Nachsuche
ungerührt. »Die waren nicht begeistert, haben gefragt, ob es eilig sei. Sie sind chronisch überlastet. So bin ich selber hin.«
»Und wenn jemand gekommen wäre?«
Jetzt lacht Noldi.
»Da wäre mir schon etwas eingefallen.«
Gegen seinen Willen muss auch Beer lachen.
»Chef«, sagt Noldi erfreut, weil er weiß, er hat gewonnen. »Ich bin doch nicht eingebrochen. Ich habe den Hauswart kontaktiert, habe ihm meinen Ausweis gezeigt und dann das Foto von der Toten. Nachdem er bestätigt hat, dass es sich um die Eigentümerin handelt, habe ich ihn gebeten, mir die Wohnung aufzuschließen. Du siehst, alles ging mit rechten Dingen zu und her.«
Beer runzelt die Stirn und versucht skeptisch auszusehen.
»Ehrlich gesagt, Chef, ich trau diesen Spurensicherern nicht. Du erinnerst dich, ich habe es dir erzählt, wie die Sache überhaupt ins Rollen gekommen ist. Mein Jüngster ist mit dem Hund in den Wald.«
»Richtig, der Pauli«, fällt Beer lebhaft ein.
»Ja. Sicher war es ein Glücksfall, dass Bayj den Anhänger gefunden hat, aber die von der Spurensicherung haben geschlampt, das steht fest. Ich war auch bei dem Coiffeursalon, dessen Buchhaltung Berti Walter geführt hat«, fährt er dann mutig fort, da Beer ihm nicht widerspricht. »Ich wäre auch hineingegangen und hätte mir die Haare schneiden lassen. Aber die Ortspolizei war gerade dort. Also bin ich wieder abgefahren. Ich habe die Kollegen vom Auto aus angerufen und sie sagten, die Angestellten hätten eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Sie haben ihre Chefin seit zehn Tagen nicht mehr gesehen. Und was glaubst du, wer diese Chefin ist: Die, die wir im Wald gefunden haben. Unsere Berti Walter. So viel steht jetzt fest. Die Kollegen in Weesen haben sich an unsere Anfrage erinnert, wollten uns auch informieren. Die zwei Frauen, die in dem Salon arbeiten, zögerten so lange mit der Anzeige, weil ihre Chefin nicht regelmäßig im Geschäft erschienen ist. Erst als sie einen vereinbarten Termin nicht wahrgenommen hat, sind sie unruhig geworden. Die Kollegen haben nachgefragt, und die Angestellten haben beide felsenfest behauptet, Berti hätte sich nie im Leben umgebracht, wo sie gerade einen ganz tollen Ausbau des Geschäfts planten. Wenn du erlaubst, fahre ich noch einmal hin und erkundige mich ein wenig. Die Sachen, die ich aus der Wohnung mitgebracht habe, gebe ich ins Labor. Immer natürlich vorausgesetzt, du hast nichts dagegen.«
»Du bist ein Mistkerl, Oberholzer«, sagt Beer.
»Danke fürs Kompliment, Herr Polizeidirektor«, antwortet Noldi, durchaus nicht gekränkt, und schaut, dass er verschwindet. Ganz traut er dem Frieden nicht. Beer kann, wenn es dumm kommt, ganz schön unangenehm werden. Aber heute hat er Glück. Er meint, er habe auch gute Arbeit geleistet. Sobald er so weit ist, wird er die Ausbeute seiner Spurensuche an dem Traktor im Wald ebenfalls ins Labor bringen. Ein Abgleich kann auf keinen Fall schaden.
Da hört er den Chef rufen.
Jetzt, denkt er, hat er sich zu früh gefreut.
Er späht durch den Türspalt ins Büro.
»Ja, Chef«, sagt er vorsichtig.
»Komm noch einen Moment. Ich habe etwas vergessen. Sie haben den Laborbefund geschickt. Todesursache ist, wie vermutet, eine Überdosis Analoginsulin. Das scheint ein Mittel zu sein, das relativ schnell wirkt.«
»Ha«, sagt Noldi. »Und was fange ich damit an? Das heißt noch immer nicht, sie hat sich dort im Wald umgebracht. Dann hätten wir zumindest die Spritze finden müssen. Oder hat sie die auch selbst noch entsorgt?«
»Ärgere dich nicht, Noldi«, sagt der Chef, »ich kann nichts dafür. Ich wollte dir nur den Befund geben, er ist an dich adressiert.«
Und dann geht es Schlag auf Schlag. Die Anrufliste, die Noldi beantragt hat, liegt bereits im Briefkasten, als er am nächsten Tag in Turbenthal auf dem Polizeiposten erscheint. Er fischt sie aus dem Stapel Post und Reklame, rast ins Büro, reißt das Kuvert auf und schlägt fast einen Salto. Schon die erste Nummer ist ein Volltreffer. Sie gehört dem lieben Rüdisühli. Also hat er doch Dreck am Stecken, denkt Noldi mit wahrem Genuss. Hat er es nicht von Anfang an geahnt! Was immer noch nicht heißen muss, dass der aalglatte Kerl sie auch umgebracht hat. Aber er weiß etwas. Berti hat seine Handy-Nummer oft genug gewählt.
Als Noldi anruft, meldet sich niemand. Es gibt auch keine Combox. Macht nichts, denkt der Polizist, du kommst mir schon noch vor die Flinte.
Die nächste Nummer ist eine Autospenglerei, ›Kevins
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