Nacht der Hexen
bei einem solchen Fall groß, aber angesichts der Tatsache, dass Sie eine Hexe sind, bezweifle ich, dass noch weitere Magier sich um ihn bemühen werden.«
»Aber Sie sind willens, eine Ausnahme zu machen. Wie … nobel von Ihnen.«
Cortez rückte seine Brille zurecht. Er brauchte eine ganze Weile dafür, als nutze er die Zeit, um sich zu überlegen, wie er seine Sache weiter vertreten sollte. »Es ist Ehrgeiz, nichtSelbstlosigkeit. Ich will das gar nicht bestreiten. Ich brauche Ihren Fall, und Sie brauchen einen Anwalt. Es ist wirklich sehr einfach.«
»Nein, so einfach ist das nicht. Ich habe durchaus noch Möglichkeiten. Ich bin mir sicher, ich kann einen Anwalt finden.«
»Wenn Sie sich später dafür entscheiden, mich zu ersetzen, habe ich keine Einwände«, sagte er. »Aber im Augenblick bin ich der einzige Mensch hier. Ihr Zirkel ist offensichtlich nicht daran interessiert, Ihnen zu helfen, sonst hätte man dort mittlerweile einen Anwalt für Sie gefunden. Das Mindeste wäre, herzukommen und moralische Unterstützung zu liefern. Aber sie haben es nicht getan, oder irre ich mich?«
Er hatte es beinahe geschafft, beinahe mein Vertrauen erworben. Aber dann, mit diesen letzten Kommentaren, machte er seine gesamten Bemühungen zunichte. Ich stand auf, ging zur Tür und versuchte es mit der Klinke. Von außen abgeschlossen, natürlich. Ein Lösezauber kam nicht in Frage – ich hatte schon genug Schwierigkeiten. Als ich die Faust hob, um gegen die Tür zu hämmern, griff Cortez von hinten nach meiner Hand. Packte sie nicht, sondern fing sie einfach ab und hielt sie fest.
»Lassen Sie mich Ihre Entlassung bewirken«, sagte er. »Nehmen Sie meine Dienste an, kostenlos, nur in dieser einen Sache, und wenn Sie danach mit meiner Leistung nicht zufrieden sind, können Sie mich entlassen.«
»Wow – ein Probelauf. Wie kann ich da nein sagen? Ganz einfach. Kein Geschäft zu machen, Herr Anwalt. Ich will Ihre Hilfe nicht.«
Ich riss meine Hand aus seiner und hob die Faust, um nach den Ermittlern zu klopfen. Cortez legte die Hand gegen dieTür, die Finger gespreizt, dorthin, wo ich hingeschlagen hätte.
»Ich biete Ihnen an, Sie hier rauszuholen, Paige.« Die Förmlichkeit war aus seiner Stimme verschwunden, und ich glaubte eine Sekunde lang, eine Spur Besorgnis zu hören. »Warum sollte ich das tun, wenn ich für die Nast-Kabale arbeiten würde? Die wollen Sie hier drin haben, wo Sie Savannah nicht schützen können.«
»Ich komme raus. Sie werden eine Kaution verlangen, und die kann ich aufbringen.«
»Ich rede nicht von einer Kaution, ich rede davon, Sie rauszuholen. Dauerhaft. Keine Anklage. Kein beschädigter Ruf.«
»Ich habe nicht –«
»Was, wenn sie sich nicht auf eine Kaution einlassen? Wie lange sind Sie gewillt, im Gefängnis zu bleiben? Und Savannah der Fürsorge anderer Leute zu überlassen?« Er sah mir in die Augen. »Ohne dass Sie da sind und sie schützen können?«
Diesmal traf der Schuss ins Schwarze. Meine Achillesferse. Einen kurzen Moment lang schwankte ich. Ich sah Cortez an. Er stand da und wartete darauf, dass ich zustimmte. Und obwohl ich keine Selbstgefälligkeit in seinem Gesicht erkennen konnte, wusste ich, er ging davon aus, dass ich zustimmen würde.
Ich rammte die Faust gegen die Tür, als er nicht mehr damit rechnete. Beim zweiten Schlag riss Flynn von außen die Tür auf.
»Dieser Mann ist nicht mein Anwalt«, sagte ich. Ich wandte Cortez den Rücken zu und trat hinaus in den Gang.
Nachdem Cortez verschwunden war, steckten sie mich wieder in das Verhörzimmer. Eine weitere Stunde verging. Flynnkam nicht zurück, um die Befragung fortzusetzen. Niemand kam. Sie ließen mich einfach dort sitzen. Ließen mich dort sitzen und schmoren, dann auf und ab rennen und schließlich an die Tür hämmern in der Hoffnung, irgendjemandes Aufmerksamkeit zu erregen.
Savannah war irgendwo da draußen, ohne Schutz, umgeben von Fremden, die keine Ahnung von den Gefahren hatten, denen sie ausgesetzt war. Aber ich war auch diesmal wieder an die Gesetze der Menschenwelt gebunden. Diesen Gesetzen zufolge konnten sie mich für eine vertretbare Zeitspanne hier festhalten, bevor sie Anklage erhoben. Und was genau bedeutete vertretbar? Das hing wohl von demjenigen ab, den man gerade fragte. In diesem Moment hätten sie mich meinetwegen des Mordes anklagen können, solange ich eine Kaution hinterlegen und Savannah mit nach Hause nehmen konnte.
Es vergingen fast zwei Stunden, bevor die Tür sich
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