Nachruf auf eine Rose
kleines Boot. Da wurde die Heimleitung stutzig, und Sally suchte sich in einem anderen Heim Arbeit. Nach sechs Monaten dort verlobte sie sich mit einem fünfundsiebzigjährigen Major a. D. Kurz vor der Hochzeit kam er jedoch bei einem Autounfall ums Leben. Sally war gefahren und kam mit einem gebrochenen Arm davon. Der Major hinterließ ihr zweiundzwanzigtausend Pfund und ein Haus in Wittering.»
«Wurde damals ein Verdacht gegen sie geäußert?»
«Nichts. Man wunderte sich zwar, als der Major seine Verlobung ankündigte, doch Autounfälle sind schließlich nichts so Ungewöhnliches, und nichts deutete auf ein Verschulden Sallys hin. Und nicht zuletzt war sie auch verletzt worden.»
«Was geschah dann?»
«Jetzt kommt der überraschende Part: Sie ging aufs College, um Wirtschaftswissenschaften zu studieren. Nachdem sie das Studium abgeschlossen hatte, fand sie eine Anstellung als Büroleiterin einer hiesigen Wohlfahrtsorganisation.»
«Also hatte sie sich tatsächlich positiv verändert?»
«Auf den ersten Blick sah es so aus, doch Beck, der Privatdetektiv, ist da anderer Ansicht. Man sah sie immer wieder mit anderen Freunden, wohlhabenden Männern, die alle viel älter waren als sie, und mit fünfundzwanzig konnte sie es sich leisten, aus dem geerbten Haus in Wittering auszuziehen und sich ein Cottage außerhalb von Midhurst zu mieten. Zu diesem Zeitpunkt verkaufte sie sich als elternloses Einzelkind aus wohlhabendem Hause, das aus dem Norden Londons stammte. Ein Jahr später lernte sie Alexander bei einem Konzert kennen und heiratete ihn nach zwölf Wochen. Drei Monate nach ihrer Trauung starb der Onkel ihres Ehemannes, und die beiden erbten ein Vermögen, dessen Wert sich auf fünfzehn Millionen Pfund beläuft.»
«Und wer beerbt Alexander nach dessen Tod?»
«Nach Becks Angaben ist das Sally Wainwright-Smith.»
Die Stille, die sich nach diesen Worten über den Raum legte, wurde nur durch das leise Knistern des Kaminfeuers durchbrochen. Fenwick sammelte die Papiere zusammen und heftete sie wieder ab.
«Warum hat Beck die Unterlagen zurückgehalten?»
«Er sagt, nach Grahams Tod sei er vor Angst fast verrückt geworden. Das mag stimmen, doch andererseits haben ihn all diese Millionen vielleicht auf den Gedanken gebracht, es einmal mit Erpressung zu versuchen. Morgen Nachmittag kommt er aufs Präsidium, um seine Aussage zu Protokoll zu geben.»
«Das ist das letzte fehlende Teil in dem Puzzle. Wahrscheinlich kannte sie Amanda Bennett von ihrer Zeit in Brighton. Vielleicht hat Amanda Fish von Sallys Vergangenheit erzählt, und er hat versucht, sie damit zu erpressen. Sie haben wieder einmal gute Arbeit geleistet, Nightingale.» Als Fenwick sah, dass sie errötete, lächelte er. Dann sagte er: «Am besten machen Sie sich jetzt auf den Weg. Sobald das Kindermädchen zurück ist, komme ich nach.»
45B 39
Fenwick traf gegen elf Uhr ein. Er ließ Cooper und Blite gleich zu sich ins Büro kommen und reichte jedem einen Becher Kaffee, den er selbst zubereitet hatte.
«Also, was haben Sie?»
«Nichts, Sir», antworteten die beiden Beamten wie aus einem Munde.
«Aber es muss eine Verbindung geben. Wir wissen, dass Fish Amanda Bennett besucht hat, und zwar in der Nacht, als er ihr das Band zur Verwahrung überließ und sie beide ermordet wurden. Doch warum war es für Sally so wichtig, dass Fish starb, so wichtig, dass sie sogar das Risiko einging, einen Typen wie Fielding anzuheuern? Fish muss etwas gegen sie in der Hand gehabt oder sie sogar erpresst haben. Obwohl ich mich schwer tue zu glauben, dass er den Mumm dazu aufbrachte.»
«Amanda kannte ihren Mörder, das haben uns ihre Nachbarn bestätigt», sagte Blite.
«Das ist ein wichtiger Punkt, Inspector. Wenn es uns also gelänge zu beweisen, dass Sally und Amanda sich von früher her kannten – aus Sallys Zeit als Prostituierte in Brighton –, so würde das unsere Chancen, ein Verfahren gegen sie zu eröffnen, ganz erheblich verbessern. Wir müssen die Verbindung zwischen Sally und Amanda finden. Und dann schaffen wir es auch, sie mit den anderen Morden in Zusammenhang zu bringen. Lassen Sie Sergeant Gould das Protokoll von Amandas Verhaftung noch einmal genau durchgehen. Finden Sie heraus, welche Beamten sie damals festgenommen haben – wir müssen mit ihnen sprechen.»
Blite verließ den Raum, und Cooper machte ebenfalls Anstalten, sich zu erheben.
«Bitte bleiben Sie noch einen Moment. Ich muss mit Ihnen über Alexander sprechen. Hat er mit
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