Nacht der Geister
Dann wären Paige, Lucas und Savannah in Sicherheit, und ich mache mich einfach wieder auf die Suche. Wir wären zumindest nicht schlechter dran, als wir waren, bevor sie in Jaime gekrochen ist.«
Die Parze zögerte und antwortete dann mit einem langsamen Nicken.
Als Nächstes beförderten sie Trsiel, Kristof und mich in Paiges Büro, wo Paige gerade dabei war, ihre EMails zu beantworten. Es sah ganz so aus, als würde sie damit noch eine Weile beschäftigt sein.
Wir verabschiedeten uns voneinander. Trsiel versprach, an meiner Seite zu bleiben, wenn ich übergetreten war sich in der Nähe zu halten, jederzeit bereit, dies zu Ende zu bringen.
Dann gab er mir das Amulett und ließ Kristof und mich allein.
Als er fort war, nahm Kristof mir das Amulett aus der Hand und legte mir die Kette um den Hals.
»Steht dir«, sagte er mit einem schiefen Lächeln. »Gewöhn dich nur nicht zu sehr dran.«
Ich antwortete mit einem Kuss; meine Hände glitten in sein Haar, und ich ließ die feinen seidigen Strähnen durch die Finger gleiten. Er legte die Arme um mich, so fest, dass ich glaubte, meine Rippen knacken zu hören, und ich drängte mich an ihn, so dicht ich konnte. Nach einer Minute hob er den Kopf.
»Ich gehe davon aus, dass das kein Abschiedskuss ist«, sagte er.
»Du weißt, dass es keiner ist. Ich komme zurück, und wenn ich zurückkomme, dann auf Dauer. Mit beiden Füßen auf dieser Seite.«
Wir küssten uns wieder. »Trsiel wird nicht der Einzige sein, der an deiner Seite ist«, sagte er. »Ich werde nichts tun können, um dir zu helfen. Aber ich werde da sein. Ich werde immer da sein.«
»Ich weiß.« Ich drückte ihm die Hand und berührte dann das Amulett. »Bringen wir’s hinter uns.«
Es gibt viele Methoden, ein Amulett zu aktivieren. Meist ist eine Beschwörung erforderlich, oft eine, die praktischerweise bereits auf dem Amulett steht, so wie es hier der Fall war. Ich spreche Hebräisch einigermaßen fließend, aber beim ersten Mal wusste ich, dass die Formel nicht wirkte. Ich hatte nichts anderes erwartet. Bei einer neuen Formel braucht man mindestens ein paar Übungsdurchgänge, um Rhythmus und Intonation richtig hinzubekommen. Beim vierten Versuch wusste ich, dass beides stimmte. Aber Paige saß immer noch da und tippte.
»Vielleicht muss ich näher ran«, sagte ich, während ich hinter sie trat.
»Es war erst der vierte Versuch. Wenn ich es versuchen würde, wären wir noch den ganzen Tag hier, aber selbst du dürftest noch ein paar «
Kristof verstummte.
»Noch ein paar was?«, fragte ich.
Meine Stimme war in eine dunkle Altlage gerutscht und hatte einen Akzent angenommen, den ich selbst vor mindestens einem Jahrzehnt verloren hatte. Vor mir sah ich eine halbfertige EMailNachricht.
»Heiliger Bimbam«, murmelte ich.
Als ich sprach, spürte ich etwas seltsam Belegtes in meiner Stimme, ein ungewohntes Vibrieren in der Brust. Ich brauchte eine Sekunde, um herauszufinden, was es war, und dann konnte ich mir ein Auflachen nicht verbeißen. Ich atmete. Ich sah auf meine Hände hinunter, die noch auf der Tastatur lagen und auf Anweisungen warteten. Ich sah Finger, die mit Silberringen und einem Trauring aus Weißgold geschmückt waren. Die Nägel waren schmale Viertelmonde praktisch, kurz und unlackiert.
Unten in der Einfahrt sprang ein Motor an. Ich stand auf und wäre fast gefallen, als meine Knie sich im Rocksaum verfingen. Ein Kleid in ALinie aus weichem Baumwollstoff, wunderbar geschnitten und unendlich feminin. Ich lachte wieder.
An Paiges drittem Geburtstag hatte ich ihr einen wirklich entzückenden Jeansoverall geschenkt . . . und ihr entsetzter Gesichtsausdruck war einfach unbezahlbar gewesen. Nach der Party hatte ich den Overall von dem Tisch mit Geschenken genommen und in den Laden zurückgebracht, wo ich ihn gegen einen roten Wollmantel mit einem Webpelzkragen und einem passenden Muff eintauschte, und das hatte mir eine ungestüme Umarmung und ein Grinsen eingebracht, das ich nie vergessen würde.
Ich rannte zum Fenster, eben noch rechtzeitig, um Paiges Auto aus der Einfahrt fahren zu sehen. Den Fahrer konnte ich nicht sehen wahrscheinlich Lucas , aber als die Beifahrerin einen Blick zum Haus zurückwarf, setzte mein Herz einen Schlag aus, und dieses Mal spürte ich es zum ersten Mal in drei Jahren.
»Hi, Baby«, flüsterte ich.
Ich drückte die Fingerspitzen gegen die kühle Scheibe.
Savannah sah auf, als sie die Bewegung bemerkte, spähte durchs Autofenster nach oben, und
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