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Nacht der Füchse

Titel: Nacht der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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eine Röntgenaufnahme, aber ich würde sagen, das Schienbein ist mindestens zweimal gebro­ chen, vielleicht sogar dreimal.«
    »Krankenhaus kommt nicht in Frage«, sagte Kelso schwach.
    Hamilton gab Helen und Gallagher ein Zeichen, ihm in die Küche zu folgen. »Wären die Wunden offen – mit anderen Worten, gäbe es irgendwo einen Hautdurchstich der Knochen, hätten wir keine andere Wahl, denn dann wäre das Infektionsri­ siko – nach allem, was er durchgemacht hat – sehr groß. Sein Bein wäre in einem solchen Fall nur zu retten, wenn man es in einem Krankenhausbett strecken könnte.«
    »Und was heißt das nun genau, George?«, fragte Gallagher.
    »Nun ja, wie Sie sehen, ist die Haut intakt. Es handelt sich, wie wir sagen, um Splitterbrüche. Vielleicht ist es möglich, das Bein auch so zu richten und einzugipsen.«
    »Schaffen Sie das?«, fragte Helen.
    »Ich könnt’s versuchen, aber nur unter vernünftigen Arbeits­ bedingungen. Auf keinen Fall ohne Röntgenaufnahme.« Ha­ milton zögerte. »Es gäbe da eine Möglichkeit.«
    »Ja?«, fragte Gallagher.
    »Pine Trees. Ein kleines Pflegeheim in St. Lawrence, betrie­ ben von katholischen Ordensschwestern, vorwiegend irischer und französischer Abstammung. Die haben ein Röntgengerät und einen ordentlichen Operationssaal. Die Leiterin, Schwester Maria Teresa, kenne ich gut und könnte sie anrufen.«
    »Arbeiten die Deutschen mit dem Heim?«, fragte Helen.
    »Ab und zu. Normalerweise brauchen sie es für junge Frauen mit pränatalen Problemen – für Abtreibungen also. Die Nonnen sind damit natürlich ganz und gar nicht einverstanden, aber was sollen sie tun?«
    »Könnte er dort bleiben?«
    »Ich glaube nicht. Es gibt nur wenige Betten, außerdem wäre es bestimmt zu gefährlich. Wenn wir Glück haben, können wir ihn zusammenflicken und hierher zurückschaffen.«
    Gallagher sagte: »Wenn Sie uns helfen, gehen Sie ein ver­ dammt großes Risiko ein, George.«
    »Das gilt hier doch wohl für uns alle«, erwiderte Hamilton.
    »Es ist lebenswichtig, dass Colonel Kelso dem Feind nicht in die Hände fällt«, sagte Helen.
    Hamilton schüttelte den Kopf. »Ich will nichts davon wissen, Helen, sagen Sie’s mir lieber nicht. Und die Nonnen dürfen auch nicht hineingezogen werden. Für Schwester Maria Teresa muss der Mann ein Hiesiger sein, der einen Unfall hatte. Es wäre von Vorteil, wenn wir einen Ausweis vorzeigen könnten, für alle Fälle.«
    Helen wandte sich an Gallagher. »Kannst du da etwas ma­ chen? Ach, erinnerst du dich an den spanischen Kommunisten vom letzten Jahr. Er floh von der Zwangsarbeit in den Tunneln, die in St. Peter gebaut werden. Du konntest ihm einen Ausweis verschaffen.«
    Gallagher trat an den alten Kieferntisch in der Ecke, zog die vordere Schublade auf, griff hinein und holte ein Kästchen her­ aus, wie man sie früher zum Aufbewahren von Wertsachen verwendete. Drinnen lagen mehrere Ausweisformulare – kom­ plett mit Stempel und Unterschrift der Nazis.
    »Du meine Güte, wo haben Sie die her?«, fragte Hamilton erstaunt.
    »Ein Ire aus meiner Bekanntschaft, Barmann in einem Hotel in der Stadt, hat einen Deutschen zum Freund, wenn Sie ver­ stehen, was ich meine. Schreiber in der Feldkommandantur. Ich tat ihm letztes Jahr einen großen Gefallen, dafür gab er mir diese Ausweise. Ich trage Angaben ein, die auf Kelso passen. Wir müssen ihm einen guten Jersey-Namen geben. Wie wär’s mit Le Marquand?« Er griff nach Feder und Tinte und setzte sich an den Küchentisch. »Henry Ralph Le Marquand. Adres­ se?«
    Er schaute zu Helen auf.
    »Home Farm, De-Ville-Anwesen«, sagte sie.
    »Klingt gut. Ich will seine Augen- und Haarfarbe erfahren, und du kannst schon in Pine Trees anrufen.« An der Tür blieb er stehen. »Als Beruf gebe ich Fischer an. Dann kann er sagen,
    es war ein Bootsunfall. Und noch etwas, George.«
    »Ja?«
    »Ich begleite Sie. Wir schaffen ihn im Lieferwagen hinüber. Keine Widerrede. Entweder werden wir alle erwischt oder kei­ ner.« Er lächelte kurz und verließ das Zimmer.

    Pine Trees war ein hässliches Bauwerk, offenbar aus spätvikto­ rianischer Zeit. Die Mauern waren nachträglich verputzt wor­ den, eine Schicht, die an vielen Stellen rissig und auch schon in Fladen abgeplatzt war. Gallagher fuhr den Wagen vor das Haus. Als die beiden Männer ausstiegen – Hamilton hatte ne­ ben ihm gesessen –, ging die Vordertür auf und Schwester Ma­ ria Teresa eilte die Betonrampe herab. Die kleine Frau trug eine

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