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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Melodia
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damit?«
    »Stricke. Nägel. Alle drei in großer Höhe über dem Boden aufgehängt. Das erste Opfer sogar gekreuzigt.«
    Während ich rede, merke ich, wie meine Haut sich fröstelnd zusammenzieht.
    Kommissar Sarl beugt sich zu mir vor. »Du hast dich gut informiert. Man sieht, dass es dir ernst ist mit dem Journalismus.«
    Ich lächele ihn an. Wenn er wüsste, was ich so schreibe …
    Er räuspert sich und fährt fort: »Nun, für die Ähnlichkeiten zwischen den Tötungsdelikten kann es verschiedene Erklärungen geben. Eine direkte Verbindung besteht jedenfalls nicht, und mit einiger Sicherheit handelt es sich nicht um ein und denselben Täter. Wir gehen davon aus, dass die Opfer von verschiedenen Personen getötet wurden. Möglicherweise haben wir es mit Nachahmungstätern zu tun.«
    »Mörder, die andere Mörder nachahmen, weil sie Geschmack daran finden?«
    »Genau. Die Kriminologie verzeichnet viele solcher Fälle.«
    »Ich vermute, dass Sie auch Laboruntersuchungen durchführen?«
    »Ja, darum kümmert sich die Kriminaltechnik.«
    »Und …?«
    »Das sind Informationen, die ich nicht weitergeben darf, Alma.«
    Ich nicke. Jetzt stecke ich in einer Sackgasse. Ich weiß nicht, ob ich ihm von meinem Verdacht gegen Tito erzählen soll und von seinem exklusiven Zirkel von Irren, bei denen es sich höchstwahrscheinlich um Satanisten handelt. Ich will nicht zu viel preisgeben, aber auch nicht die Gelegenheit verpassen, ihm einen solchen Floh ins Ohr zu setzen. Vielleicht führt ihn meine Intuition auf die richtige Fährte. Und außerdem muss ich meinetwegen irgendwie Licht in diese Sache bringen, so bald wie möglich.
    »Haben Sie schon mal daran gedacht, dass eine Bande dahinterstecken könnte? Vielleicht sogar eine Satanistensekte?«
    »Eine Satanistensekte?«
    Sarl wirkt ernsthaft betroffen angesichts dieser Frage, obwohl ich nicht glaube, ihm wirklich etwas Neues gesagt zu haben.
    »Was weißt du denn über Satanisten?«
    »Nichts, aber man hört so Gerüchte …«
    Ich muss wieder an das Kruzifix denken, mit dem Naomi gequält wurde.
    Der Inspektor denkt nach. Er gibt eine Reihe tiefer Brummlaute von sich, die den Strom seiner Gedanken gliedern.
    »Alma, hör mir gut zu … ich weiß nicht, welche Gerüchte da kursieren, aber das ist ein sehr gefährliches Terrain, vor allem für ein schönes junges Mädchen wie dich.«
    Kann mir mal jemand etwas anderes sagen?
    »Ich weiß, Inspektor. Ich wollte nur die Meinung der Polizei dazu hören.«
    »Wenn du meine Meinung hören willst: Ich werde deinen Tipp im Hinterkopf behalten.«
    Mein Gesichtsausdruck entspannt sich. Seiner auch.
    »Könnte ich vielleicht in ein paar Tagen wiederkommen, um Ihnen weitere Fragen zu stellen?«
    »Immer noch für die Zeitung?«
    Ich höre einen gewissen Unterton heraus, als vermutete er noch andere Gründe für mein Interesse an den Ermittlungen. Vielleicht ist er eine bessere Spürnase, als es den Anschein hat.
    »Natürlich. Wofür denn sonst?«
    Zum ersten Mal, seit ich sein Büro betreten habe, lächele ich.
    »Dann werde ich mich bemühen, dich auf dem Laufenden zu halten.«
    »Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für mich genommen haben«, erwidere ich, obwohl mir klar ist, dass er mich auf den Arm nimmt.
    Ich stehe auf, stecke das Notizbuch wieder in den Rucksack und den Füller in die Jackentasche.
    »Keine Ursache, Alma. Ich danke dir für deinen Besuch. Und grüße bitte deine Mutter von mir.«
    »Werd ich machen.«
    Ich gehe zur Tür.
    »Alma?«
    »Kommissar Sarl?«
    »Sei vorsichtig. Und wenn du noch mehr von diesen Gerüchten hörst …« Er breitet die Arme aus. »Vielleicht kannst du mir helfen zu erfahren, woher sie kommen und wer sie in Umlauf setzt.«
    »Verstanden.«
    Beim Hinausgehen bin ich nicht ganz schlüssig, ob das jetzt gut oder schlecht gelaufen ist. Ich habe nicht viel in Erfahrung bringen können, aber ich habe einen Kontakt geknüpft.
    Und ich werde wiederkommen.

[home]
    Kapitel 41
    D raußen empfängt mich ein heftiger Regen, den ein launischer, heimtückischer Wind hin und her peitscht, damit es für die Fußgänger kein Entrinnen gibt.
    Ich entdecke eine kleine Kaffeebar auf der anderen Straßenseite, was ein Glücksfall ist, weil es in dieser Gegend nicht viel gibt, abgesehen von baufälligen Häusern mit abblätterndem Putz und ein paar schwach beleuchteten und traurig aussehenden Läden. Hinter dem Haus mit der Bar ist in der Ferne der Turm der Alten Kirche zu sehen, bei der ich Naomi

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