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Nacht der gefangenen Träume

Nacht der gefangenen Träume

Titel: Nacht der gefangenen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Michaelis
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zusammengewürfelten Decke vom Bauch auf den Rücken.
    Frederic lauschte eine Weile auf das Summen der Maschine, das die Tonart gewechselt hatte. Was tat die Maschine? Was tat Bruhns? Frederic duckte sich, versuchte, ein Teil der Schatten zu werden, und schlich der Maschine nach in den Hof – so lautlos, dass er selbst kaum glaubte, er wäre wirklich hier.
    Zuerst begriff er nicht, was er im Hinterhof sah. Die Maschine besaß jetzt einen Hals, bestehend aus einer stabilen Leiter. Und auf dieser Leiter waren HD Bruhns und Fyscher in die Höhe unterwegs, unter dem Arm das Ende eines dicken Bündels Schläuche. Die Ziesel stand seitlich vor einer Art ausgeklapptem Mischpult an der Maschine, blickte ab und zu nach oben und bediente Hebel und Schalter. Dann kniete sie sich hin und befestigte eine Art Staubsaugerbeutel an der Rückseite der Maschine. Eine Vielzahl von Knöpfen hatte begonnen, abwechselnd rot, grün und gelb zu blinken. Das Ganze glich dem wilden Löscheinsatz einer wahnsinnigen nächtlichen Feuerwehreinheit. Nur dass es kein Löscheinsatz war.
    Irgendwie war es Bruhns inzwischen gelungen, das Fenster dort oben zu öffnen, und nun kletterte er hinein. Frederic überlegte rasend schnell. Er könnte versuchen, die Polizei zu rufen und ihnen etwas von einem Einbruch zu erzählen. Er konnte die Bewohner des Hauses wach klingeln. Doch dann würde er nie erfahren, was Bruhns und seine Leute vorhatten.
    Nein. Irgendwie musste er auch in den ersten Stock gelangen. Er ließ Bruhns Bruhns sein und schlich zurück zur Vordertür, drückte beide Daumen, drückte die Zehen … und hatte Glück: Die Tür war offen. Kurz darauf stand Frederic mit fliegendem Herzschlag in einer fremden Wohnung. Er hechtete eine hölzerne Innentreppe hoch, rutschte beinahe auf einem Flickenteppich aus – fand sich in einem Korridor und tastete sich eine Raufasertapete entlang. Er stieß an eine Kommode, umrundete sie – da glitt etwas raschelnd zu Boden und warf sich ihm zu Füßen wie stummes Nachtgetier. Er biss sich einmal mehr auf die Unterlippe, um nicht vor Schreck aufzuschreien. Seine Hände tasteten auf dem Boden herum – und er atmete tief durch. Was sich auf ihn geworfen hatte, war nur eine Ansammlung von Stofftaschen: Einkaufstaschen, die er von ihrem Haken an der Garderobe gerissen hatte. Hinter der Garderobe fanden seine Finger an der Wand Bilderrahmen … ein Regal, auf dem etwas saß, das sich verdächtig nach einer Sammlung von Porzellanpuppen anfühlte … und mehrere Türen, die von dem Korridor abgingen. Hinter welcher Tür lag der Raum, durch dessen Fenster Bork Bruhns vor Minuten eingestiegen war? Frederic lauschte an den glatten, schlafenden Holzflächen. Und dann hörte er sie flüstern.
    »Hast du’s?« Das war Bruhns. »Hält es so?«
    »Moment.« Fyscher. Ein Schnalzen seiner blutdurstigen großen Zunge. Ein Zischen. »Jetzt. In Ordnung. Vakuum liegt an.«
    Vakuum?
    Bruhns wieder: »Kontrolle: Vakuum eins?«
    Fyscher: »Sitzt.«
    Bruhns: »Vakuum zwei?«
    Fyscher: »Sitzt.«
    Bruhns: »Vakuum drei …«
    Er zählte bis sechs durch und wisperte dann: »Kreisläufe? Ableitender Kanal?«
    »Frei«, antwortete Fyscher, kaum hörbar.
    »Zuleitender Kanal?«
    »Frei.«
    Zwei Paar leise Schritte entfernten sich; das Fenster quietschte.
    »Absaugen an!«, befahl Bruhns.
    Ein leises schlürfendes Geräusch ertönte. Frederic hielt es nicht mehr aus. Er drückte die Klinke hinunter, öffnete die Tür einen Spaltbreit, und im sparsamen Licht von Bruhns’ Taschenlampe bot sich ihm ein Bild, das noch viel unheimlicher war als das Bild der Maschine unten im Hof. Die Schläuche – er zählte sieben – wanden sich durchs Fenster herein wie Schlangen, kringelten sich auf dem gewebten Teppich und endeten in einem Chaos aus Ventilen und weiteren Knöpfen … am Kopfende eines Bettes. Die unpassend niedliche, mondförmige Lampe, die dort an der Wand hing, hatte jemand ausgesteckt. Neben dem Ventilchaos standen HD Bruhns, der jetzt Gummihandschuhe trug, und Fyscher, dessen große Zunge unruhig hin und her schlug wie der Schweif einer Raubkatze. Über das Bett jedoch liefen Riemen mit glitzernden Schnallen, die Fyschers grobe Hände jetzt ein wenig enger zurrten.
    Und in dem Bett lag eine kleine Gestalt. Sie wirkte in dem ganzen Durcheinander von Technik so winzig, als könnte der nächste Windhauch sie fortpusten. Doch man hatte sie ja vorausschauend festgebunden: Änna.
    Frederic schluckte. Ihre Augen waren

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