Nachruf auf eine Rose
auf eine der beiden Abteilungen, die die vierzig Millionen erhalten haben, und ich schau mir die andere an.»
Bis tief in die Nacht hinein verfolgten sie eine endlos scheinende Kette von Transaktionen von einem Tochterunternehmen zum anderen innerhalb des Wainwright’schen Firmenimperiums. Zwischendurch schliefen sie ein paar Stunden und waren doch vor dem Morgengrauen bereits wieder mit den Unterlagen beschäftigt. Am späten Sonntagnachmittag hatten sie die Aufzeichnungen des Geschäftsjahrs erst zu drei Viertel nachkontrolliert und bereits herausgefunden, dass fünfeinhalb Millionen Pfund irgendwo «unterwegs» verloren gegangen waren.
Zum Abendessen holte Sally Gulasch aus dem Tiefkühlfach und deckte den Tisch in der Küche. Sie schenkte jedem ein Glas Wein aus dem Supermarkt ein, buk das Brot vom Vortag im Backofen auf und stellte zwei Teller mit Fleisch und Kartoffeln vor sie hin.
«Fünfeinhalb Millionen! Wo ist das ganze Geld geblieben, Alex?»
«Keine Ahnung. Wir müssen die Unterlagen bis zum Jahresende durchsehen, und wenn wir dort nichts finden, dann ist anzunehmen, dass sich jemand das Geld unter den Nagel gerissen hat.»
«Aber wer? Dein Onkel, Neil Yarrell oder Arthur Fish?»
«Oder alle drei zusammen. Aber diese Spekulationen bringen uns auch nicht weiter. Lass uns aufessen und wieder an die Arbeit gehen.» Während sie ihre Mahlzeit rasch beendeten, hing jeder seinen Gedanken nach, und beide grübelten darüber nach, in welche Kanäle das ganze Wainwright-Geld geflossen sein könnte.
Es war schon Mitternacht, als sie den letzten Ordner zuklappten und den letzten Computerausdruck zusammenfalteten. Von einhundertelf Millionen Pfund fehlten insgesamt sieben Millionen Pfund, die anscheinend grundlos von einer Tochterfirma zur anderen transferiert wurden.
Am nächsten Morgen konfrontierten sie Neil Yarrell mit dem, was sie herausgefunden hatten. Zunächst sprachen sie ihn auf die Geldtransfers an, und er lieferte ihnen eine plausible und erschöpfende Erklärung, bei der es um Einkommensteuer und Umsatzsteuer ging. Er schien völlig gelöst und entspannt, bis Alex auf die fehlenden sieben Millionen Pfund zu sprechen kam. Der Leiter der Finanzabteilung sah aus, als habe er einen Schlag ins Gesicht erhalten, sagte jedoch kein Wort.
«Sie zeichnen doch alles ab, Neil. Eine derartige Diskrepanz hätte Ihnen oder den Buchprüfern doch auffallen müssen.»
«Ich versichere Ihnen, da war keine Diskrepanz. Sie müssen sich verrechnet haben.»
«Das sehen wir aber anders.» Sallys Tonfall war hart und kompromisslos. «Das sieht eher nach Betrug aus, und wenn Sie nichts davon wissen, sollten Sie vielleicht einmal Arthur Fish fragen. Er muss sich regelmäßig an der Kasse bedient haben.»
«Also ich sage Ihnen –» Sie waren so in ihre Diskussion vertieft, dass niemand das zögerliche Klopfen an der halb offenen Tür gehört hatte. Als Neil Yarrell seinen Bilanzbuchhalter sah, verstummte er mitten im Satz. Offensichtlich hatte Arthur Fish die Unterhaltung mitbekommen; er sah aus, als würde er jeden Moment in Ohnmacht fallen.
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, das schließlich von Sally gebrochen wurde.
«Gut, dass Sie alles gehört haben, Fish. Wenn Sie und Neil einen Skandal vermeiden wollen, dann haben Sie genau vierundzwanzig Stunden Zeit, sich eine plausible Erklärung auszudenken.»
Arthur sah Alexander an, doch der neue Firmenchef schüttelte nur den Kopf, sein Gesichtsausdruck ließ nicht erkennen, was er dachte. Er nahm seine Frau beim Arm und verließ den Raum, so dass seine Finanzexperten sich besprechen konnten.
Unmittelbar nachdem sie gegangen waren, bat Neil Yarrell Fish zu gehen und rief James FitzGerald an. Er schilderte die Lage in knappen Worten.
«Verdammter Mist!», rief FitzGerald aus. «Das hat nicht lange gedauert. Und die Begründung mit der Steuer haben sie dir nicht abgekauft?»
«Das erklärt nicht die fehlenden sieben Millionen. Wenn wir etwas Zeit hätten, könnten Arthur und ich etwas ausarbeiten, ein paar Konten, die plötzlich auftauchen … Aber die zwei haben jetzt sozusagen Blut geleckt! Ich habe das Gefühl, die werden sich jetzt jedes einzelne Jahr vornehmen.»
«Ich werde die beiden wohl einmal besuchen müssen. Das ist zwar früher, als mir lieb gewesen wäre, aber da kann man nichts machen. Erledige du die Sache mit den Zahlen, und überlass den Rest mir. Ich nehme mir die beiden heute vor, einzeln, wohlgemerkt. Ich werde versuchen, einen Keil
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