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Nacht der Geister

Nacht der Geister

Titel: Nacht der Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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»Wir «
    Er packte meine Hand und zerrte daran, sein tränennasses Gesicht wirkte entschlossen. Ich folgte ihm.
    Er führte mich zurück durch den unterirdischen Zellenblock, durch die Falltür, das oberirdische Gefängnis und ein paar Türen in eine kleinere, schwerer bewachte Abteilung. Hier waren alle Zellen belegt. Und in der Letzten davon saß Amanda Sullivan und las das Ladies’ Home Journal.
    Ich drehte mich zu dem Jungen um. »Schon okay«, sagte ich.
    »Sie kann dir nichts tun.«
    Ein langsames Lächeln, dann ein Nicken. Er schoss nach vorn, um mich kurz und heftig zu umarmen, dann rannte er davon, den Gang entlang zurück.
    »Nein«, schrie ich ihm nach. »Komm «
    Eine Hand packte mich am Arm. Ich drehte mich um und sah Trsiel.
    »Der Junge«, sagte ich. »Er ist ein Geist.«
    »George.«
    »Kennst du ihn?«
    »Seine Mutter war in diesem Gefängnis. Er ist hier geboren worden und fünf Jahre später hier gestorben. Pocken.«
    »Er hat hier gelebt?«
    »Als George zur Welt kam, war der Gefängnisarzt zu Hause und machte sich nicht die Mühe zu kommen. Die Nabelschnur war um seinen Hals gewickelt. Die Frau, mit der seine Mutter die Zelle teilte, hat ihn gerettet, aber sein Gehirn hatte bereits Schaden genommen.«
    »Und niemand wollte ihn«, murmelte ich.
    Trsiel nickte. »Also durfte er hierbleiben, bei seiner Mutter.«
    »Aber warum ist er noch hier? Sollte ihn nicht jemand «
    »Retten? Wir haben es versucht, aber er ist immer wieder hierher zurückgekehrt.«
    »Weil er nur dies kennt. Und er ist hier glücklich.« Ich dachte daran, wie der Junge so getan hatte, als öffnete er Türen. »Er weiß nicht, dass er tot ist.«
    »Gibt es einen Grund, ihn aufzuklären?«
    Ich schüttelte langsam den Kopf. »Wahrscheinlich nicht.«

    »Dies« Trsiel wies mit einer Geste auf das Gebäude, in dem wir standen »wird nicht ewig stehen. Wenn sie es abreißen oder aufgeben, holen wir das Kind und reinkarnieren es. In solchen Fällen ist das das Beste.«
    »Und bis dahin ist es das Beste, ihn hierzulassen.« Ich schüttelte den Gedanken an den Jungen ab und drehte mich zu Amanda Sullivan um. »Das da ist meine Kandidatin Nummer eins.«
    Als Trsiel zu ihr hinübersah, flammten seine Augen auf. Die Finger seiner rechten Hand bogen sich, als wollten sie sich um etwas schließen . . . etwas wie einen Schwertgriff.
    »Gute Wahl«, sagte er.
    »Das kannst du jetzt schon sehen?«
    »Ich sehe genug, um zu wissen, dass sie eine gute Wahl ist.
    Mehr als das würde Konzentration erfordern.« Er sah mich an.
    »Ich könnte dies für dich erledigen.«
    »Es ist mein Job.« Ich streckte die Hand aus. »Bringen wir es hinter uns.«
    Eine Collage von Bildern jagte vorbei, zu schnell, als dass ich etwas hätte erkennen können, und es wurde dunkel. Ich wartete mit wachsender Ungeduld.
    Eine Stimme trieb mir ans Ohr. »Ich will ihm weh tun. So wie er mir.«
    Es gibt viele Arten, diesen Satz zu sagen, viele emotionale Schattierungen, die meisten davon wütend. Das leidenschaftliche Aufflammen, das später bereut wird, die kalte Entschlossenheit puren Hasses.
    Aber hier hörte ich nur das weinerliche Maulen eines verzogenen Kindes, das zu einer verzogenen Frau herangewachsen war, ohne jemals zu begreifen, dass die Welt ihm kein perfektes Leben schuldete.
    Eine zweite Stimme antwortete, ein Flüstern, das anstieg und absank wie ein sanft schaukelndes Ruderboot. »Wie würdest du das tun?«
    »Ich weiß nicht.« Der Schmollton war unverkennbar. »Sag’s mir.«
    »Nein . . . sag du es mir.«
    »Ich will, dass es weh tut. Bezahlen soll er.« Eine Pause. »Er liebt mich nicht mehr. Das hat er mir gesagt.«
    »Und was willst du unternehmen?«
    »Ihm das wegnehmen, was er liebt.« Ein plötzlicher Zug von selbstzufriedenem Stolz, als habe sie sich selbst mit ihrer Klarsichtigkeit überrascht.
    »Was ist das?«
    »Die Kinder.«
    »Warum tust du es dann nicht?«
    Ich wartete angespannt, wartete auf den offenkundigen Grund und das plötzliche Erschrecken darüber, dass ihr der Gedanke überhaupt gekommen war.
    »Ich habe Angst«, sagte sie.
    »Angst wovor?«
    »Dass sie es rausfinden.«
    Ich fauchte und warf mich gegen die Wand aus Dunkelheit, die mich umgab.
    Die Stimmen verstummten. Ich stand in einem kleinen Raum. Ich summte vor mich hin und rieb etwas in den Händen
    ich hielt einen Waschlappen in einer Hand, ein Stück Seife in der anderen. Ein Platschen und ein entzückter Kreischer. Ich blickte auf und sah drei kleine Kinder in einer

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