn es liefen Gerüchte um, sie sei gefährlich und eine Hexe, die mit den Weiß-Furien Umgang habe; so nannten sie die Elben, die sie hassten, aber mehr noch fürchteten. 3 Aus diesem Grund fürchteten und mieden sie auch die Berge, in denen viele der Eldar Zuflucht gesucht hatten, vor allem im Süden des Landes. Nachdem sie das Land geplündert und verheert hatten, zogen sich die Ostlinge nach Norden zurück. Húrins Haus befand sich im Südosten Dor-lómins in der Nähe der Berge. Der Ursprung des Nen Lalaith war eine Quelle unterhalb des Amon Darthir, über dessen Rücken ein steiler Pass führte. Wer waghalsig genug war, konnte hier die Ered Wethrin überqueren und an den Quellen des Glithui nach Beleriand hinabsteigen. Dieser Weg aber war weder den Ostlingen noch Morgoth bekannt, weshalb jener ganze Landstrich, solange das Haus Fingolfin bestand, vor Morgoth sicher war; keiner seiner Knechte war jemals hierher gekommen. Er vertraute darauf, dass die Ered Wethrin eine unüberwindliche Mauer bildeten, sowohl für Flüchtlinge aus dem Norden wie auch für Angreifer aus dem Süden. Und es gab in der Tat für alle, die keine Flügel hatten, keine andere Verbindung zwischen dem Serech und dem äußersten Westen, wo Dor-lómin an Nevrast grenzte. So konnte es geschehen, dass Morwen nach den ersten Überfällen unbehelligt blieb, obwohl Männer in den umliegenden Wäldern herumlungerten und es gefährlich war, sich zu weit vom Haus zu entfernen. Dort lebten unterMorwens Schutz Sador, der Holzschnitzer, einige alte Männer und Frauen und Túrin, den Morwen nur im Hof umherlaufen ließ.
Aber Húrins Hauswesen geriet bald in Verfall, und obgleich Morwen hart arbeitete, lebte man in Armut. Man hätte Hunger leiden müssen, wäre nicht die Unterstützung gewesen, die Aerin, Húrins Verwandte, Morwen heimlich zukommen ließ. Ein gewisser Brodda, ein Ostling, hatte Aerin gewaltsam zu seiner Ehefrau gemacht. Es war bitter für Morwen, Almosen annehmen zu müssen, doch Túrins und ihres ungeborenen Kindes wegen nahm sie die Hilfe an; überdies, so sagte sie, stammten die Gaben aus ihrem Besitz. Nämlich es war ebendieser Brodda, der sich der Menschen, der Güter und des Viehs von Túrins Heimatländern bemächtigt und sie zu seinem eigenen Wohnsitz geschleppt hatte. Er war ein unerschrockener Mann, der freilich unter seinen Landsleuten wenig gegolten hatte, bevor sie nach Hithlum kamen. Da er den
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