Nacht Der Begierde
bist du zum Alpha-Mann geworden?» Ich hielt den Atem an und hoffte, damit nicht ein schmerzhaftes Thema angeschnitten zu haben, aber ich hatte natürlich auch ein ganz persönliches Interesse an der Antwort. Ich wollte wissen, wie gefährlich es war, Wolfskönig zu sein.
«Mein Vater dachte, es wäre nicht richtig, jemanden, der nicht einmal halb so alt wäre wie er, ein Leben lang an sich zu binden. Er dachte, eine neue Königin würde auch einen neuen König brauchen. Er hielt das Rudel so lange zusammen, bis ich alt genug war, die Führung zu übernehmen. Dann trat er offiziell zurück, um seinen Ruhestand zu genießen.»
Also kam die Königsrolle nicht automatisch einem Todesurteil gleich. Gut zu wissen. «Ich habe Freunde und Familie außerhalb des Rudels. Wie werde ich das alles miteinander in Einklang bringen?»
«Zuallererst: Verabrede dich niemals mit ihnen bei Vollmond», meinte Zach. «Vermeide es einfach. Mach Alternativvorschläge; erzähl ihnen, du gehörtest zu einem Hexenkult, bei dem das wichtige religiöse Feiertage seien, falls du es erklären musst.»
Ich hatte auch schon erwogen, meinen Adoptiveltern einfach zu erzählen, ich sei in eine Wohngemeinschaft nur mit Männern gezogen, entschied mich aber dann, es so lange wie möglich hinauszuzögern.
«Also denkst du, es kann klappen?»
«Alles kann klappen, wenn es nötig ist.»
Er klang so überzeugend, dass ich ihm fast glaubte.
KAPITEL 9
E inige Stunden später schaute ich mich in einem hohen Spiegel an, der an der Tür zu meinem begehbaren Kleiderschrank hing. Cinderella ging zum Ball, und die gute Fee hatte ihr gerade rechtzeitig noch etwas zum Anziehen gebracht.
In diesem Fall war die gute Fee eine Internet-Boutique gewesen, und gebracht hatte das Paket ein Kurier. Das Abendessen war ein wichtiges Ereignis, nämlich meine offizielle Begrüßung und Vorstellung innerhalb des Rudels. Zach hatte um angemessene Kleidung gebeten und gab mir meine neue Kreditkarte, bevor er ging, um sich anderen Geschäften zu widmen.
Ich hatte mich für ein tannengrünes, enges Samtkleid entschieden, schulterfrei und ohne Ärmel, das bis zu den Knöcheln reichte und sich an meinen Körper schmiegte, wobei es hinten einen Schlitz hatte, damit ich überhaupt laufen konnte.
Flache Schuhe waren mir als praktische Wahl erschienen, da man nie weiß, ob man sich mal schnell bewegen muss, und bei High Heels verliere ich immer schnell das Gleichgewicht. Eine glänzende, hautfarbene Strumpfhose und seidene Shorts in der Farbe meines Kleides rundeten die Sache ab. Das Kleid selbst war im Mieder eng genug, um genügend Halt zu bieten, sodass ich gar nicht erst versucht hatte, einen passenden halterlosen BH zu finden, der nicht hervorblitzen würde. Bei einem solchen formellen Anlass schickt es sich nun mal nicht, seine Unterwäsche zu zeigen.
Im Bad hatte ich eine Dusche genommen und entdeckt, dass der Schrank gefüllt war mit einer Auswahl natürlicher Seifen, Shampoo und Pflegespülung, die meine Nase nicht reizen würden. Ich ließ die Spülung extralange einwirken, damit mein dunkelrotes Haar besonders glatt und glänzend sein würde. Gut durchgebürstet sah es aus wie eine schimmernde Kopfbedeckung. Mein kurzer Haarschnitt und das ärmellose, schmal geschnittene Kleid betonten meinen entblößten Nacken. Vielleicht war ich aber auch nur nervös, weil ich einem Wolfsrudel meinen Hals zeigen würde.
Ich bemühte mich, so gut wie irgend möglich auszusehen. Ich musste selbst zugeben, dass mir das gelungen war, als ich noch einmal den Samt über meinen Hüften glatt strich.
Sei mutig. Es ist doch bloß ein Abendessen.
Richtig.
Ich reckte meine Schultern und verließ mein Zimmer, ging zurück bis ins Treppenhaus und hinunter ins Erdgeschoss. Nur wusste ich, als ich unten angekommen war, nicht einmal mehr, wo das Esszimmer war. Ich konnte mich nicht erinnern, auf dem Weg vom Wintergarten zur Küche daran vorbeigekommen zu sein, also entschloss ich mich, meiner Nase und meinen Ohren zu folgen.
Leise Stimmen verrieten mir, dass ich offenbar in die richtige Richtung ging. Ich fand eine geöffnete Tür und sah hinein, bevor ich den Raum betrat. Und dann wollte ich eigentlich nur noch dort stehen bleiben und das Bild genießen, das sich mir bot.
Die Jungs hatten sich schick gemacht. Niemals zuvor hatte ich außerhalb eines Schulabschlussballs oder einer Hochzeitsgesellschaft so viele Fräcke auf einmal gesehen. Sie alle sahen gut aus in ihren schwarzen Anzügen,
Weitere Kostenlose Bücher