Nachruf auf eine Rose
doch wir hatten es eigentlich auf die Hintermänner abgesehen. Wir wussten, dass jemand mit viel Geld und guten Verbindungen dahinter steckte. Das sah man an der Ausstattung des Hauses, an den Freiern, alle aus so genannten besseren Kreisen. Harris stand zu dem Zeitpunkt kurz vor der Pensionierung, und dieser Coup war sozusagen sein Schwanengesang.
Das ist jetzt fast genau zehn Jahre her. Eines Nachts haben wir den Laden hochgenommen, haben acht Freier und außer Amanda noch neun der Mädchen mitgenommen.»
«War Sally auch dabei?»
«Nicht in dieser Nacht. Sie rief an, sie habe die Grippe, und war deshalb zu Hause geblieben. Das jüngste Mädchen war erst vierzehn. Sie war mit einem Typen zusammen, der damals hier am Ort eine Reihe von Druckereien besaß. Ich erinnere mich deshalb an ihn, weil meine Ex-Frau mit seiner Frau befreundet ist. In einem anderen Zimmer fanden wir einen Freier, der sich gerade, als wir hereinkamen, mit einem Stöckchen den Hintern versohlen ließ. Aber im Vergleich zu diesem anderen Schwein war das ja noch harmlos. Ich kann keinen Beutel mit Wäscheklammern mehr sehen, ohne an ihn zu denken.»
In Fenwicks Kopf schrillte eine Alarmglocke, doch er ließ ihn weitererzählen.
«Die anderen entsprachen der üblichen Kundschaft. Wir haben ihre Personalien aufgenommen und waren gerade dabei, die Staatsanwaltschaft zu informieren, als das Telefon klingelte. Harris nahm den Anruf entgegen. Ich weiß nicht, wer dran war oder was gesprochen wurde, doch als er wieder zurückkam, war er rot vor Zorn. Er sah aus, als würde er jeden Augenblick einen Schlaganfall bekommen. Er wies uns an, mit den Mädchen weiterzumachen und dass er und ein anderer Beamter sich um die Freier kümmern würden.
Zu der Zeit habe ich mir nichts dabei gedacht, doch später, als ich die Akten durchsah, fiel mir auf, dass in den Berichten nur von sechs Kunden die Rede war. Zwei waren einfach so verschwunden. Jemand hinter den Kulissen hatte die richtigen Fäden gezogen, um ihnen Unannehmlichkeiten zu ersparen.
Die Hintermänner haben wir nie geschnappt. Amanda Bennett wollte nicht auspacken. Sie hat ihre Zeit abgesessen und sich dann selbständig gemacht, wie man so schön sagt.»
«Können Sie sich an die Gesichter der Freier erinnern?»
«Zumindest an die zwei, denen ich im Puff die Fesseln gelöst habe! Die werde ich ganz sicher nicht vergessen.»
Fenwick griff in seine Tasche und zog ein Foto heraus. Er reichte es Black.
«Ich weiß, das ist jetzt schon ein paar Jährchen her, doch sehen Sie sich das Bild einmal an, und versuchen Sie, ihn sich zehn Jahre jünger vorzustellen. Könnte er dabei gewesen sein?»
Zögernd und mit skeptischem Blick nahm Black das Foto entgegen. Ein ungläubiger Ausdruck trat in seine Augen.
«Gütiger Himmel! Wie konnten Sie das wissen! Ja, das ist der verrückte Typ, der sich von dem Mädchen in Leder den Hintern versohlen ließ. Wer ist der Kerl?»
«Ein gewisser Arthur Fish. Er wurde vor drei Wochen ermordet, und ich glaube, nun endlich das Motiv für die Tat zu kennen!»
Black zog die Augenbrauen hoch und seufzte. Sein Blick schweifte über seinen wunderbaren Garten, hinaus aufs Meer, auf dessen Oberfläche weiße Schaumkronen tanzten.
«Wissen Sie, Chief Inspector, so etwas wie Vergangenheit gibt es nicht. Alles, was man je getan hat, lebt in der Gegenwart weiter.»
Er erhob sich, um Fenwick die Hand zum Abschied zu reichen, und begleitete ihn zu seinem Wagen.
47B 41
Sally wurde von ihrem Anwalt nach Hause gebracht, der darauf bestand, ihren Arzt anzurufen. Sowie er aus der Tür war, nahm Sally den Hörer wieder ab und sagte den Hausbesuch ab, um sich gleich darauf einen Drink einzuschenken. Sie war jetzt wieder völlig ruhig und musste nachdenken. Inspector Blite hatte die Gegenüberstellung um weitere vierundzwanzig Stunden verschoben, und sie hatte inzwischen beschlossen, sich dem unter gar keinen Umständen auszusetzen. Seine lässige Bemerkung, sie in einer Zelle einzuschließen, hatte ihre Zuversicht erheblich erschüttert und die Erinnerungen an ihren Bruder, eingeschlossen in dieser stinkenden Dachkammer, wach werden lassen. Grauen überwältigte sie bei dem Gedanken, dass James FitzGerald, wenn er erst einmal darüber Bescheid wüsste, dass die Polizei gegen sie ermittelte, ihnen die Fotos einfach schicken könnte, sollte ihm der Gedanke an Erpressung mit einem Male zu riskant erscheinen. Andererseits hatte Alex sich hartnäckig geweigert, FitzGerald auch nur einen
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