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Nacht aus Rauch und Nebel

Nacht aus Rauch und Nebel

Titel: Nacht aus Rauch und Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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und dabei wie eine Wassermelone zerplatzte. Oder zu sterben war gar nicht so schlimm, wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Jedenfalls merkte ich kaum, wie meine Knochen barsten. Stattdessen hatte ich eher das Gefühl, in zwei ausgestreckten Armen zu landen. Anscheinend trug der Tod einen Dreispitz, als er mich in Empfang nahm, oder irrte ich mich?
    Ich blinzelte.
    Meine Welt versank in Dunkelheit.
     
    Als ich die Augen wieder aufschlug, hatten sich die Staubwolken kaum gelegt und noch immer rieselten hier und da Steinsplitter zu Boden. Ich konnte also nicht allzu lange ohnmächtig gewesen sein, schlussfolgerte ich und setzte mich auf. Mir war ein wenig schwindelig und die Wunde auf meiner Wange brannte, aber ansonsten schien ich unverletzt zu sein. Ich hustete und sah mich um.
    Die Pyramiden waren einem Schutthaufen gewichen, der an alte Fotografien aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs erinnerte. Als hätte jemand eine Bombe hineingeworfen. Ich runzelte die Stirn. Hatte jemand?
    Auch der Platz war vollkommen verwüstet worden. Überall lagen Trümmer und Scherben und Dreck. Ich verzog das Gesicht, als ich wenige Meter von mir entfernt den juwelenbesetzten Panzer eines Schalentieres entdeckte. Von Menschen fehlte allerdings jede Spur, sie waren allesamt geflohen. Reflexartig legte ich den Kopf in den Nacken und suchte den Himmel nach Wolkengebirgen ab, doch er war dunkel und klar wie sonst. Auch das Nichts war nirgendwo zu erkennen. Gut, ein Ascheregen wäre mir bei dem ganzen Staub und Dreck vermutlich nicht aufgefallen. Was mich allerdings sicher machte, dass diese Sache hier nicht auf das Konto der Naturgewalten ging, war die Tatsache, dass ich die ganze Zeit über keinerlei Schmerzen in der Brust gehabt hatte.
    Schwerfällig stand ich auf. Meine Arme und Beine fühlten sich an, als wäre ich von einem Auto überfahren worden, doch sie funktionierten. Mit steifen Schritten näherte ich mich der Ruine des Aquariums. Hatte sich der Weiße Löwe am Ende selbst einen Weg in die Freiheit gesucht? Ich dachte einen Augenblick lang über diese Möglichkeit nach, verwarf sie dann jedoch wieder. Hätte der Stein seine Kräfte entfacht, hätte ich es gespürt. Ebenso, wenn er in Gefahr geraten wäre. Nein, ich horchte in mich hinein und empfand auch jetzt nichts dergleichen, weshalb ich davon ausging, dass er noch immer in seinem Versteck ruhte.
    Aber was war dann geschehen?
    Ein vielstimmiges Kreischen zerriss die Finsternis über mir und mein Blick schnellte in die Höhe. Ich taumelte, denn so etwas hatte ich noch nicht gesehen. Unzählige Schattenreiter durchkreuzten den Himmel, eine ganze Armee von ihnen, die sich wie Zugvögel zu einer Art Triangel formiert hatte und nun im Schwarm auf den Platz zuhielt. Mit einem schrecklichen Gefühl erinnerte ich mich.
    Ich werde den Weißen Löwen finden, und wenn ich hier jeden Stein einzeln auseinandersprengen muss! Waren das nicht die Worte des Kanzlers gewesen, damals in der Grotte? Hatte er –
    »Ergreift sie!«, befahl jemand irgendwo über mir.
    Ich rannte los.
    Doch wohin sollte ich fliehen? Ich stürzte blindlings auf das Dickicht der Häuserschluchten zu. Am wichtigsten war es, dass ich den Platz hinter mir ließ, denn hier war ich ein zu leichtes Ziel. Keuchend stolperte ich in die nächstbeste Gasse. Doch die Reiter waren mir sofort auf den Fersen. Hunderte von Hufen trampelten durch die Luft und die dazugehörigen Flügel erschufen mit ihren Schlägen einen staubigen Sturm, der hinter mir herfegte und das Atmen bald schon unmöglich machte.
    Ich drückte mir meinen Ärmel vor Mund und Nase, um mich zu schützen, aber viel brachte das nicht. Ein Hustenanfall zwang mich innezuhalten. Ich keuchte, versuchte dringend Sauerstoff in meine Lungen zu pumpen. Doch in der Luft fand ich keinen. Nur Dreck, der sich in meine Nase und meine Augen setzte wie feine Nadeln. Ich lehnte mich in einen Hauseingang und stemmte meine Hände auf die Oberschenkel. Nur einen kurzen Moment. Ich brauchte nicht lange, ich wollte nur ein paarmal tief durchatmen, damit ich das Bewusstsein nicht schon wieder verlor.
    Gab es nicht irgendwo ein Versteck? Eine Treppe, unter die ich mich werfen konnte, so wie damals, als ich das erste Mal vor den Reitern geflohen war? Meine getrübten Augen entdeckten nichts dergleichen, doch dafür war nun das erste Schattenpferd bei mir.
    Ein dunkel glänzender Leib, der aus dem Himmel brach.
    Glühende Augen, zitternde Nüstern.
    Hufe, die mich beinahe zermalmten,

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