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Nacht aus Rauch und Nebel

Nacht aus Rauch und Nebel

Titel: Nacht aus Rauch und Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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Ich verschränkte die Arme vor der Brust. Wieso war er eigentlich schon zurück in der Schattenwelt? Das hatte mich vorhin schon gewundert. »Solltest du nicht bei Wiebke und Linus sein?«
    Mit einem Ächzen setzte Marian das Materiophon endgültig ab. Ohne ein weiteres Wort schnappte er sich seinen Helm und stapfte in die Schleuse, die ihn ins Freie führen würde. Was hatte das nun wieder zu bedeuten?
    »Was ist los mit dir?«, rief ich ihm nach, doch Marian war schon ins Nichts getaucht.
    Mein Blick fiel auf die Kiste mit den Spezialanzügen. Noch ehe sich der Gedanke in meinem Kopf geformt hatte, streifte ich Hose und Pullover ab und zog das merkwürdige Material über meine Haut, das sich anfühlte, als würde unablässig Wasser über meinen Körper rinnen. Wie unter einer kalten Dusche. Hatte Marian deshalb vorhin gezittert? Ich stülpte mir den dazugehörigen Helm über den Kopf und trat ebenfalls in die Schleuse, in der etwas auf dem Boden lag: eines der chipbesetzten Armbänder! Anscheinend hatte Marian es beim Aussteigen verloren. Ich steckte es ein, um es ihm zurückzugeben.
    Dreißig Sekunden später leckte das Nichts auch an meinen Armen und Beinen und strich um meinen Kopf, als wolle es mich locken. Ich kam mir vor wie ein Astronaut bei seinem ersten Weltraumspaziergang. Zwar schwebte ich nicht direkt in der Schwerelosigkeit, doch festen Boden, auf dem ich gehen konnte, gab es nicht. Eine Kartusche im Innern des Anzugs versorgte mich mit Sauerstoff. Leider hatte ich mir nicht durchgelesen, wie lange dieser reichte. Doch ich hatte schließlich auch nicht vor, lange hier draußen zu bleiben. Ich wollte nur mit Marian reden.
    »Warte auf mich!«, rief ich in die tosenden Schwaden hinein, die meine Stimme verschluckten, noch ehe sie an mein eigenes Ohr drang. Das funktionierte also schon mal nicht. Na super. Dann musste ich Marian eben einholen. Entschlossen setzte ich einen Fuß vor den anderen. Das Gehen war nicht leicht mit dem schweren Helm auf den Schultern, doch ich biss die Zähne zusammen und stemmte mich gegen die Abwesenheit der Welt.
    »Du hast doch keine Ahnung, worum es hier geht«, begrüßte mich Marian, als ich ihn schließlich erreichte. Dabei betätigte er einen Knopf an seiner Brust, der anscheinend ein Mikrofon einschaltete, sodass ich ihn hören konnte.
    »Das stimmt allerdings«, bestätigte ich, dieses Mal ebenfalls über Mikro. Natürlich hatte ich keine Ahnung! Nicht, was es mit dem Nichts auf sich hatte, nicht, was Marian schon wieder vor mir verheimlichte. Und ehrlich gesagt hatte ich es satt, ständig bei allem, was ich tat, im Dunkeln zu tappen. Wie sollte man denn da Entscheidungen treffen? Noch dazu, wenn es um etwas nicht ganz Unwichtiges wie den Weißen Löwen ging? Wut stieg in mir auf und setzte sich als gleißender Knoten in meine Kehle. Dieses Theater musste endlich aufhören.
    »Und wenn nicht das Mädchen den Stern bewahrt, das Herz zurückbringt, so wird die Welt vergehen durch ihre Schuld, vergehen im Reich derer, die nicht mehr sind«, schleuderte ich Marian deshalb an den Kopf. »Na, sagt dir das was?«
    Er zuckte mit den Achseln und machte mich damit nur noch zorniger. Auf einmal war es mir egal, dass wir gerade mitten im Nichts standen, egal, ob unser Schiff noch fahrtüchtig war, wir den Gelehrten gefunden hatten oder Ylva nun befreit werden sollte. Ich machte einen Satz auf Marian zu. »Du bist ein Idiot, weißt du das?«, fauchte ich.
    »Danke für die Info«, knurrte er. Wir standen nun so nahe voreinander, dass sich die Scheiben unserer Helme berührten. Durch das Glas sah ich, wie Marians Wangen sich dunkel färbten. Er verengte die Augen zu Schlitzen. »Ich habe dir schon mal erklärt, dass ich dir im Moment nicht alles sagen kann.«
    »Na und? Das ist mir echt egal!«, rief ich. »Amadé war meine Freundin, doch plötzlich meidet sie mich. Sie kennt einen weiteren Teil der Prophezeiung, der ja wohl auch dir nicht neu ist.« Ich atmete schwer. »Die Welt stürzt zusammen, das Nichts will uns alle umbringen. Ich weiß nicht, ob ich das Richtige getan habe, als ich den Weißen Löwen versteckt habe, der Kanzler ist noch immer auf Rache aus, mein Vater traut mir nicht mehr …« Meine Stimme überschlug sich und entlockte dem Mikrofon an meinem Anzug einen Pfeiflaut. »Ich bin froh, dass du mir trotz allem geholfen hast. Das war nicht selbstverständlich. Aber weißt du was, ich habe trotzdem ein Recht darauf, dass du ehrlich zu mir bist, Marian. So kann das

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