Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition)
Zorn verwandelte. Das Gespräch machte auf sie den Eindruck, als würde Uracha irgendetwas sehen, aber das meiste raten und weil es so undeutlich war, was sie selbst wusste, erschien es ihr, als könne die alte Frau ihr tatsächlich etwas erzählen.
"Über eines, Geraldine, musst du dir allerdings im Klaren sein. Wer die Welt der Schattenwesen betritt, hat immer mit dem Tod zu tun. Das gilt besonders für die, die sich von der Kraft der lebenden Menschen nähren. Das gilt besonders für die Vampire. Sie haben sich dir genähert und sie werden es wieder tun." Wieder entstand eine Pause. Doch diesmal war es anders. Das Gesicht von Uracha geriet plötzlich in eine heftige Bewegung. Dann, mit einem Mal, beugte sie ihren Oberkörper nach vorne, so dass ihr Gesicht viel dichter bei Geraldine war. Sie flüsterte: "Einer hat dich berührt. Spürst du das in deinem Herzen? Spürst du diese Kälte, die dich bewegt, dieser Hunger, der dich treibt? Spürst du den Wandel, den du nicht vollziehen kannst? Ja, einer hat dich berührt und jetzt gehörst du zu beiden Welten."
"Aber was bedeutet das alles? Ich bin hierhergekommen, um Antworten zu bekommen. Was bedeutet das: einer hat mich berührt? Wer hat mich berührt? War das der, der mich überfallen hat?"
"Du hättest tot sein müssen. Aber du lebst. Ich weiß nicht genau, wer dich vor dem Tod schützt, aber er hat etwas sehr Machtvolles, etwas sehr Seltenes an dir vollbracht. Diesen Mann musst du treffen und du musst ihn um jeden Preis treffen. Auch an ihn bist du gebunden und wenn du dies nicht anerkennst, wird das dein Tod sein."
"Wer?"
"Du weißt es. Er hat dich bereits gerettet."
Geraldine wusste, dass ihre nächste Frage ein Schuss ins Blaue war: "Heißt dieser Mann Urbano?"
Uracha überlegte nur kurz, dann nickte sie.
"Ist er auch ein Vampir?"
Die alte Frau schüttelt den Kopf. "Es gibt viele Wesen auf dieser Welt, und dieser gehorcht nicht den Stimmen des Blutes. Er kommt aus einem alten Volk, viel älter, als die Menschen sich das vorstellen können."
"Wie kann ich ihn finden?"
Uracha schüttelte den Kopf. "Ich weiß es nicht. Du bringst Rätsel mit und du wirst mich mit Rätseln verlassen. Du stehst an der Schwelle einer neuen Welt. Niemand kann genau sagen, was passieren wird. Doch eines darfst du nie vergessen. Vampire gehorchen nur ihren Bedürfnissen. Manchmal wirst du denken, dass dies nicht falsch sei. Aber vergiss nie, dass Vampire den Tod bringen, deinen Tod bringen, so oder so."
Damit erhob sich die alte Frau, machte mit ihren Händen eine Geste des Verschwindens und setzte sich wieder.
Zuerst lag Geraldine noch eine Frage auf der Zunge, aber sie fühlte sich insgesamt enttäuscht von diesem Besuch und verschluckte die Frage. Ihre Großmutter hatte recht damit gehabt, dass Uracha sonderbar war, geradezu bizarr; aber sie konnte einfach nicht weise sein. Nichts von all dem, was die alte Frau geäußert hatte, erschien Geraldine hilfreich.
Geraldine verließ das Gesindezimmer und kehrte zu ihrem Auto zurück. Es war früher Nachmittag. Der Himmel spannte sich in einem reinen Blau von Horizont zu Horizont. Mücken tanzten in irritierenden Schwärmen in jedem Halbschatten und wurden die Opfer der pfeilschnellen Schwalben. Es war heiß geworden. Selbst die Grillen schwiegen. Geraldine startete den Motor und fuhr davon.
Sie war im Zwiespalt. Auf der einen Seite wollte sie nicht glauben, was diese alte Hexe ihr erzählt hatte; doch auf der anderen Seite hatte Geraldine ihr Herz gehört und es klang wie das Herz eines Menschen, der die Wahrheit sagte. Es gab auch einige beunruhigende Aussagen von Uracha. Was war dieses Ding unterhalb ihres Herzens? Was bewegte es? Warum fühlte es sich so kalt an und erzeugte einen solchen Hunger? War sie tatsächlich von einem Vampir gebissen worden und auf irgendeine Art und Weise hatte dieser Biss bei ihr nicht gewirkt, zumindest nicht vollständig? Doch was hatte sie gerettet? Warum war sie nicht selbst zum Vampir geworden?
Während sie durch die Eichenwälder und ihr dunkelndes Grün fuhr, bedrängten sie immer mehr Fragen. Und noch mehr schien die gesamte Lösung bei Urbano zu liegen, jenem geheimnisvollen Mann, dem sie ihr Leben verdankte.
Kapitel 3
Es klingelte an der Wohnungstür. Als Geraldine öffnete, stand ihre Schwester zusammen mit drei jungen Männern im Flur. Jaclyn wollte gerade, wie das ihrer Art war, in die Wohnung platzen, als Geraldine sie aufhielt.
"Was soll das? Sind das Freunde von dir?"
"Ich
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