Nachruf auf eine Rose
einen Drink einschenkte. Das leise Lächeln, das ihre Lippen umspielte, irritierte ihn. Sie schien sich über irgendetwas zu amüsieren, als lachte sie über einen Witz, den nur sie allein verstand. Seine rechte Hand glitt in seine Hosentasche und schloss sich um das kühle Metall der Waffe.
«Du musst auch immer alles unter Kontrolle haben, was, James?» Sally hatte sich zum Feuer hingedreht. Den bloßen Rücken dem Fenster zugewandt und in der Linken das Glas, stand sie lässig gegen die Couch gelehnt.
«Es ist schon spät. Lass uns zur Sache kommen.»
Als habe er nichts gesagt, fuhr sie fort:
«Alle Männer, die ich bisher hatte, wollten mich beherrschen, immer die Kontrolle über mich haben. Das habt ihr wohl alle gemeinsam, was? Ist wohl ein Zeichen tiefer Unsicherheit.»
«Sally!» FitzGerald klang, als würde er jeden Moment die Geduld verlieren.
«Ich habe viele gewalttätige Männer gekannt, aber keiner war so wie du, mit deinem Netz aus Schlägertypen und Spitzeln und deiner Arroganz. Du bist ein sehr gefährlicher Mann, und ich werde nicht zulassen, dass du mich kaputtmachst.»
Ihre rechte Hand glitt hinter ein Kissen und wurde in einer knappen, unauffälligen Bewegung gleich wieder herausgezogen.
FitzGerald konnte gerade noch zur Seite springen, als sie abdrückte. Er spürte, wie die Kugel dicht an seinem Ohr vorbeizischte. Jetzt feuerte er seine eigene Waffe zweimal hintereinander ab, die Mündung auf ihren Brustkorb gerichtet.
Doch Sally duckte sich rasch hinter das Sofa, und die Schüsse gingen ins Leere. Noch einmal drückte sie ab, und es war ihm, als habe er einen Faustschlag auf die Schulter bekommen. Er hatte kein Gefühl mehr in den Händen, und die Waffe fiel krachend zu Boden. Ein weiterer Schuss fiel, wie von weit her, und ein scharfer Schmerz durchzuckte seine Brust, so heiß und scharf, dass er zu Boden geschleudert wurde. Dann spürte er nichts mehr.
Sally blickte hinab auf FitzGerald, der völlig reglos auf dem Boden lag. Sie warf einen raschen Blick auf ihre Armbanduhr: erst zehn nach zwei, doch sie hatte vor der Abfahrt noch viel zu tun. Er lag nah beim Kamin, und im Grunde war es egal, ob er noch lebte oder schon tot war, solange die Flammen ihn nur schnell erreichten.
Sie schleuderte ihre Waffe ins Feuer, schleifte die Zeitungen und das brennbare Material, das sie vorbereitet hatte, von den gepolsterten Möbeln bis zum Kamin. In wenigen Minuten würden der Rauch und die Dämpfe ihr Übriges tun. Und sie hätte noch genügend Zeit, um die untere Tür zur Wendeltreppe zu öffnen. So würde das Feuer sich rascher bis hinauf in die Turmspitze ausbreiten können. Die obere Tür war gut verriegelt, dafür hatte sie gesorgt, und oben, im ersten Stock, bräuchte sie nur noch ein Streichholz, und der Brennspiritus, die Farben und die Lappen würden schon dafür sorgen, dass das Feuer gut in Gang käme.
Das Gefühl, zu ertrinken, zu ersticken, keine Luft mehr zu bekommen, ließ FitzGerald langsam das Bewusstsein wiedererlangen. Unter großer Anstrengung hob er den Kopf, seine Lunge schien von brennenden Pfeilen durchbohrt. Wohin er den Blick auch wandte, das ganze Zimmer stand in Flammen: der Kamin, die Sesselbezüge, die antiken Teppiche, die Vorhänge, alles. Kleine glühende Teilchen stoben durch die Luft, und er sah, wie ein Funke auf einem seiner Hosenbeine landete, kurz aufglomm und dann aus Mangel an Brennstoff erlosch.
Er versuchte aufzustehen, doch in seinem Kopf drehte sich alles, und der Schmerz in seiner Brust war so scharf, dass er kraftlos zusammensackte. Die Hitze an seinen Fußsohlen war beinahe unerträglich, und er versuchte verzweifelt, die Füße wegzuziehen, um sie vor den züngelnden Flammen zu schützen. Unter Aufbietung all seiner Kräfte gelang es ihm schließlich, sich auf seine unverletzte Schulter zu stützen und ein paar Zentimeter weit wegzurobben, weg von den Flammen, die inzwischen wild zu lodern begonnen hatten.
Während er versuchte, sich noch ein Stückchen weiterzuschleppen, fiel sein Blick auf einen hellroten Blutfleck auf dem Teppich. Der Rauch war mittlerweile so dicht, dass er nur noch Luft bekam, wenn er Mund und Nase ganz nah am Boden hielt. Etwa zwei Meter weiter konnte er durch die Rauchschwaden den Plattenboden der Eingangshalle erkennen. Wenn er sich nur besser bewegen könnte, dann würde er es vielleicht schaffen.
Erneut kämpfte er sich hoch, doch sein Arm knickte ab wie ein Strohhalm. In diesem Moment zischte es, und der
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