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NachSchlag

NachSchlag

Titel: NachSchlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Ippensen
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wie der Pilz der Eifersucht in ihr wucherte, furchtbar, giftig, erstickend.
    Und doch stellte sie noch immer keine Fragen. Denn Yonathan war an diesem Abend so intensiv für sie da wie nie, sehr innig, er sprach jene drei Zauberworte aus und erwartete nicht von ihr, dass sie das gleiche tat.
    Es schien, als wisse er, was in diesem kurzen Moment am Ende der – frenetisch bejubelten, beklatschten – Show in ihr vorgegangen war, obwohl das ja an Telepathie gegrenzt hätte. Fand sie selbst. Trotzdem verdorrte jener Eifersuchtspilz so rasch wieder, wie er aufgequollen war.

    »Stell mich deiner Mutter vor«, forderte Yonathan an diesem schicksalhaften Abend.

    »Das hast du nie gewollt«, stellte Lea fest, indem sie Armand anschaute.
    »Stimmt«, sagte er.
    »Vielleicht besser so. Sonst wärst du jetzt auch tot.« Ihre türkisfarbenen Augen blitzten grimmig.
    »Ich habe keine Herzschwäche«, entgegnete er.
    Ein zaghaftes Lächeln stahl sich auf Leas Lippen, und spontan ergriff er sie bei den Armen und zog sie hoch. Er fühlte, dass es sie danach verlangte, sich zu bewegen. Außerdem kniete sie wirklich schon lange, es war genug.
    Zärtlich küsste er sie auf das Haar.

    Yonathan und Lea wurden zum Abendessen eingeladen. Zu belegten Broten, hartgekochten Eiern und Gurken.
    Marit tat so, als sei nichts gewesen. als habe diese Phase der Entfremdung zwischen ihr und Lea, hervorgerufen durch die hartnäckige bohrende Fragerei der Tochter, hervorgerufen dadurch, dass sie ihre Mutter
in Frage gestellt
hatte, niemals stattgefunden.
    In der Küche, wo die beiden Frauen mit Geschirr und Gläsern hantierten, raunte Marit Lea zu: »Der … also dein Freund … hat aber einen durchdringenden kalten Blick. Ich versteh nicht, wie du es mit ihm aushältst.«
    Da machte es
Klick
in Lea.
    »ICH verstehe mich hervorragend mit ihm«, sagte sie nur. Mehr nicht. Doch die Art und Weise, WIE sie es sagte, genügte.
    Marit schrumpfte zu einem kleinen grauen gebeugten Nichts zusammen.
    Das musste fürchterlich für sie gewesen sein. Und dann kam es noch schlimmer: Yonathans FRAGE. Er war frech geworden. ZU frech.

    Noch einmal erzählte Lea die Geschichte jenes Abends, aber anders, ehrlich diesmal, intensiv, und wie Armand es vorausgesehen hatte, begann sie sich zu bewegen.
    Ging, nackt und mit Striemen bedeckt, wie sie war, von mühsam verhaltenem Feuer getrieben, im Kellerraum umher. Ging auf und ab wie eine Tigerin.

    Dann ihr letztes Zusammensein, ihre letzte SESSION:
    Als er ihre Brüste mit Striemen schmücken konnte, und sie lächelte, weil das Zeichen waren, die nicht mehr ausgelöscht werden konnten.
    Dann der Tag danach.
    Die Nacht darauf.
    Lea rannte am nachtdunklen Fluss entlang.
    »YOOONAAAH!«, schrie sie hier ihren Schmerz in die von schwarzem Wind zerzauste Welt hinaus, das hatte sie nie zuvor getan, und ihr Schmerz schmeckte bitter wie verbranntes grünes Holz. Es heißt, dass man einen schweren Verlust zunächst gar nicht begreifen würde, doch das traf auf Lea nicht zu. Sie wusste Bescheid – in jeder Hinsicht. Wusste auch, wer für diesen Tod die Verantwortung trug, ohne dass man dieser Person etwas hätte nachweisen können.

    »Ohne jeden Zweifel?«, hakte Armand nach.
    »Ohne den Hauch des Schattens einer Feder von Zweifeln«, erwiderte Lea. »Ich KANNTE meine Mutter. Was das anging. Ich hatte es ihr davor nicht zugetraut, und doch hatte sie es getan. Und ich spürte, dass auch ich selbst das in mir trug. Ich fürchtete es, ich wollte es nicht, ich hatte mein ganzes Leben dagegen angekämpft, nun holte ES mich ein, mit alptraumartiger Wucht.«
    »ES?«
    »Das Böse.«

    Schon dort am Fluss spürte Lea, wie sich ein eisiger Diamantkern aus HASS und ZORN in ihr bildete und fortan ihre Handlungen diktierte.
    WUT und HASS. Diese primitiven verschlingenden Schwarzes-Loch-Gefühle, die sie stets von sich fortgeschoben hatte, weil sie Mamas liebes kleines Mädchen hatte sein wollen.

    »Ich erschrak. Versuchte sie zu bändigen … und so ersann ich den Plan. Denn sie … sie … diese Gefühle wollten Taten erzwingen, finstere Taten; vielleicht war es das, was mich am meisten an ihnen erschreckte, aber mein Schrecken ging unter im Sturm. Versuchte sie durch den RACHEPLAN zu bändigen, so als seien es … als seien es …« Lea stockte, suchte nach Worten, Bildern, dem passenden Vergleich. Immer noch ging sie nackt auf und ab, ihre Arme schwangen; leichtfüßig trat Armand zu ihr und ergriff ihre Handgelenke, aber locker.
    »Als

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