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Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition)

Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition)

Titel: Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Fizek
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Qualität hatte, eine triebhaftere, dunklere Qualität voll von düsteren Vorahnungen.
    "Geraldine?" Iarons Stimme riss sie aus ihrem Gedanken.
    Sie blickte ihn an und entdeckte zu ihrer Überraschung eine gewisse Zärtlichkeit und Fürsorglichkeit in seinem Gesicht.
    "Du wirst hierbleiben müssen. Mach es dir einfach bequem und wenn du Lust hast, kannst du dich bei den Büchern bedienen. Es sind auch einige Biologiebücher dabei. Die dürften dich am meisten interessieren, oder?"
    Von draußen erklang ein scheppernder Schlag. Als hätte jemand mit einem Hammer auf eine schlecht geformte Glocke geprügelt.
    Der Werwolf nickte, mehr zu sich selbst als zu Geraldine und Urbano hin. "Sie rufen zum Rat. Wir müssen los."
    "Wie lange wird es dauern?" Das war keine wirklich ernst gemeinte Frage, denn Geraldine hatte noch nicht einmal eine Uhr dabei. Aber sie fühlte sich plötzlich aufgeregt und nervös. Sie wäre ruhiger gewesen, wenn sie hätte mitkommen können, auch wenn das bedeutet hätte, dass sie die ganzen Urteile über sich hätte hören müssen. Aber ihr gefiel es keineswegs, ausgeschlossen zu sein. In den Tiefen ihrer Gedanken tauchte jenes Bild auf, das immer dann emportrieb, wenn sie sich hilflos fühlte. Es war der Abend, als die beiden Polizisten die Nachricht vom Tod der Eltern überbracht hatten und ihre Großmutter den beiden Mädchen nicht erklären konnte, was geschehen war. Stattdessen weinte sie so leise wie möglich. Doch Geraldine und Jaclyn hatten natürlich sofort begriffen, dass etwas Schreckliches geschehen war. Und während sie nach und nach, in den folgenden Monaten, begriff, dass sie ihre Eltern nie wieder sehen würde und sie ihr allmähliches Verblassen akzeptierte, blieb dieses Bild der weinenden Großmutter wie eingebrannt. Eben jenes Gefühl des Ausgeschlossenseins, der Isolation war es, mit dem sie nicht umgehen konnte, außer es mit viel Mühe aus ihrem Alltag zu verbannen.
    "Geraldine?" Erneut hatte Iaron sie in ihren Gedanken unterbrochen.
    Sie blickte ihn direkt an, klärte sich innerlich und sagte: "Ich werde schon zurechtkommen. Danke!"
    "Wir müssen dich leider einschließen. So hat es mein Bruder befohlen. Im Zweifelsfall kannst du aber das Fenster benutzen. Es lässt sich öffnen." Dabei lächelte er sie an.
    Dann verließen die beiden Männer das Zimmer. Geraldine hörte, wie draußen der Schlüssel umgedreht wurde. Schritte entfernten sich. Sie war allein. Einen kurzen Moment stand sie unentschlossen da, dann setzte sie sich in den Schaukelstuhl und ließ ihre Gedanken gleiten.
    * * *
    Die Stunden zogen sich in die Länge.
    Es hatte allerdings keine zehn Minuten gedauert, bis Geraldine ihren Hunger verspürte. Es musste mehr als zwölf Stunden her sein, dass sie ihre letzte Mahlzeit zu sich genommen hatte und seitdem hatte sie einiges an Kalorien verbraucht. Doch vorhin hatte sie einfach nicht daran denken können. Also ertrug sie das rumorende Gefühl in ihrem Magen und beobachtete, wie die Sonne hinter dem Haus erst einen immer kürzeren Schatten warf und schließlich am oberen Rand des Fensters auftauchte, weiter wanderte, sie nach und nach in ihr Licht hüllte und bereits fast wieder hinter den Bäumen versunken war, als sie durch eine Bewegung aufgeschreckt wurde.
    In den dichteren Teilen des Waldes tauchten mehrere Schatten auf. Sie waren niedrig und klobig. Und sie kamen auf das Dorf zu. Geraldine erkannte sofort, was sie vor sich hatte. Es waren Schwarzbären, acht von ihnen. Das war ungewöhnlich. Diese waren Einzelgänger. Wenn sie sich begegneten, machten sie meist einen großen Bogen umeinander, es sei denn, der eine Bär wäre in das Revier des anderen eingedrungen. Diese hier aber trotteten fast gemütlich nebeneinander her. Erst als sie den Rand des Dorfes erreichten, zögerten sie einen kurzen Augenblick und dann verwandelten sie sich in Menschen, in Indianer. Sie waren alle nackt. Fünf von ihnen waren Frauen, eine sehr alt und gebeugt (was man dem Bären nicht angesehen hatte) und eine von ihnen sehr jung, ein kleines Mädchen von fünf oder sechs Jahren. Die sechs anderen Indianer waren alle erwachsen und im Vollbesitz ihrer körperlichen Kräfte. Sie verschwanden sogleich hinter der Hausecke.
    Geraldine lauschte. Aber es geschah nichts weiter. Von draußen drangen keine Geräusche herein. Die Sonne sank weiter. Der späte Nachmittag wich langsam dem Abend.
    Dann wurde der Schlüssel in der Zimmertüre umgedreht. Die Tür ging auf und Maria betrat das

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