Nachsuche
der Forststraße nach unten gestürzt oder geworfen worden. Aber es gibt weder Anzeichen für einen Sturz noch Schleifspuren, einfach nichts. Und auf dem Forstweg fehlen Abdrücke von Füßen oder Autoreifen. Dafür steht seit Wochen ein Traktor mit Kran und Spezialausrüstung zum Holztransport da.
Er geht zum Wagen zurück und holt seine Kamera. Er könnte die Spurensicherung noch einmal anfordern. Sie würden kommen, murrend allerdings. Aber er braucht selbst Resultate für spätere Diskussionen. Was ihm jetzt durch den Kopf geht, ist vorerst nicht mehr als eine vage Ahnung, vielleicht ein Hirngespinst. Trotzdem beäugt er kritisch die Umgebung des Traktors, fotografiert sorgfältig Schritt für Schritt, kratzt an den Greiferzähnen und versorgt, was er findet, in Plastiksäckchen. Von einem besonders guten Fußabdruck macht er mehrere Aufnahmen. Die Arbeit gefällt ihm. Dann klettert er auf das Fahrzeug und fotografiert auch dort Lenkrad, Zündschloss und Zusatzverriegelung von allen Seiten. Selbst an die Pedale und mögliche Schuhabdrücke darauf denkt er.
4. Baum fällt
Pauli geht mit Bayj in den Wald. An schulfreien Nachmittagen darf er, wenn er nicht zu viele Aufgaben hat, den Hund spazieren führen. Diesmal hat er zur Tante gesagt, sie wollten hinauf zum Schnurberg, doch in Wirklichkeit marschiert er geradewegs ins Neubrunnertal. Es lässt ihm keine Ruhe, er muss noch einmal zu der Stelle, die ihm der Vater gezeigt hat. Bayj, denkt er, wird dort sicher etwas entdecken, das diese Polizisten übersehen haben. Etwas, das der toten Frau gehört. Davon ist er überzeugt, denn sein Freund Bayj ist ein ganz besonderer Hund.
Schon vor drei Jahren hat er das gemerkt. Sein Onkel musste damals den alten Dackel einschläfern lassen, weil er nach einem Gehirnschlag gelähmt war. Diesmal hatte Hablützel sich für einen Bayrischen Schweißhund entschieden. Als er ins Entlebuch zum Hundezüchter fuhr, um einen neuen Hund auszusuchen, durfte Pauli mit. Und genau genommen war er es, der Bayj ausgesucht hat.
Auf der Fahrt erzählte ihm der Onkel viel über die Jagd und die Jagdhunde.
»Weißt du«, sagte er, »verletzte oder kranke Tiere, Rehe zum Beispiel, verkriechen sich tief im Wald, wo sie geschützt sind. Dort kann sie nur ein gut ausgebildeter Hund mit einer feinen Nase aufspüren.«
Nachdem sie ausgestiegen waren, nahm Hans den Jungen an der Schulter.
»Pauli, pass auf«, erklärte er. »Wir machen es so: Jeder wählt jetzt für sich den Hund aus, der ihm am besten gefällt. Und dann vergleichen wir. Ich kann dir aber nicht versprechen, dass ich mich an deine Wahl halte, denn ich muss sehen, dass ich einen guten Spürhund bekomme. Verstehst du?«
Pauli hörte ihm schweigend zu und nickte dann langsam.
Sein Onkel sah ihn von der Seite an. Womöglich, dachte er, hatte er jetzt einen Fehler gemacht. Er fühlte sich Kindern gegenüber eher unbeholfen. Mit seinen älteren Nichten und Neffen wusste er, solange sie klein waren, nie viel anzufangen, aber an diesem Jungen hatte er sofort einen Narren gefressen und fürchtete nun, ihn zu enttäuschen.
Der Wurf, aus dem sie den Hund aussuchen sollten, bestand aus fünf Welpen. Sie waren noch keine drei Monate alt. Pauli hockte vor dem Korb und beobachtete entzückt, wie die Kleinen durcheinanderpurzelten. Einer sprang am Rand des Korbes hoch und sah ihn aus seinen glänzenden Hundeaugen an. Dann rutschte er auf seinen dicken Pfoten wieder zurück mitten unter die Geschwister.
Pauli hielt den Atem an. Plötzlich hatte er Angst, der Onkel könnte sich für einen anderen Hund entscheiden.
Hans Hablützel beobachtete abwechselnd die Welpen und den Jungen.
Schließlich fragte er: »Hast du einen ausgesucht?«
Zögernd, fast unwillig, nickte Pauli und deutete: »Den da.«
»Du glaubst es nicht«, sagte Hans erleichtert. »Für mich kommt auch nur der infrage.«
Als sie zum Wagen gingen, lief Pauli zwei Schritte voraus. Sein Onkel hörte ihn singen.
Diesmal konnten sie den kleinen Hund noch nicht mitnehmen.
»Man soll sie nicht von der Mutter wegnehmen, bevor sie drei Monate alt sind«, erklärte Hans seinem Neffen. Deshalb fuhren die beiden noch einmal ins Entlebuch. Auf der Rückfahrt durfte Pauli dann mit dem Hund hinten im Auto sitzen. Hablützel erklärte ihm die Sache mit den Namen.
»Bei Hunden mit Stammbaum«, sagte er, »bekommen alle vom ersten Wurf Namen mit A, beim Zweiten mit B und so fort. Unser Kleiner da stammt aus dem zweiten Wurf, also muss er
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