NachSchlag
Armand trotzdem ab, wie sehr sie das schmerzte und wie gern sie es ungeschehen gemacht hätte, allein … es war ihr offenbar noch nicht möglich, sich anders zu verhalten. »Ich muss runter«, sagte sie. »Es ist schon spät, und ich höre das Telefon klingeln.«
Armands Schwanz war schmerzhaft angeschwollen und pochte. »Lass es klingeln«, wollte er barsch entgegnen, »wozu hast du einen Anrufbeantworter?«
Er verkniff es sich. Verschränkte die Arme vor der Brust.
Andere beherrschen erfordert Kraft. Sich selbst beherrschen erfordert Stärke
. Diese alte Zen-Weisheit kam ihm wieder in den Sinn.
Mit leiser, schwacher Stimme füge Lea hinzu, dass es bestimmt ihre Mutter sei. »Wir … rufen uns jeden Abend an, und es ist schon spät, sie hat sicher schon gewartet, ich muss …«
Einen winzigen Moment lang – obwohl er Leas innere Qual sehr wohl erfasste und wahrnahm - wollte er sie nehmen und ihr den Mund mit seinem fordernden, klopfenden Schwanz stopfen, damit sie endlich aufhörte, von ihrer verfluchten MUTTER zu reden! Damit sie alles vergaß und ihn befriedigte und sich von ihm ficken ließ …
Sekundenlang zitterten seine Hände und er ballte sie zu Fäusten. Versenkte die Fäuste in den Hosentaschen.
Nein, so würde er alles zerstören. Das gerade erst zart geknüpfte Band zwischen ihnen brutal zerreißen.
Er ging aber nicht auf das ein, was sie gesagt hatte, sondern griff lediglich ein Stichwort auf.
»Nun, es ist in der Tat spät, Lea. Ein erneutes Spiel käme wohl außerdem einer Reizüberflutung gleich. Lass uns … deinen wunderbaren Spielplatz hier ein anderes Mal gebührend einweihen.«
Unten im Korridor legte er noch einmal zwei Finger unter Leas Kinn, hob es energisch hoch, fügte ihr Druck zu.
»Ich sagte dir schon bei unserer letzten Begegnung«, begann er, »dass du mit 33 weiß Gott erwachsen bist, Lea. Vielleicht brauchst du noch etwas Zeit. Um über deinen Weg nachzudenken.«
»Herr, ich kenne meinen Weg«, erwiderte sie leidenschaftlich.
Damals begriff er nicht, dass ihre seltsame schillernde Persönlichkeit diese Worte gleichsam mit zwei verschiedenen Stimmen ausgesprochen hatte. Zwei Stimmen, zwei Wege
.
Steckte hinter ihrem jetzigen stummen Ruf HILF MIR …! nicht auch so etwas Ähnliches? Verhinderte nicht ein Teil von ihr, dass sie sich öffnete und endlich gestand?
Im Gehen warf er einen Blick über die Schulter zurück und sah in Leas blaugrünen Augen etwas Dunkles, das zum Ausdruck drängte. Ich muss ihr Zeit lassen, dachte er, spürte aber gleichzeitig, dass ihn der bloße Gedanke anwiderte, Lea könne mit 33 Jahren noch von ihrer Mutter abhängig sein.
Er sollte nach und nach jedoch erkennen müssen, dass es genau so war.
Im Grunde genommen war in dieser zweiten Intensivbegegnung alles schon enthalten … bis hin zum symbolhaften Kontrast der verwahrlosten Wohnung und der nagelneu eingerichteten SM-Kammer im Dachbodenbereich. Lea war außerordentlich gelehrig, was das anging, ansonsten jedoch weigerte sie sich mit dumpfer Hartnäckigkeit, irgendetwas zu ändern. Mehrfach versuchte Armand, auf sie einzuwirken, wollte, dass sie ihren faden Kleidungsstil oder den schäbig-chaotischen Zustand ihrer Wohnung nachhaltig veränderte – doch umsonst. Ihm zuliebe trug sie bei ihren Begegnungen stets etwas Scharfes, Enges, das er ihr kaufte, aber unwillig, das fühlte er … ihre Wohnung blieb genauso, wie sie war, so dass er sie nach einer Session stets lieber in ein feines Restaurant führte.
Und immer wieder funkte Leas Mutterbindung zwischen ihre beginnende Liebe, die noch jung war wie ein grüner Haselstrauch, und immer wieder wurden die Triebe zertrampelt, abgerissen, verbrannt, mit Asche überstreut.
»Ich kann morgen nicht, Herr, ich muss mich um meine Mutter kümmern.«
»Meine Mutter und ich fahren in Urlaub.«
»Sie hat niemanden sonst, weißt du?«
Wenn sie bei ihm auch noch um Verständnis für
das Muttertier
warb, sah er rot vor Hass.
Er hatte sich von seiner eigenen Mutter komplett losgesagt und wünschte, dass Lea ein gleiches tat, aber er war nicht fähig, das Thema direkt anzusprechen.
Und doch schob es sich immer wieder zwischen sie, scharfkantig, spitz, wie Knochen.
Während ihrer vier Monate dauernden Affäre gab es immer wieder atemberaubende intensive Begegnungen, geschah es stets, dass sich Leas Grau unter Armands kundigen Händen in flüssiges Silber verwandelte …
… erstaunt und hocherfreut registrierte er, dass auch Leas künstlerische
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