Nachruf auf eine Rose
letzten Mal.»
«Nein, ich wollte alle einmal kennen lernen. In einem Monat werde ich hier als Alex’ persönliche Assistentin anfangen. Ich freue mich schon darauf, doch in der Zwischenzeit hat Alex mich gebeten, ihm bei der Durchsicht der ganzen Unterlagen zu helfen.»
Sie lächelte breit, das Zähnefletschen einer Raubkatze, die ihr Gebiss zeigt. Yarrell und Fish wechselten einen besorgten Blick.
«Wainwright’s ist ein vielschichtiges Unternehmen, fürchte ich …»
«Ja, ja, das weiß ich bereits. Machen Sie sich keine Gedanken. Bis jetzt hat es noch niemals eine Geldangelegenheit gegeben, mit der Alex und ich nicht fertig geworden wären.»
Nach diesen Worten gab sie dem Pförtner, der an der Tür wartete, ein Zeichen, woraufhin dieser die Kiste nahm und hinter ihr den Raum verließ.
Arthur huschte zurück in sein Büro und schloss die Tür hinter seiner amüsiert lächelnden Vorzimmerdame. In der Ungestörtheit seines Büros rieb er sich die Hände, und ein wissendes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Jetzt hatte er sie, die geheimnisvolle Mrs Wainwright-Smith. Sie würde sich noch so gut verstellen können, er hatte sie dennoch auf den ersten Blick wieder erkannt. Nun müsste er sich nur noch an ihren richtigen Namen erinnern und sie wäre da, wo er sie haben wollte. Dann könnte die kleine Sally ihm niemals wieder etwas anhaben.
Spät an diesem Abend kehrte Arthur nach Hause zurück. Er steckte den Schlüssel in das Schloss der breiten Eingangstür. Während die Tür lautlos aufschwang, hörte er gedämpfte Stimmen, und ein plötzliches Gefühl der Hoffnung stieg in ihm auf. Doch gleich darauf merkte er, dass die Stimmen aus dem Radio kamen, und der Funke verglühte im Nichts.
Schwester Brown hatte ihn kommen hören und trat in die Diele. Er sah sie fragend an, doch sie schüttelte den Kopf, und er fühlte sich noch niedergeschlagener als zuvor. Er stellte eine weiß-grüne Einkaufstüte auf den Küchenblock in der Mitte des Raumes. Zu seiner Linken, hinter dem Einbauherd, dem Kühlschrank und dem Vorratsschrank, befand sich die Tür zur Speisekammer. Geradeaus sah man durch eine Doppelflügeltür direkt in den gepflegten Garten. Und rechts von ihm gelangte man durch einen kurzen Flur in den Anbau, in dem seine Frau nun ihre letzten Tage verbrachte.
Hinter ihm, in der Diele, schlüpfte Schwester Brown in einen leichten Mantel.
«Wir sehen uns dann morgen früh, Mr Fish, kurz vor acht bin ich da. Auf der Arbeitsfläche liegt ein Zettel von mir mit Sachen, die wir brauchen. Und Sie müssten ein Rezept beim Arzt abholen, vielleicht können Sie das ja in der Mittagspause erledigen.»
Er bedankte sich und wünschte ihr einen schönen Abend. Als sie gegangen war, kam ihm die Stille im Haus besonders deutlich zu Bewusstsein.
Er ging den Gang entlang und betrat den hübsch eingerichteten Raum, in dem seine Frau Tag und Nacht lag. Das Kopfteil des Bettes stand schräg, so dass sie mit dem Oberkörper leicht erhöht lag, neben sich auf dem Nachttisch das Radio. Sowie sie ihn erblickte, rollte sie leicht die Augen und blinzelte mit dem linken Auge. Das war ihre Begrüßung.
«Hallo, Liebes. Wie war dein Tag?»
Unter Aufbietung all ihrer Kräfte blinzelte sie zweimal mit dem linken Auge.
«Oh.» Arthur wusste nicht recht, was er sagen sollte. Das wusste er nie. Er schob den Gedanken an die Arbeit beiseite und konzentrierte sich auf die nächste Stunde, die er bei ihr sitzen würde.
«Ich hab uns für heut Abend etwas Leckeres mitgebracht. Ein Steak und deine Lieblingspastete von Marks and Spencer, und danach ein Dessert mit Sahne.» Noch während er sprach, wusste er, dass er sich nur selbst beruhigen wollte. In den letzten Tagen hatte sie wie ein Spatz gegessen, hatte das pürierte Essen, das er ihr gab, im Mund hin und her geschoben und war nach ein paar Löffeln eingeschlafen. Wie kam es, dass ein Mensch so schwer krank war und trotzdem noch lebte? Er wusste keine Antwort darauf, und doch war sie das einzig Normale, was ihm in seinem verpfuschten Leben noch geblieben war.
Er ging wieder in die Küche und stellte den Backofen an. Während der Ofen vorheizte, wollte er sich etwas Bequemeres anziehen. Im Schlafzimmer war es aufgeräumt und sauber, die Bettdecke war so ordentlich aufgeklappt, dass selbst die strengste Oberschwester bei diesem Anblick wohlwollend gelächelt hätte. In einem frisch gebügelten Hemd, mit Strickjacke und karierten Hosen, Socken und Hausschlappen begab er sich wieder
Weitere Kostenlose Bücher