Nacht der Geister
Heimsucher wahrscheinlich nicht so leicht ihre Beute gefunden.
»Hallo?«, fragte ich.
Niemand antwortete.
Als ich mich umdrehte und nach einer Tür Ausschau hielt, bewegte sich etwas am Fenster. Ich spähte um den Diwan herum. Auf der anderen Seite, direkt unter dem Fenster, saß mit dem Rücken zu mir eine zusammengekauerte Frau. Ein fließendes, silberfarbenes Gewand verschluckte ihre winzige Gestalt.
Sie konnte nicht über einen Meter fünfzig groß sein. Vogelzarte Handgelenke ragten aus den weiten Ärmeln. Dunkles Haar fiel ihr über den Rücken; die Spitzen reichten bis zum Boden.
Keine Flügel, soweit ich sehen konnte, aber unter diesem Gewand hätten Flügel und dazu ein Kurzreisekoffer Platz gehabt.
Eins war sicher ich hätte dieses zerbrechliche Geschöpf nicht hinter der Nixe hergeschickt.
»Janah?«, sagte ich leise.
Sie bewegte sich nicht. Ich ging vorsichtig durchs Zimmer, langsam, um sie nicht zu erschrecken.
»Janah?«
Sie hob den Kopf und drehte sich nach mir um. Riesige braune Augen hielten meinen Blick fest. Diese Augen waren so völlig ohne Denken oder Gefühl, dass ich den Blick instinktiv losriss, als könnte sie aus mir heraussaugen, was ihr selbst fehlte.
Ich ging in die Hocke, hielt mich aber in einiger Entfernung.
»Janah, mein Name ist Eve. Ich werde dir nichts tun. Ich wollte dich nur fragen «
Sie sprang. Ein Kreischen wie von einem Puma zerriss die Luft. Bevor ich mich bewegen konnte bevor ich auch nur daran denken konnte, mich zu rühren , hatte sie mich gepackt.
Ich kippte nach hinten, mein Kopf schlug hart auf dem Fußboden auf. Janah drehte mein langes Haar um beide Hände, kam auf die Füße und schleuderte mich in eine Gruppe von Tonkrügen. Geschirr ging zu Bruch, und ich segelte geradewegs über den Diwan hinweg.
»Div farzand«, fauchte Janah.
Sie stürzte sich auf mich. Ich sprang auf und warf mich aus ihrer Reichweite. Als ich einen Bindezauber sprach, wurde sie nicht einmal langsamer. Ich sprang auf den Diwan, über die Kissen hinweg und auf den Tisch. Als sie näher kam, versuchte ich, sie mit einer Formel zu blenden. Entweder funktionierte das bei Engeln nicht, oder ich hatte sie geblendet . . . und es war ihr vollkommen gleichgültig.
Ich schwang den Fuß hoch, um einen Sidekick anzubringen, aber eine innere Barrikade brachte mich dazu, auf halber Strecke innezuhalten. Einen wahnsinnigen Engel treten? Mein Moralkodex mag eine Spur lückenhaft sein, aber das war sogar für mich zu viel.
Ich sprang auf einen kleinen Tisch und sah mich nach einer Tür um. Es gab keine. Der einzige Ausweg aus diesem goldenen Käfig war das Fenster, und von dem wusste ich, dass es eine Illusion war. Hier waren Wände Wände. Auch Geister konnten sie nicht passieren.
Während ich mich mit einem weiteren Satz wieder auf den Sofatisch flüchtete, sprach ich die Formel, die mich hier hätte herausholen sollen. Sie funktionierte nicht. Ich versuchte es mit einer anderen. Die funktionierte auch nicht. Was die Parzen in der Zelle dieses Engels auch installiert haben mochten, es war offensichtlich dazu bestimmt, Janah im Inneren festzuhalten.
In Anbetracht der Umstände schien mir das nur vernünftig zu sein. Wenn ich bloß nicht mit ihr zusammen eingesperrt gewesen wäre.
»Yâflan dâdvari!« fauchte sie mich an.
»Ach ja? Selber, du verrücktes Miststück.«
Sie hielt inne und wurde vollkommen still. Dann trat sie einen Schritt zurück, hob Gesicht und Arme zur Decke und begann mit einer Beschwörung.
»Hey, so war das nicht gemeint«, sagte ich, während ich bis zur Kante des Tisches vortrat. »Wenn du die Parzen anrufen willst, das ist okay. Die haben mich geschickt.«
Etwas schimmerte in Janahs erhobenen Händen und nahm langsam Gestalt an. Es sah aus wie ein Stück Metall, mindestens einen Meter zwanzig lang und so glänzend, dass es aus sich selbst heraus zu leuchten schien. An der Seite war eine Inschrift aus Buchstaben eingraviert, die mir bekannt vorkamen.
Als der Gegenstand klarer wurde, erschien an seinem Ende ein polierter Griff. Janah packte ihn; ihre Finger legten sich um den Griff, ihre Augen schlossen sich, und sie hob das Ding über den Kopf das größte Schwert, das ich jemals gesehen hatte.
»Heiliger Bimbam!«
Der Ausruf war mir noch nicht ganz entfahren, als das Schwert durch die Tischbeine jagte, als wären sie aus warmer Butter. Als mein Zufluchtsort zusammenbrach, rettete ich mich auf einen Stuhl. Als ich über die Lehne flankte, schoss das
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