Nacht der Geister
hörte ich unten die Hintertür zuschlagen. Ich ging zum Fenster, konnte aber niemanden aus dem Haus kommen sehen. Ich öffnete das Fenster und horchte. Zwei Stimmen Lucas und Jaime.
». . . wirklich ein wunderschönes Motorrad«, sagte Jaime.
»Und dass du es selbst restauriert hast «
Hatte sie vor, ihn in seinem Motorradschuppen umzubringen? Aber inwiefern würde das aussehen, als sei es Savannahs Schuld? Wollte sie zuschlagen, solange ich in meinem Büro verbarrikadiert war? Ich musste runtergehen und etwas
Das Telefon klingelte.
Ich erstarrte auf halbem Weg zur Tür. Lucas, ich bin sicher, du hörst das. Die perfekte Entschuldigung, um wieder ins Haus zu kommen
Das Telefon hörte auf zu klingeln. Gut. Und jetzt
»Paige!«, brüllte Savannah.
Scheiße! Was jetzt? Halt, nein, Lucas hatte ihr gesagt, sie sollte mich Paige in Frieden lassen, also würde sie
Schritte donnerten die Treppe herauf. Ich rührte mich nicht.
Konnte mich nicht rühren.
Die Tür flog auf, und da stand meine Tochter. Meine wunderschöne fünfzehnjährige Tochter. Stand da. Sah mich an.
Mich nicht irgendetwas unmittelbar links vom unsichtbaren Geist ihrer Mutter, sondern wirklich und wahrhaftig mich. Sah mich
»Telefon«, sagte sie, während sie damit vor meiner Nase herumwedelte. »Was bist du eigentlich, taub?«
Ich zwang meine Hand nach oben. Sie gab es mir, segelte quer durchs Zimmer und ließ sich auf den zweiten Stuhl plumpsen.
Ich starrte sie an, dann riss ich mich los und hob das Telefon ans Ohr.
»Paige Winterbourne.«
»Oh, Gott sei Dank, du bist zu Hause«, sagte eine Frauenstimme. »Liza hat nicht gewusst, was wir machen sollen, und ich habe gesagt: ›Ich rufe schnell Paige an, der fällt sicher was ein‹.«
»Mhm. Sieh mal, ich bin hier ziemlich im Druck. Könnte ich dich «
»Oh, es dauert wirklich nur einen Moment. Es ist wegen dem EMRAW.«
»Em. . . ?«
»Elliot Memorial Run and Walk?« Sie lachte. »Nach einer Weile hören sich diese ganzen karitativen Sachen alle gleich an, oder?«
»Äh, stimmt.«
»Flaschen oder Becher?«
»Hä?«
»Das Wasser. Wir müssen ja Wasser für die Teilnehmer haben. Wenn wir Großbehälter kaufen und es in Becher gießen, würde uns das eine Menge Geld sparen. Aber es könnte knauserig aussehen.«
»Knauserig?«
»Eben. Also, sollen wir doch lieber kleine Flaschen besorgen?«
Sekundenlang saß ich einfach nur da und dachte: »Was zum Teufel ?«
»Paige?«
»Oh, was soll’s, kauft Evian«, sagte ich. »Es sind schließlich bloß Spendengelder, die ihr ausgebt, oder?«
Lautes Schweigen am anderen Ende. Ich verdrehte die Augen.
»Becher natürlich«, sagte ich. »Es ist eine karitative Veranstaltung. Wenn die Wasser in Flaschen haben wollen, können sie gehen und das Joggen im Country Club erledigen.«
Wieder Schweigen, dann ein unsicheres »Okay. Äh, ich hab mir gedacht, dass du das sagen würdest, aber « .
»Warum dann der Anruf?«
Ich legte auf. Unfassbar. Zeit in gemeinnützige Anliegen zu investieren ist ja sehr schön und nobel, aber wo zum Teufel nahm Paige eigentlich die Geduld für so was her? Da versucht sie nun die Welt vor den Mächten des Bösen zu retten und muss sich mit Idioten abgeben, die , die Frage, wie sie das Wasser anbieten sollen, für eine Entscheidung auf Leben und Tod halten.
Wenn Sie mich fragen, das ist kein Anstand mehr, sondern ein Märtyrerkomplex.
»Lucas hat recht, du bist wirklich in einer komischen Stimmung«, sagte Savannah. »Er hat gesagt, ich soll dich in Frieden lassen, weil du zu tun hast. Aber ich hab dich schließlich nicht gestört. Das war das Telefon. Und wenn du jetzt sowieso schon gestört bist, kann ich ja auch mit dir reden, oder?«
Ich dachte an Lucas unten im Erdgeschoss und in Gesellschaft der Nixe.
»Äh, können wir «
»Es ist wegen Trevor«, sagte sie. »Der benimmt sich ich versteh den einfach nicht, weißt du. Ich glaube, er will mit mir zusammen sein, aber dann benimmt er sich wieder « Sie stöhnte und hörte auf, auf dem Stuhl herumzuschaukeln. »Er ist wieder so richtig verdreht.«
»Und du du willst einen Rat von mir?«
»Gah, nee. Ich will bloß wissen, was du dazu meinst. Ich meine, klar, wenn du mir einen Rat geben willst, kann ich dich nicht abhalten. Du machst es ja sowieso. Aber es ist ja nicht so, dass ich mich dran halten muss.«
Ich stand sprachlos da.
Meine Tochter wollte meinen Rat wegen eines Jungen. Wie oft hatte ich mir diese Unterhaltung ausgemalt, hatte mir überlegt,
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