Nachruf auf eine Rose
behandschuhten Fingern klappte Fenwick die Brieftasche des Toten auf, zog eine kleine Plastikkarte heraus, auf der der Name und die Stellung des Toten verzeichnet waren, und hielt sie Cooper hin. Der Name seines Arbeitgebers war Wainwright Enterprises.
«Constable Dane hat nachgesehen, wer er war, und George Wicklow hat gleich erkannt, dass das für uns von Interesse sein könnte.»
«Da könnte er Recht haben.»
Fenwick nickte nur. Erst im vergangenen Monat hatte er mit Wainwright’s zu tun gehabt. Die Angelegenheit war ihm zwar verdächtig erschienen, doch er hatte nicht erwartet, schon so bald wieder auf diesen Namen zu stoßen.
Nach einer Stunde hatte man die Leiche weggebracht, die Putzfrau, das Bahnhofspersonal und mögliche Zeugen befragt und den ganzen Waggon nach Spuren abgesucht. Der Zug war um 21.12 Uhr an der Küste abgefahren und etwa eine Stunde später in Harlden eingetroffen. Zwischen dem Ausgangs- und dem Zielbahnhof lagen elf Zwischenstationen. Bis Mitternacht hatte die Einsatzzentrale dafür gesorgt, dass auf allen Bahnsteigen und Parkplätzen entlang der Strecke Plakate aufgehängt wurden, auf denen die Polizei um sachdienliche Hinweise bat. In der Hoffnung, dass der Täter die Waffe weggeworfen hatte, wurden vorsorglich alle Abfallbehälter sichergestellt und durchsucht. Bei Tagesanbruch würden die Suchaktionen entlang der Strecke beginnen, und Polizeibeamte würden auch das Bahnhofspersonal der Zwischenstationen befragen. Eine Gruppe Beamter war abberufen worden, in den nächsten Tagen alle Fahrgäste des 21.12-Uhr-Zuges zu befragen. Vielleicht würden sie auf den einen oder anderen Pendler stoßen, der etwas gesehen hatte.
Etwa um die Zeit, als der Einsatzleiter die letzten Anweisungen gab, klopften Fenwick, Cooper und ein Constable an die Tür zu Mr Fishs Haus. Eine sehr alte Frau öffnete. Sie wirkte kampflustig.
«Mrs Fish?»
«Nein. Wer sind Sie?» Sie spähte durch den Türspalt, der von einer stabilen Kette gesichert wurde. Fenwick zeigte seinen Dienstausweis und stellte sich und die anderen vor. Die Frau trat etwas näher, um den Ausweis genauer in Augenschein zu nehmen. Eine Weile später öffnete sie zögernd die Tür und bat sie herein. Sie führte die drei Besucher direkt in eine ordentlich aufgeräumte und saubere Küche, in der sie sich offenbar gerade eine Tasse Tee zubereitet hatte.
«Nun?», zischte sie feindselig, und einen Moment lang tat ihnen Arthur Fish furchtbar Leid.
«Entschuldigen Sie, Mrs …?»
«Winslow, von Nummer 63. Ich pass hier auf, bis die Nachtschwester kommt. An den Donnerstagen, an denen Mr Fish seine Fakultätstreffen hat. Doch sie ist immer noch nicht da und er ebenfalls nicht!»
«Für wen passen Sie auf?»
«Für Mr Fish natürlich.»
Fenwick sah sie unverwandt an, unbeeindruckt von ihrer brüsken Art.
«Ach, ich verstehe, was Sie meinen. Ich passe auf Mrs Fish auf.» Sie machte eine Pause, dann fuhr sie widerwillig fort. «Sie ist schwer krank. Ich weiß nicht genau, was sie hat, ich glaube m. S. Die Arme kann nichts mehr selbst machen. Es ist ein Wunder, dass sie überhaupt noch lebt.»
Nachdem sie ihr anfängliches Schweigen einmal gebrochen hatte, konnte Mrs Winslow nicht mehr aufhören zu sprechen. Sie erzählte ihnen alles über Mrs Fishs Krankheit, Mr Fishs wichtige Stellung in der Firma, seine allmonatlichen Fakultätstreffen und dass er sonst um diese Zeit längst zurück war. Ein zuverlässiger und pünktlicher Mann, das sei Mr Fish. Und ob sie hier auf ihn warten wollten?
«Ist Mrs Fish wach? Glauben Sie, dass sie uns verstehen kann?»
«Geistig ist sie völlig da, das ist ja das Schreckliche. Nur ihr Körper hat sie im Stich gelassen. An manchen Tagen ist es besser, aber sprechen kann sie nicht mehr, seit ungefähr zwei Monaten jetzt. Und ihre Sehkraft lässt auch immer mehr nach. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich sie das letzte Mal außerhalb ihres Bettes gesehen habe. Es ist so tragisch. Und ich bin dreiundachtzig und so fit wie vor zwanzig Jahren …» Mrs Wilmslow schien sich an ihrer traurigen Geschichte direkt zu weiden.
Fenwick unterdrückte ein Schaudern und wurde durch das Eintreffen der Nachtschwester, die die Diele betrat, abgelenkt.
«Tut mir Leid, dass ich zu spät komme. Die Straßen waren total verstopft.»
Sie trat über die Schwelle und blieb abrupt stehen, als sie die ernst dreinblickenden Fremden in der Küche stehen sah.
«Oh nein, sie ist tot», flüsterte sie.
«Nein, deshalb sind wir
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