Nachruf auf eine Rose
Verfassung gewesen, und er hatte gut und gerne zehn Kilo Übergewicht mit sich herumgetragen.
Cooper warf einen verstohlenen Blick auf seinen eigenen runden Bauch und spürte, wie sein Marmeladetoast ihm sauer aufstieß. Er hustete laut und schnaufte. Fenwick wirkte nahezu unberührt, auch wenn man das natürlich nie so genau wissen konnte. Im Gegensatz zu Cooper, auf dessen Gesicht man lesen konnte wie in einem offenen Buch, wusste man bei Fenwick nie so genau, was er dachte. Er beobachtete, wie Pendlebury vorsichtig die inneren Organe entnahm und diese auf die Waage legte. Dem Alter entsprechend schienen sie relativ gesund. Außer dem offensichtlich untrainierten Zustand des Mannes und seinem Übergewicht deutete nichts auf eine Herzerkrankung hin. Pendlebury zeigte auf die tödliche Stichwunde, die das Herz erreicht hatte, und maß Länge und Breite des Einstichs.
Fenwick und Cooper warteten geduldig, während der Pathologe das Gehirn entnahm und es wog. Als Pendlebury die Leiche wieder schloss und mit einigen Stichen nähte, verabschiedeten sie sich und gingen zu ihren Wagen. Bevor Fenwick einstieg, lehnte er sich gegen die Fahrertür und sagte: «Sorgen Sie bitte dafür, dass die Dienststellen an der Küste von diesem Todesfall in Kenntnis gesetzt werden. Vielleicht ist das ja etwas vorschnell, doch wenn der arme Kerl sich Sex kaufen wollte, dann ist es wahrscheinlich, dass er das in Brighton oder Umgebung getan hat. Ich bin mir sicher, dass er deshalb dort unterwegs war. Brighton liegt weit genug ab vom Schuss, und dennoch ist es anonym genug, so dass man unentdeckt bleibt.»
«Glauben Sie, dass es zwischen dem Mord und dem Sex eine Verbindung gibt?»
Fenwick dachte nach und schüttelte den Kopf. «Das ist eine Möglichkeit, doch warum warten, bis er im Zug sitzt?»
«Ein Raubüberfall, der außer Kontrolle geraten ist?»
Fenwick warf dem Sergeant einen frustrierten Blick zu.
«Warum hatte er dann seine Brieftasche noch, komplett mit den Kreditkarten? Nein, das ergibt keinen Sinn. Mir kommt das nicht wie die Tat eines Gelegenheitsverbrechers vor. Andererseits ist es für einen geplanten Mord zu schlampig. Es ist noch zu früh, um irgendwelche Schlüsse zu ziehen. Wir müssen einfach warten und sehen, was der Tag uns bringt.»
22B 16
Fenwick studierte den Inhalt von Arthur Fishs Brieftasche, als Cooper an seine Tür klopfte und eintrat.
«Sind Sie so weit, Sir?»
«Eine Sekunde noch. Setzen Sie sich kurz, Cooper. Was halten Sie hiervon?»
Detective Chief Inspector Fenwick hielt seinem Kollegen einen kleinen verchromten Schlüssel vor die Nase.
«Von einem Vorhängeschloss oder einem Koffer? Woher haben Sie den?»
«Der steckte im Innenfutter von Fishs Brieftasche. Und hier ist eine Kennziffer. Überprüfen Sie die Nummer und … vorerst behalten wir das einmal für uns. Hat es schon irgendetwas Neues bei der Bahn gegeben?»
Cooper schüttelte den Kopf. «Nichts. Heute Abend vielleicht, doch bisher liegen uns keinerlei Hinweise auf den Täter oder das Motiv vor.»
Fenwick erhob sich und warf Cooper seine Autoschlüssel zu.
«Sie fahren. Ich muss nachdenken.»
Es wurde eine stille Fahrt. Keiner der beiden sprach ein Wort.
Wainwright Enterprises war so eine Art Wahrzeichen im Industriegebiet sechs Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Auf dem Parkplatz hinter dem Firmengebäude wählte Cooper einen der wenigen Besucherparkplätze und manövrierte den Wagen sauber, aber unter beträchtlichem Schnauben und völlig verkrampft in die Parklücke ein. Als er nach einigem Rangieren schließlich den Zündschlüssel drehte und den Motor abstellte, brach Fenwick das Schweigen.
«Wieder einmal Wainwright’s. Es kommt mir merkwürdig vor, dass zwei leitende Angestellte – der Geschäftsführer und nun auch noch der Chef der Buchhaltung – so kurz hintereinander das Zeitliche segnen.»
«Sagt man nicht, dass aller guten Dinge gewöhnlich drei seien? Was glauben Sie, wer als Nächster dran ist?»
Fenwick behagte dieser Gedanke ganz und gar nicht. «Sie müssen zugeben, dass es schon ein eigenartiger Zufall ist.» Er schlug die Wagentür zu. «Und Zufälle machen mich immer hellhörig.»
Die Empfangsdame führte sie in ein kleines Besprechungszimmer, das fast ganz von einem runden Kirschholztisch eingenommen wurde, und versorgte sie mit frischem Kaffee.
Einige Minuten später betrat Neil Yarrell, der Leiter der Finanzabteilung, den Raum. Schlank und von durchschnittlicher Größe, wirkte er wesentlich
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