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NachSchlag

NachSchlag

Titel: NachSchlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Ippensen
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wie Sterne. »Du musstest das tun, Armand, damit es sich mir einprägt«, sagte sie mit anderer, festerer Stimme. Er nickte lächelnd und akzeptierte sofort, dass sie kurz aus dem Spiel herausgetreten war, um zu reflektieren. Es gefiel ihm.
    Leas Wohnhaus hatte keinen Lift. Sie liefen beide leichtfüßig die vielen Treppen hoch bis zum 4. Stock, in dem zwei Wohnungen über Eck lagen. Man passierte zuerst die von Leas Nachbarn, ehe man ihre erreichte.
    Dieser Nachbar riss die Tür auf, gerade als sie an ihr vorbeikamen … Er schwankte hin und her, mit geröteten Augen, er stank nach billigem Wein und lallte etwas Unverständliches. Es war alkoholisiertes Gelalle in einer fremden Sprache. Italienisch, stellte Armand kühl fest.
    Dann aber fasste der Mann ihn genauer ins Auge und ging zu gebrochenem Deutsch über. »Wer das ist, hm? Sieht aus wie Bulle! Verdammte Policia, sie sind alle hinter mir her!«
    Es zuckte belustigt um Armands Mundwinkel – zum Teil hatte der paranoide Trinker mit seiner Vermutung ja sogar recht.
In vino veritas
, dachte der Beamte sarkastisch.
    Aber Lea sagte mit einem Hauch Verärgerung: »Hören Sie bloß auf, Herr Rizzi, was für ein Blödsinn!« Ihr Blick ging dann schnell zu Armand, sie sah sein leichtes Grinsen und schien erleichtert aufzuatmen … offenbar sah sie sich wieder im Spiel, war nahtlos hineingeglitten, und auch das zeigte ihm ihr Potenzial und machte ihn … geil.
    Das Innere ihrer Wohnung törnte ihn dann wieder ein wenig ab.
Gott, was für eine … Müllhalde
, hätte er fast gedacht, was etwas übertrieben war, doch ganz eindeutig hatte Lea Messie-Tendenzen und keinerlei Geschmack. Oder es war ihr ganz gleichgültig, wie sie hauste.
    Wahllos standen dunkle, abgeschabte, nicht zueinander passende Möbelstücke herum … sie musste sie entweder beim Sperrmüll aufgelesen oder von »Freunden« geschenkt bekommen haben, von Freunden, die ihrerseits offenbar Leas Wohnung als Sperrmüllabladestation angesehen hatten!
    Armand schwieg hörbar, während Lea ihn flüchtig durch die beiden Räume und die Küche führte … er sah auch kurz ihren Balkon, der kahl und tot war … ansonsten ließ er sich nichts anmerken. Ihr Angebot, seine Tasche im Wohnzimmer abzulegen, ignorierte er.
    Ohne ausdrücklichen Kommentar klinkte Lea sich für einen Moment aus dem Spiel aus und trat hastig ins Schlafzimmer zum Telefon, um einen Blick auf ihren Anrufbeantworter zu werfen. An der Anspannung ihrer Schultern sah er, sie hatte einen Anruf erwartet – oder eher befürchtet? – dann sanken ihre Arme erleichtert herab.
    Doch was danach folgte, überraschte ihn angenehm. Lea brachte ihn in den Korridor, und er half ihr mit dem auch damals schon klemmenden Mechanismus der Dachluke und -leiter.
    Damals half er ihr, natürlich. Armand mochte dominant und sadistisch veranlagt sein, doch er war auch ein Gentleman. Nur dann nicht, wenn er Verhöre leitete.
    Oben angelangt – sie kletterte eifrig voraus auf seine elegante Geste hin – eröffnete sich ihm, damals ohne jeden Staub, sondern blitzblank und alles picobello – ein wahres SM-Paradies wie aus dem Perverser-Wohnen-Katalog. Armand konnte nicht verhindern, dass seine Augen zu funkeln begannen.
    Lea warf einen scheuen Blick in sein Gesicht und lächelte froh.
    »Und das hast du allein so eingerichtet?«, fragte er bewundernd, sogar ein wenig ungläubig. »Ohne Hilfe?«
    Sie nickte stolz. »Oh ja. Ich war inspiriert und motiviert, weißt du … Mir war klar, ich würde auf diesem Weg weitergehen … deshalb wollte ich mich ins Zeug legen.«
    »Was dir auch gelungen ist.«
    Armand schritt in dem Dachraum auf und ab, befühlte die Materialien, das Metall, die Polster, prüfte, ob alles sicher angebracht war – es gab nichts auszusetzen.
    Soviel handwerkliches Geschick hätte er Lea gar nicht zugetraut, aber ihm war auch klar, welch gewaltige Energien ein Coming-Out freisetzen konnte.
    Er stand unter dem großen Dachfenster, das in die Schräge eingelassen war, und da er bemerkte, dass der Vollmond hereinschien, löschte er das elektrische Licht und sie beide beobachteten, wie das bleiche Mondlicht über die SM-Gerätschaften floss und sie in eine feierliche Aura tauchte.
    Auf einmal zuckte Lea zusammen und räusperte sich, wollte etwas sagen, was nicht zum Spiel gehörte – schon wieder trat sie eigenmächtig heraus! – und damit zerbrach die fast magische Atmosphäre wie ein auf Marmor stürzender Kristall.
    Am Ausdruck in ihren Augen las

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