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Nachsuche

Nachsuche

Titel: Nachsuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuhn Kuhn
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Niederöst, durchaus nicht zerknirscht.
    Noldi bleibt stumm.
    »Also«, beginnt der Doktor. »Sie kennen den Galerieverein Winterthur. Sie wissen, dass dieser Verein es sich zur Aufgabe gemacht hat, Mittel für Ankäufe von Kunstwerken zu beschaffen. Ich bin derzeit Präsident. Und wir haben ein ziemlich anspruchsvolles Projekt. Wir wollen ein Bild erwerben, das die Sammlung des Kunstmuseums wunderbar ergänzen würde. Jetzt bin ich daran, Sponsoren zu finden. In der heutigen Zeit ist das keine leichte Aufgabe. Vor ein paar Wochen hat mich der Notar kontaktiert. Einer seiner Klienten wäre bereit, einen ansehnlichen Betrag zu spenden, wolle aber unbekannt bleiben.«
    Niederöst schaut Noldi an. Dann setzt er beiläufig hinzu: »Möglicherweise handelt es sich um Schwarzgeld.«
    Noldi sagt noch immer nichts.
    »Der potenzielle Spender hat Kläui beauftragt, sich mit mir in Verbindung zu setzen. Am 10.11. nachmittags haben wir uns getroffen. So, jetzt wissen Sie es.«
    »Und wo?«, fragt Noldi.
    »Hier in der Praxis, aber erst nach der Sprechstunde. Es war niemand mehr da.«
    »Klar«, sagt Noldi und denkt, er muss unbedingt herausfinden, ob der Mann, den Hanna Egloff in Weesen um ungefähr dieselbe Zeit gesehen haben will, wirklich Kläui war oder nicht.
    Dann sagt er in demselben leichten Plauderton wie Niederöst: »Das heißt, Herr Doktor, Sie haben kein Alibi.«
    Niederöst lacht.
    »Man kann es auch anders sehen. Sie haben jetzt das Alibi des Notars.«

    Nach dieser Niederlage ruft Noldi am nächsten Morgen extra früh bei Kläuis an. Er will unbedingt die Frau abfangen, bevor sie ins Krankenhaus geht. Aber er hat Pech. Sie ist schon weg, im Spital. Dort sitzt sie wie immer bei ihrem Mann.
    »Frau Kläui«, sagt er, »es tut mir leid, wenn es Ihnen Kummer macht, aber wir müssen reden. Ihr Mann ist ein Verdächtiger. Berti Walter hat am Tag ihres Todes mit ihm telefoniert. Das steht fest. Möglicherweise wurde er am 10.11. mit ihr in Weesen gesehen. Am frühen Abend ist sie dann gestorben. Das muss nicht unbedingt bedeuten, dass er an ihrem Tod schuld ist. Aber wenn wir nicht das Gegenteil beweisen, bleibt der Verdacht an ihm hängen. Er kann sich nicht wehren. Deshalb denke ich, wir sollten zusammenarbeiten, Sie und ich. Seinetwegen. Und auch Ihretwegen.«
    Regina Kläui schaut ihn nicht an. Dann springt sie plötzlich auf, wirft sich über das Bett und hämmert mit den Fäusten auf die Brust ihres Mannes.
    »Sag, dass das alles nicht wahr ist!«, schreit sie.
    Noldi ist völlig überrumpelt. Er wartet einige Sekunden, bevor er sie abfängt und festhält. Sie klammert sich an ihn. Kläui rührt sich nicht. Noldi führt die Frau wieder zu ihrem Sitz.
    »Frau Kläui«, sagt er sanft, »das bringt doch nichts.«
    Trotzdem beobachtet er neugierig das Gesicht des Kranken. Der hält die Augen offen. Irgendwie ist er Noldi unheimlich. Er fragt sich, ob der Mann sieht, wie seine Frau sich an ihn, Noldi, gedrückt hat. Jetzt weint sie in ihrem Sitz. Dann fragt sie resigniert: »Was wollen Sie?«
    »Ein Foto und die persönliche Agenda ihres Mannes.«
    »Die habe ich nicht mit«, entgegnet sie prompt. »Glauben Sie wirklich, er würde ein Treffen mit Berti dort eintragen, wenn ich nichts davon erfahren soll? Sie unterschätzen meinen Mann«, sagt sie und lacht.
    In Noldis Ohren klingt es bitter.
    »Ich will wissen, was in seiner Agenda steht«, erklärt er. »Vielleicht finde ich etwas, das ihn entlastet. Und noch etwas. Kennen Sie besonders betuchte Klienten Ihres Mannes?«
    Sie schaut ihn erstaunt an.
    »Möglicherweise hatte er einen Termin, bei dem es um eine Spende an den Galerieverein ging. Wissen Sie etwas darüber?«
    Langsam schüttelt sie den Kopf. »Ich habe meinen Mann nie nach dem Geschäft gefragt und er hat nicht darüber geredet.«
    Dann setzt sie mit einem schwachen Lächeln hinzu: »Uns ging der Gesprächsstoff auch so nicht aus.«
    Während dieser Unterhaltung wirft Noldi immer wieder verstohlen einen Blick auf den stummen Patienten in seinem Bett, kann aber absolut keine Veränderung in dessen Gesicht erkennen. Nur einmal räuspert er sich.
    Noldi hält die Luft an und wirft der Frau einen Blick zu.
    Das macht er alle paar Stunden, sagt sie und zuckt mit den Schultern.
    Vom Krankenhaus fährt Noldi direkt in Kläuis Kanzlei. Unterwegs überlegt er, wie er Vreni Narayan zum Reden bringen könnte.
    Diese Vorzimmerdrachen, denkt er, können eisern sein, wenn es darum geht, den Chef zu decken. Dann

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