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Nachsuche

Nachsuche

Titel: Nachsuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuhn Kuhn
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ins Auto und fährt los. Erst liefert er Fitzi beim Theater am Gleis ab. Da sie mehr als genug Zeit haben, führt er Meret und Pauli danach zum Abendessen ins Restaurant. Merets Schwester Betti und ihr Mann wollen auch kommen.
    Pauli ist enttäuscht, dass sie Bayj nicht mitbringen. In dem Punkt lässt Hans sich nicht erweichen. »Ein Hund«, sagt er, »gehört nicht ins Restaurant und schon gar nicht in ein Theater. Punkt.«
    Der Junge muss zugeben, sein Onkel hat recht, aber er hätte Bayj zu gerne bei sich gehabt. Nicht nur, damit sein Freund Fitzi auf der Bühne sehen kann, das ist ihm nicht so wichtig, aber damit alle ihn, Pauli, mit seinem Freund hätten sehen können.
    Als Fitzi auftritt, verschlägt es ihrem Vater den Atem. Ihm kommt es vor, als hätte er bis zu diesem Moment keine Augen im Kopf gehabt. Jetzt plötzlich sieht er, will das, was er sieht, nicht sehen und kann doch nicht anders als hinschauen. Fitzi, sein kleines Mädchen, ist eine Frau, eine noch ganz junge zwar, aber schon sehr sexy in ihrem verruchten Kostüm. Wie sie sich bewegt! Wer hat ihr das beigebracht?, denkt er verwirrt. Er schämt sich dafür, und in seiner Verwirrung hält er sich an Meret fest. Sie erwidert seinen Händedruck.
    »Ist sie nicht toll, unsere Tochter?«, flüstert sie und ihre Augen blitzen.
    Nach der Aufführung erscheint Fitzi Arm in Arm mit einem anderen Mädchen am Tisch. Beide haben hochrote Wangen und große, dunkel glänzende Augen. Sie sind völlig überdreht vor Erleichterung. Alles ist gut gegangen, sie haben nicht gepatzt, und der Applaus hat sie überwältigt. Jetzt schnattern und kichern sie, stecken die Köpfe zusammen. Sie bestehen darauf, auf einem Stuhl zu sitzen, verschlucken sich fast vor Lachen, weil Pauli das blöd findet. Sie haben ihren gemeinsamen Auftritt gehabt, ihn gemeinsam überstanden. Das schweißt sie, wenigstens für diesen Abend, zusammen.
    Das andere Mädchen ist Stefanie Niederöst.
    Ihre Eltern kommen auf der Suche nach der Tochter an den Tisch, man rückt noch enger zusammen.
    Milena Niederöst ist eine elegante Erscheinung mit der heiteren, ein wenig kühlen Gelassenheit schöner Frauen. Sie nickt in die Runde, sagt: »Ich bin Stefanies Mutter«, und quetscht sich neben Meret auf einen eilig herbeigeholten Stuhl. Die Männer gehen an die Bar, um Getränke zu besorgen.
    In einer plötzlichen Eingebung fragt Noldi den Doktor: »Kann es sein, dass der alte Walter seine Tochter missbraucht hat?«
    Niederöst schaut ihn lächelnd an.
    »Ah«, sagt er, »Sie haben ihre Tochter auf der Bühne plötzlich auch mit anderen Augen gesehen.«
    Zuerst will Noldi leugnen, doch er besinnt sich, sagt schließlich: »Ich habe Gott gedankt, dass ich meine Frau nicht schon in dem Alter kennengelernt habe. Da wäre sicher etwas ganz Dummes passiert.«
    Jetzt lacht Niederöst laut heraus.
    »So kann man es auch sehen«, gibt er zu. Dann wird er ernst.
    »Berti Walter beschäftigt Sie sehr.«
    »Ja«, gibt Noldi zu. »Aber ich komme nicht voran. Es ist nicht so, dass ich nichts herausfinde. Aber je mehr ich über die Frau erfahre, desto weniger kann ich mir ein Bild von ihr und dem machen, was mit ihr passiert ist.« Er schweigt einen Augenblick. Dann sagt er resigniert: »Vermutlich liegt es an mir.« Hastig setzt er hinzu: »Hier ist sicher nicht der richtige Ort für ein solches Gespräch.«
    »Einverstanden«, sagt Niederöst, »kommen Sie morgen in die Praxis. Dort sind wir ungestört.«
    Pauli vertraut seiner Mutter nach dem Theaterabend an, das Stück sei langweilig und gar nicht gruselig gewesen und Stefanie Niederöst eine Kuh.
    Meret fragt, warum.
    »Die war nach der Vorstellung noch geschminkt«, sagt er abfällig. »Hast du es nicht bemerkt?«
    Auch seine Schwester in Strapsen hat ihn nicht beeindruckt. Er fand sie eher albern.
    »Bin ich froh«, sagt er abschließend, »dass ihr nicht immer so herumlauft.« Dann kommt noch ein vernichtender Nachsatz: »Gut, dass Bayj nicht mit war. Ihm hätte das alles überhaupt nicht gefallen.«
    Er lässt sich von seiner Mutter einen Gutenachtkuss geben, dreht sich um und ist eingeschlafen.
    Noldi und Meret liegen noch eine Weile wach.
    »Wie findest du den Doktor Niederöst?«, fragt er.
    »Nett, elegant. Seine Frau auch.«
    »Gefällt er dir?«, will Noldi wissen.
    »Ja.«
    »Ah«, macht Noldi, »muss ich eifersüchtig sein?«
    Meret lacht.
    »Klar, immer«, sagt sie, »das weißt du.« Und nach einer Weile: »Nein, im Ernst, der war es sicher nicht,

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