Nachsuche
einen Namen mit B bekommen.«
»Bayj«, sagte Pauli wie aus der Pistole geschossen.
»Bayj«, wiederholte Hans verblüfft. »Wie kommst du darauf?«
»Er ist doch ein Bayrischer Gebirgsschweißhund«, erklärte Pauli, »also kann er nur Bayj heißen.«
»Einverstanden«, sagte der Onkel und lachte.
Oben bei der Ortschaft Sattel hielten sie an.
Dort gab es ein Hochmoor, um das sich, wie Hablützel erzählte, Bauern und Naturschützer seit Jahren stritten. Die Bauern hätten es gern trockengelegt und Äcker daraus gemacht, die Naturschützer wollten es unbedingt erhalten.
Das Gelände war offen. Da und dort ein paar Birken, Stauden, kein einziges Gebäude, nichts als Natur.
Der Onkel sagte zu Pauli: »Da spazieren wir jetzt ein Stück mit Bayj, sonst pinkelt er mir ins Auto. Leider darfst du ihn noch nicht führen. Erst muss er sich an mich gewöhnen.«
Er nahm den Hund an die Leine, sagte dann zu ihm: Sitz!«
Als der Welpe nicht reagierte, drückte er ihm sanft das Hinterteil auf den Boden. Dann lobte er ihn.
»Das«, erklärte er Pauli, »muss man jetzt hundert Mal mindestens mit ihm machen, bis er begreift.«
Während sie die Straße entlanggingen, zeigte Hans dem Neffen, wie man einen Hund richtig führt.
»Du darfst nicht reißen, niemals«, sagte er. »Fest musst du die Leine nur anziehen, wenn er dir nicht gehorcht. Sonst lass ihn ruhig ein wenig schnüffeln. Das ist wichtig für einen Hund. Hunde sehen nämlich nicht gut. Sie orientieren sich fast nur an Gerüchen.«
Der Welpe trabte munter neben ihnen her, schnupperte da und dort, an Paulis Hosenbein, dann wieder am Wegrand. Irgendwann hockte er sich hin, um Wasser zu lassen.
»Weißt du«, erklärte der Onkel, »er ist zwar ein Rüde, aber noch zu klein, um zu wissen, dass er das Bein beim Pinkeln heben muss.«
Hablützel war zufrieden.
»So ein erster Spaziergang«, sagte er, »ist immer spannend. Man weiß nie, wie der Hund sich verhält. Bayj war mustergültig. Du hast eine gute Wahl getroffen, Pauli.«
Bevor sie wieder ins Auto stiegen, hockte der Junge sich hin und legte dem kleinen Hund die Hand auf den Kopf.
Als Bayj ausgebildet wurde, zeigte der Onkel Pauli, wie man eine Schweißfährte legt. Er gab ihm eine Flasche Rehblut, und der Junge sollte alle paar Meter etwas davon auf die Erde träufeln. Weit oben im Revier, über einer Kuppe, sodass der Hund sie nicht schon von Weitem riechen konnte, musste er dann eine alte Rehdecke ablegen.
Wenn der Onkel den Hund führte, erschien Pauli die Spurensuche kinderleicht, doch jetzt im Neubrunnertal hat er selbst Mühe, sich zurechtzufinden. Das Licht unter den Bäumen ist schwach und trügerisch. Auf dem Boden glänzt das nasse Laub. Dazwischen leuchtet es grün von Moospolstern und an manchen Stämmen schimmern die Flechten. Pauli sucht lange auf dem Hang herum, bis er ein Stück Absperrband auf der Erde liegen sieht.
Er atmet auf. Endlich, denkt er und sagt zum Hund: »Such Bayj, such.«
Er klopft ihm aufmunternd den Rücken, wie er es vom Onkel gelernt hat.
Bayj ist nur mäßig interessiert. Er schnüffelt ein wenig da, ein wenig dort, fragt sich, was das soll.
Schließlich landen sie oben an der Forststraße. Pauli ist enttäuscht. Er hat sich das Unternehmen einfacher vorgestellt. Aber so schnell gibt er nicht auf.
»Gut«, sagt er zu seinem Freund. »Jetzt gehen wir zurück und fangen noch einmal von vorne an.«
Sie gehen ein Stück die Straße entlang und rutschen dann den Steilhang hinunter.
Pauli muss erkennen, dass es einen großen Unterschied macht, ob er wie sonst mit Bayj nur herumspaziert, Stöckchen wirft, die Bayj mit Begeisterung und aufgeregtem Kläffen immer brav apportiert, oder ob er mit ihm arbeiten will. Jetzt, wo der Hund wirklich suchen soll, stellt sich schnell heraus, dass er seinen eigenen Kopf hat.
Endlich sieht er von fern das weiß-rote Absperrband wieder, das neben dem Fundort der Leiche im Laub zurückgeblieben ist.
»Jetzt«, sagt er, »jetzt Bayj, jetzt musst du endlich an die Arbeit.«
Doch der Hund ist nicht interessiert. Er hält die Nase hoch. Unsicher reißt Pauli an der Leine. Da denkt Bayj, was du kannst, kann ich auch, und zieht in die Gegenrichtung. Er hat was anderes vor, denn da gibt es ein paar höchst interessante Düfte.
Bayj ist ein kräftiger Hund, er reißt den Jungen mit. Pauli verliert in dem abschüssigen, nassen Gelände sofort den Halt, er rutscht nach unten. Vor ihm steht zum Glück ein Baum, an dem will er sich
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